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Was uns glücklich macht - Roman

Was uns glücklich macht - Roman

Titel: Was uns glücklich macht - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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Ich wusste nicht, wohin ich unterwegs war, aber das spielte auch keine Rolle. Denn wenn man vor etwas weg läuft, statt auf etwas zuzulaufen, macht es keinen großen Unterschied, in welche Richtung man sich wendet.
    Katherine
    Es heißt, es sei besser, unglücklich als überhaupt nie geliebt zu haben.
    Was für ein verdammt blöder Bockmist.
    Dieser Satz, beziehungsweise die Einstellung dahinter, gehört zu den Dingen, die wir Menschen uns ausgedacht haben, damit wir uns besser fühlen. Genau wie wenn wir sagen, es bringt Glück, wenn es bei der Hochzeit regnet. Natürlich bringt das kein Glück, es ist im Gegenteil der Inbegriff von Pech . Aber wir behaupten, es bringe Glück, damit wir uns nicht schlecht fühlen müssen, weil wir an unserer eigenen Hochzeit nass geworden sind. Ich weiß noch, als meine Freundin Heidi geheiratet hat, direkt hier in Manhattan, haben sie und ihr Verlobter einen oben offenen Doppeldeckerbus gemietet, der die Gäste von der Kirche an der Upper West Side in einen Club am Gramercy Park bringen sollte. Das Problem war, dass es regnete. Genauer gesagt, schüttete es wie aus Eimern. Mein bleibender Eindruck von dieser Hochzeit ist Heidis Anblick mit einem Müllsack über ihrem Kleid und einer Duschhaube über ihrem Haar, damit der Regen nicht all ihre Fotos zerstörte, während die Gäste sich in der unteren Etage des Doppeldeckerbusses drängten. Also bitte, war das etwa Glück?
    Natürlich heißt das nicht, dass die Ehe zum Scheitern verurteilt ist. Tatsächlich ist Heidi immer noch glücklich verheiratet und hat drei kleine Jungen, deren Namen mir im Augenblick nicht einfallen wollen, doch das ändert trotzdem nichts an der Tatsache, dass der Regen an ihrer Hochzeit keineswegs ein Glücksfall war. Genauso wenig ist es besser, unglücklich zu lieben als überhaupt nicht.
    »Ach, zum Teufel mit dem Arsch«, sagte ich.
    »Was haben Sie gesagt, Katherine?«
    Maurice hatte ich ganz vergessen. »Nichts.«
    »Wenn Sie weiter Selbstgespräche führen, muss ich Sie irgendwo anders hinbringen als in Ihr Büro«, sagte er munter. »Vielleicht müssen Sie zum Arzt.«
    Ich habe Maurice wirklich gern. Er ist ein durch und durch netter Mann, und die sind meiner Erfahrung nach nicht leicht zu finden. Falls es so etwas wie Reinkarnation geben sollte – und falls im Universum tatsächlich Gerechtigkeit herrscht –, dann finde ich, dass Maurice als Supermodel oder Basketballstar oder George Clooney wiedergeboren werden sollte. Wenn Maurice als Heidi Klum auf die Welt käme, würde ich ihm weder die endlosen Beine missgönnen noch die makellose Haut, noch die Frisur, die bei Wind stets an ihren Platz zurückfedert. Ich wäre wirklich froh, wenn ich erführe, dass die Gewinner der genetischen Lotterie sich ihr Glück durch viele gute Taten verdient haben. Sonst würde alles nur dem Zufall folgen, dem Losglück, manche Leute wären einfach so, ohne besonderen Grund, schlank und schön, und der Rest von uns nicht.
    Wenn Phillip wiedergeboren wird, will ich jedoch Gerechtigkeit. Und ich habe die perfekte Strafe gefunden, den passenden Denkzettel für ein Leben in Schönheit und Reichtum, ohne jede Dankbarkeit für das unverdiente Glück. Ich bin neulich im Fernsehen darauf gestoßen, als ich »Dirty Jobs« angesehen habe. (Ich liebe diese Doku-Reihe.) Die Folge begann mit landschaftlich schönen Aufnahmen einer Ranch, die Sonne stieg an einem vollkommenen Morgen hoch in den Himmel, und dann erschien Mike Rowe und sagte so etwas wie: »Was für ein herrlicher Tag, genau richtig, um Pferdesperma zu sammeln.« Und genau damit hat er die nächste Stunde zugebracht. Nach der Folge ging ich online und las alles, was ich über das Sammeln von Hengstsperma finden konnte, und es war faszinierend. Bei der am weitesten verbreiteten Methode kommt eine künstliche Vagina zum Einsatz, aber in manchen Fällen funktioniert das nicht, und dann muss jemand das Sperma manuell abmelken. Sie haben richtig gehört, manuell. Und während ich weiterlas, ging mir ein Gedanke nicht mehr aus dem Kopf: Wenn es so etwas wie Reinkarnation gibt, dann hoffe ich, dass Phillip als der Typ wiedergeboren wird, der den Pferden einen runterholt.
    Klingt das gemein? Soll es eigentlich nicht. Es ist nur so, dass er der zweite Mann in meinem Leben ist, der mich so heftig im Stich gelassen hat, dass ich nicht damit klarkam. Der erste war mein Vater, und seien wir ehrlich, so bitter einen der eigene Vater auch enttäuscht haben mag, man wünscht ihm
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