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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten
Autoren: Sara Gruen
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vorbeirast.
    »Blackie!«, blafft der Alte. »Blackie! Lass ihn los. Lass ihn los,
hörst du, und zwar drinnen im Zug!«
    Blackie reißt mir den Arm bis in den Nacken und schüttelt mich
durch.
    »Blackie, ich mein’s ernst!«, ruft der alte Mann. »Wir können keinen
Ärger brauchen. Lass ihn los!«
    Blackie hält mich noch ein Stückchen weiter aus der Tür, dann macht
er eine halbe Drehung und schubst mich auf die Leinwandballen. Er geht wieder
zu den anderen, schnappt sich den Tonkrug und klettert dann direkt neben mir
über die Ballen ans andere Ende des Wagens. Ich reibe mir den geschundenen Arm
und lasse ihn nicht aus den Augen.
    »Mach dir nichts draus, Kleiner«, sagt der Alte. »Leute aus dem Zug
werfen ist mit das Schönste an Blackies Job, und er hatte schon ’ne ganze Weile
keine Gelegenheit mehr dazu. Hier«, sagt er und klopft mit der flachen Hand
neben sich auf den Boden. »Komm mal her.«
    Wieder sehe ich zu Blackie hinüber.
    »Komm schon«, fordert der alte Mann mich auf. »Nicht so schüchtern.
Blackie benimmt sich jetzt, stimmt’s, Blackie?«
    Blackie grunzt, dann trinkt er einen Schluck.
    Ich stehe auf und gehe vorsichtig zu den anderen.
    Der Alte streckt mir die rechte Hand entgegen. Nach kurzen Zögern
ergreife ich sie.
    »Ich bin Camel«, sagt er. »Und das hier ist Grady. Das ist Bill.
Blackie hast du ja schon kennengelernt.« Als er lächelt, entblößt er eine
knappe Handvoll Zähne.
    »Freut mich.«
    »Grady, hol mal den Krug rüber, ja?«, sagt Camel.
    Grady wirft mir einen langen Blick zu, und ich erwidere ihn. Nach
einer Weile steht er auf und geht langsam zu Blackie hinüber.
    Camel kämpft sich so schwerfällig auf die Füße, dass ich ihn
zwischendurch am Ellbogen stütze. Als er steht, hält er die Kerosinlampe hoch
und beäugt mein Gesicht. Er begutachtet meine Kleidung und mustert mich von
oben bis unten.
    »Na, was hab ich dir gesagt, Blackie?«, ruft er verärgert. »Der hier
ist kein Penner. Blackie, komm hier rüber und guck ihn dir an, damit du den
Unterschied lernst.«
    Blackie grunzt, nimmt einen letzten Schluck und überlässt Grady den
Krug.
    Camel späht zu mir herauf. »Wie heißt du doch gleich?«
    »Jacob Jankowski.«
    »Du hast rote Haare.«
    »Ich weiß.«
    »Wo kommst du her?«
    Ich zögere. Komme ich aus Norwich oder aus Ithaca? Kommt man aus dem
Ort, den man gerade verlassen hat, oder daher, wo man Wurzeln hat?
    »Nirgendwoher«, antworte ich.
    Camels Miene verfinstert sich. Mit leicht gebeugten Knien schwankt
er, dabei flackert das Licht seiner mitpendelnden Laterne. »Hast du was
ausgefressen, Junge? Musstest du stiften gehen?«
    »Nein«, sage ich. »Nichts dergleichen.«
    Er beäugt mich noch einen Moment, bevor er nickt. »In Ordnung. Geht
mich eh nichts an. Wo willst du hin?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Bist du arbeitslos?«
    »Ja. Ich schätze schon.«
    »Brauchst du dich nicht für schämen. Was kannst du?«
    »So ziemlich alles«, sage ich.
    Grady taucht mit dem Krug auf und gibt ihn Camel, der ihn mit dem
Ärmel abwischt und an mich weiterreicht. »Hier, nimm einen Schluck.«
    Was Schnaps angeht, bin ich nicht völlig unbeleckt, aber
Selbstgebrannter ist eine Klasse für sich. Er fährt mir wie Höllenfeuer durch
Brust und Kopf. Ich hole tief Luft und kämpfe gegen die Tränen an, dabei blicke
ich Camel direkt in die Augen, obwohl meine Lunge beinahe in Flammen aufgeht.
    Camel beobachtet mich und nickt bedächtig. »Morgen früh sind wir in
Utica. Ich bring dich dann zu Onkel Al.«
    »Was? Zu wem?«
    »Weißt schon. Alan Bunkel, Zirkusdirektor ohnegleichen. Herr und
Meister bekannter und unbekannter Sphären.«
    Offenbar sieht man mir meine Verwirrung an, denn Camel bricht in
zahnloses Kichern aus. »Sag bloß, das hast du nicht gemerkt, Kleiner.«
    »Was gemerkt?«, frage ich.
    »Verdammt, Jungs«, johlt er und sieht sich nach den anderen um. »Er
hat wirklich keine Ahnung.«
    Grady und Bill grinsen. Nur Blackie wirkt nicht amüsiert. Mit
finsterem Blick zieht er sich den Hut tiefer ins Gesicht.
    Camel dreht sich zu mir um, räuspert sich und lässt sich jedes Wort
auf der Zunge zergehen: »Du bist nicht auf irgendeinen Zug gesprungen, Junge.
Du bist bei der Fliegenden Vorhut von Benzinis
Spektakulärster Show der Welt .«
    »Der was ?«
    Camel krümmt sich regelrecht vor Lachen.
    »Großartig, einfach großartig.« Er zieht die Nase hoch und wischt
sich mit dem Handrücken über die Augen. »Ach je. Junge, du bist beim Zirkus
gelandet.«
    Ich
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