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Was soll denn aus ihr werden?

Was soll denn aus ihr werden?

Titel: Was soll denn aus ihr werden?
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Aber das Fräulein wollte so gerne dem kranken Vater und auch dem Kinde die Freude machen, wenn es möglich wäre. »Ach Väterchen«, sagte sie bittend, »würdest du nicht in meinen Blättern nachsehn, ob nicht eine der Skizzen, die ich in unserm Norden gemacht, damals auf Borkum oder bei den Halligen oder am Strande bei Sylt, darunter ist, vielleicht wäre etwas davon zu gebrauchen.«
    Der Vater schüttelte ein wenig zweifelnd den Kopf, er wollte aber gern dem Töchterchen den Gefallen tun. Als er das Zimmer verlassen hatte, fragte das Fräulein Dori, was denn ihrem Vater fehle, ob er sehr krank sei. Dori wußte nicht recht Bescheid. Die Mutter hatte gesagt, er sei sehr schwach und habe Fieber. »Und Sie sind auch so krank, wenn Sie im Bett liegen müssen«, sagte Dori ganz mitleidig.
    »Ja, das bin ich, ich weiß es recht gut«, entgegnete die Kranke nachdenklich.
    »Wollen Sie nicht auch den Doktor kommen lassen, daß er Ihnen helfe?« meinte Dori gleich in hilfreicher Weise.
    Die Kranke lächelte ein wenig. »Er kommt wohl, aber er kann mir nicht helfen«, sagte sie leise, aber mit so überzeugtem Ton, daß Dori sie erschrocken anblickte. »Aber der liebe Gott kann mir noch helfen, siehst du, Dori, und darüber bin ich so froh, daß ich so sicher weiß, er hat mich wohl so lieb wie mein Vater, er will mich nur glücklich machen, ich muß nur seinen Willen annehmen. So sage ich immer wieder zu ihm:
    ›Nimm meine Hand!
Wird mich die deine leiten,
Geht's in ein selig Land!‹
    Und dann wird es mir wieder so sicher zumut und so wohl! Und ich denke, wenn ich es nur meinem lieben Vater recht sagen könnte, daß es ihm auch wohl machen würde, aber er wird immer noch so traurig, wenn ich davon sprechen will!« Eben trat der gute Vater ein und legte mehrere große Blätter auf das Bett der Tochter nieder. Sie überschaute die Malereien. Schnell hatte sie gewählt. Sie hielt Dori das Blatt hin. »Glaubst du, daß das etwas ist, das den Vater freuen wird?« fragte sie.
    Das Kind schaute auf die großen, grauen Wellen, die sich unter dem grauen Himmel aufbäumten und sagte etwas zweifelhaft: »Ich weiß nicht.«
    »Nimm es nur mit«, fuhr das Fräulein fort das Blatt mit dem großen Papier umwickelnd, das der Vater ihr reichte, »und wenn es deinem Vater Freude macht, so soll er es nur behalten. Wenn du es dann etwa ansiehst, so denkst du dabei an mich, das freut mich. Willst du auch bald einmal wiederkommen und uns sagen, wie es dem Vater geht?«
    Das Kind versprach, so zu tun, und dankte vielmals für das Geschenk an den Vater. »Und wenn ich komme, will ich auch noch Rosen bringen«, setzte es hinzu, denn es war ihm nicht entgangen, daß die drei Rosen, die es dem Fräulein und ihrem Vater auf dem Weg zur alten Maja hinauf geschenkt hatte, in einer kleinen Vase auf dem Tischchen am Bett der Kranken standen und noch ganz schön aussahen.
    Herr von Aschen nahm jetzt das Kind väterlich bei der Hand und führte es bis vors Haus hinunter. Er wollte wohl damit die Begegnungen mit all den Kellnern im großen Korridor dem Kinde ersparen.
    Die alte Maja hatte schon seit einiger Zeit draußen gewartet. Die Nachfrage im Hotel hatte länger gedauert, als sie erwartet hatte. Die Sonne war schon hinter den Höhen des Motterone verschwunden, der ganze Himmel leuchtete wie feuriges Gold über dem Gebirge bis weit hin gegen die Schneegipfel im Westen.
    »Sieh, sieh, wie schön!« rief Dori aus. »Du bist selbst wie ein Heiligenbild in der Kirche, ganz goldig und strahlend. Steh still, Maja, steh still! Sieh hinter dir die Kirche, wie rot und glühend, und die großen Bäume dort im Garten haben ganz goldene Blätter, sieh, sieh!«
    »Was du auch sagst, Dori, eine sündige, alte, runzlige Frau ein Heiligenbild!« gab die Alte zurück, immer weiter gehend, »du könntest dich noch versündigen. Komm! Komm! Wir müssen machen, daß wir heimkommen, der Vater wartet, ich habe eine Arznei.«
    Das Kind lief nach, aber von Zeit zu Zeit stand es wieder still und schaute zurück und hinüber, wo der ganze, lichte Abendhimmel vor ihm lag. Noch waren sie nicht am Berg angekommen. Die Alte mahnte immer wieder: »Komm! Komm! Wir müssen weiter!« Nun ging es von der Straße ab, den Felsenweg hinan.
    »O der Turm, Maja, sieh den Turm!« schrie Dori auf,»er ist ganz neu, o wie er leuchtet!« Ein rosiger Schimmer umfloß das alte Gemäuer. Hoch oben über dem verfallenen Gestein jubelten die Vögel im goldenen Lichte. Von den grünglänzenden
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