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Wasser zu Wein

Wasser zu Wein

Titel: Wasser zu Wein
Autoren: Anne Chaplet
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plausibelsten findet: Am Grunde des Elends der Frauen liegt der Mißbrauch durch die Männer. Und wer sonst als August wäre dafür in Frage gekommen? Evas Vater war längst tot. Also bastelte sich Elisabeth einen anderen Verdächtigen.«
    »Und von der Lotte? Auch der ein Kinderschänder?« Kosinski fürchtete, daß er spöttischer klang, als er eigentlich wollte. Aber seiner Meinung nach ging Karen Starks Rechnung nicht auf.
    Sie biß sich auf die Unterlippe und sah aus dem Fenster. Sie alle saßen oder standen im Wohnzimmer von Frieder Wallenstein, das viel zu klein war für eine solche Menschenansammlung: Bremer und Karen Stark, Michael und Kosinski, Agata und Hannes Janz, Wallenstein und der Hund. Der alte Mann war ziemlich blaß um die Nase, aber er präsidierte mit Würde vom Rollstuhl aus.
    »Von der Lotte kannte Eva nicht. Ihm hätte Elisabeth gar keine Schuld geben können«, sagte Wallenstein. »Er war nicht von hier.«
    »Ich bleibe bei meiner ursprünglichen Version.« Und von der war Kosinski fest überzeugt. »Elisabeth Klar hat Maximilian von der Lotte nicht umgebracht.«
    Er sah an ihrer Reaktion, daß hier die Schwachstelle ihrer Argumentation lag. Und daß sie das auch wußte.
    »Es ist eben doch eine Männerwelt, Frau Stark. Es war Sebastian Klar, der mit der Magnum zugeschlagen hat. Warum? Er glaubte, nichts mehr zu verlieren zu haben. Das Kind war tot, die Frau entfernte sich innerlich von ihm. Und schließlich glaubte er sein Hotel in Gefahr. Von der Lottes Kampagne gegen ihn war der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Lotte gefährdete sein Lebensgefüge. Deshalb schlug er zu.«
    »Und wer hat dann auf Panitz eingestochen?« Bremer guckte ziemlich verwirrt. »Sebastian Klar stand laut Aussage von August an der anderen Seite des Kellers, als der Täter zustach.«
    Kosinski holte die Zigarettenschachtel aus der Sakkotasche, klopfte eine Zigarette heraus und zündete sie sich an.
    »Das war Elisabeth.« Karen hatte plötzlich eine ganz helle Stimme. »Und vielleicht« – sie nickte Kosinski zu – »haben wir beide recht.«
    »Hat sie dir was erzählt, da oben auf der Burg?« fragte Bremer.
    »Ich glaube, sie begann langsam zu begreifen, daß sie sich in ihren Wahn verrannt hatte. Und sie begann zu begreifen, wie dramatisch sich die Lage zugespitzt hatte, während dieses Jahres, in dem sie völlig abgetaucht war in die Trauer um ihre Tochter.«
    Hannes Janz hatte die ganze Zeit in der Ecke gesessen, so, wie er immer saß: die Beine breit, die Unterarme auf die Knie gestützt. Jetzt sah er auf. »Sebastian Klar hat sich in den vergangenen Monaten hoch verschuldet. Ihm gehören mittlerweile fast zwei Drittel des Reblandes am Titusborn, das in Bauland umgewidmet werden soll, für den geplanten Hotelkomplex. Er hat hektarweise Boden gekauft – zu überhöhten Preisen. Beim Verkauf an das Konsortium erhoffte er sich einen Gewinn, der die Investition mehr als ausgleichen würde.«
    Wußte Elisabeth das? Und ahnte sie, daß ihr Mann von der Lotte auf dem Gewissen hatte? »Dann wäre ihre letzte Attacke auf Panitz kein Akt einer Verrückten gewesen«, dachte Kosinski seinen Gedanken laut zu Ende.
    »Nein – sondern der verzweifelte Versuch, ihren Mann vor dem Absturz zu retten, in den sie ihn, wie sie glaubte, hatte hineintreiben lassen.« Karen nahm den Faden auf. »Als Elisabeth Klar August Panitz das Kellnermesser in die Seite stieß, stand Sebastian weit weg an der anderen Seite des Raumes und unterhielt sich mit Bremer. Das, glaubte sie wahrscheinlich, würde Sebastian auch vom Verdacht des Mordes an Lotte befreien.«
    »Ein Mord, für den sie wiederum mildernde Umstände hätte reklamieren können – aufgrund ihrer Ausnahmesituation als trauernde Mutter.«
    »Genau.«
    »Elisabeth war immer eine kluge Frau«, sagte Wallenstein leise. »Bettines Tod schien ihr vorübergehend den Verstand vernebelt zu haben.«
    »Und warum seid ihr nicht früher auf Sebastian gekommen?« Bremer klang vorwurfsvoll. Kosinski fand das ungerecht. Ihm hätte ja schließlich auch mal auffallen können, daß sein alter Freund Klar am Rande des Abgrunds balancierte.
    »Bin ich ja.« Kosinski glaubte sich verteidigen zu müssen. »Klar war der logische Täter. Lotte wollte seinen Ruf ruinieren – und Panitz, sein alter Freund und Kumpel, versuchte, den Deal mit dem Bauerwartungsland am Titusborn zum Platzen zu bringen. Klar hatte sich verspekuliert – und seine zunehmende Verzweiflung bei der ersten sich
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