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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun
Autoren: Sanbine Czerny
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Selbsttätigkeit der Kinder zu — in gemeinsamen wie auch in individuellen Phasen. Wichtige Begriffe und Zusammenhänge prägen sich dann automatisch ein und werden auch verinnerlicht. An einer Sache lernen die Kinder durchaus Unterschiedliches und bauen so ihr individuelles Wissensnetz organisch aus. In individuellen Lernphasen kann das Kind sein persönliches Begabungsprofil weiter ausbilden, an seinen speziellen Arbeitsfeldern weiterarbeiten, üben oder vorhandene Lücken schließen. Dabei erhält es individuelle Unterstützung und Rückmeldung.
    Jedes Kind bringt unterschiedliche Interessen, Neigungen und Begabungen mit. Derzeit fallen in unseren Schulen so ziemlich alle Begabungen unter den Tisch, die sich nicht in den Fächern Mathematik und Deutsch zeigen, in den höheren Klassen eventuell auch noch in ein paar anderen (Haupt-)Fächern. Gleichwohl können diese Kinder ihre Begabung gar nicht ausbilden — durch die Homogenität der Prüfungen und die derzeitige Art der Probenerstellung müssen sie ebenfalls genau das pauken, was der Lehrer im Unterricht durchgenommen hat ,und sich statt der Weiterentwicklung ihrer individuellen Talente ausschließlich auf die gerade in der jeweiligen Klassenstufe aktuellen Inhalte konzentrieren. Im besten Fall überspringen Kinder eine oder gar zwei Jahrgangsstufen, aber erfahren sie damit eine echte Förderung auf dem Gebiet ihrer Begabung? Meist lernen sie dann ebenso nur die eng begrenzten Inhalte, die im Unterricht besprochen wurden, für die Prüfungen, befinden sich aber in einer sozialen Gruppe, die ihrem Alter gar nicht entspricht. Echte individuelle Förderung ist im derzeitigen
Gleichschrittunterricht nicht möglich, der durch homogene Prüfungen und einen Stundenplan im Fünfundvierzig-Minuten-Takt bedingt ist.
    Individuelle Förderung bedeutet in den zukünftigen Schulen also zum einen, dass Kinder bei konkreten fachlichen Defiziten die notwendige Unterstützung erhalten, um die angestrebten Lernziele zu erreichen, zum anderen aber auch, dass jedes Raum und Zeit hat, seinen individuellen Neigungen und Interessen nachzugehen und Begabungen und Talente auszubilden. Gerade Kindern mit besonderer Begabung können wir nur gerecht werden, wenn wir ihnen ermöglichen, innerhalb ihrer sozialen Bezugsgruppe ihre Talente auszubilden, ohne dass sie eine Sonderrolle bekommen, aufgrund derer sie bislang häufig sozial ausgegrenzt wurden. Auch eine international anerkannte Elite werden wir nur erhalten, wenn Kinder und Jugendliche ihre individuellen Wege gehen dürfen und dabei unterstützt werden. Es muss um das Kind und nicht um die Anforderungen der Schule gehen.
    Befürwortern der Dreigliedrigkeit, die Aussagen formulieren wie: „Ich halte bildungspolitische Maßnahmen, die für alle dasselbe fordern, für Retropädagogik“, sei verdeutlicht, dass hier für alle Kinder ihr Recht auf Individualität eingefordert wird. Nur „Eine Schule für alle“, und zwar eine durchdacht konzipierte Schule für alle, bietet den strukturellen Rahmen, in dem jedes Kind gesehen und angemessen behandelt werden kann. Individualisierung und Gemeinschaft ergänzen sich in wunderbarer Weise. Individualisierung und Selektion dagegen schließen einander aus. Wer die Aussage „Nichts ist ungerechter als die gleiche Behandlung von Ungleichen“ unterstützt, muss sich konsequenterweise für „Eine Schule für alle“ einsetzen. Nur diese Schulstruktur bietet die Möglichkeit, jedes Kind tatsächlich individuell zu fördern und zu fordern. In unserem derzeitigen Schulsystem werden Kinder in ihrer Vielfalt allesamt über den gleichen Kamm geschoren und durchleben aufgrund dessen eine ungerechte und unangemessene Gleichbehandlung. Die Ungerechtigkeit liegt in der Beurteilung und nicht im Lernangebot.

    Dem Lehrer kommt in den Schulen von morgen besondere Bedeutung zu. Seine Aufgabe ist es, Unterricht so zu gestalten, dass sich alle Kinder sicher fühlen und weder Ängste noch negative Überzeugungen ausbilden. Aus der Sicherheit der Gemeinschaft heraus, in der grundlegende Inhalte vermittelt werden, werden Freiräume gestaltet, in denen Kinder das selbstständige, eigenverantwortliche und individuelle Lernen einüben können. So arbeiten die Kinder zeitweise mit Partnern, an Wochenplänen oder an Werkstätten und Stationen, mit zunehmendem Alter
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