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Was soll denn aus ihr werden?

Was soll denn aus ihr werden?

Titel: Was soll denn aus ihr werden?
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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eilte mit seinem Kinde den Berg hinan, so als drängte die Zeit, als müßte er schnell ausführen, was er vor hatte. Auf der Terrasse des kleinen Hauses, das am sonnigen Bergrücken wie zu hängen schien, das aber auf dem sichtbaren Felsengrund sehr fest stand, sah die Frau des Malers bei ihrer Arbeit. Von Zeit zu Zeit legte sie das Tuch samt Nadel und Schere auf den Schoß nieder, schaute durch dasgrüne Weinlaub in den leuchtenden Morgen hinaus und seufzte tief auf; es mußte ihr etwas Schweres auf dem Herzen liegen. Jetzt nahte ein eiliger Kinderschritt der Terrasse. Dori kam hereingestürzt. »Mutter! Mutter! Wir machen eine große Reise!« rief das Kind schon unter der Tür ihr entgegen; »der Vater geht mit uns ans Meer, dorthin, wo er daheim war.«
    Eben trat der Vater langsam hinter Dori ein. »Erwin«, rief seine Frau im höchsten Schrecken aus, »wie siehst du aus! Du bist krank! O, du bist so krank!«
    »Ich bin nicht recht wohl«, entgegnete der Maler, sich niedersetzend, »du mußt dich aber nicht so aufregen, liebe Dorothea, ich werde mich ein wenig hinlegen, dann wird's besser werden.«
    Kurze Zeit darauf saß Dorothea am Lager ihres Mannes, der gleich in einen tiefen Schlaf gesunken war, nachdem er sich hingelegt hatte. Was sie befürchtet, war gekommen, und daß der Mann viel kränker war, als er selbst zugeben wollte, konnte sie sich nicht mehr verbergen. Er war nie sehr kräftig gewesen, aber er stand ja in seinen besten Jahren. Dorothea hatte schon seit einiger Zeit eine Veränderung an ihrem Manne bemerkt, die heimliche Sorge darüber hatte sie seither immer verfolgt.
    Nun war er doch so plötzlich wie zusammengebrochen, so hatte sie ihn nie gesehen. Aber sie konnte sich ja täuschen und ihr Mann konnte seine ganze Frische wiedergewinnen. So gingen ihre Gedanken unruhig auf und nieder, während sie die ungleichen Atemzüge des Schlafenden belauschte. Dabei glitt einmal ein lichter Hoffnungsstrahl über ihr Gesicht, dann mußte sie wieder die aufsteigenden Tränen wegwischen.
    Jetzt schlug der Kranke seine Augen auf. Er schaute wie träumend auf Dorothea hin. Ein glückliches Lächeln breitete sich über sein Gesicht; er streckte die Hand aus und sagte: »O, Mutter, bist du da!«
    Dorothea beugte sich über ihn und fragte, ob er etwas bedürfe.
    »So bist du es, Dorothea«, sagte er, wie erwachend und sich besinnend! Ja, nun weiß ich's, ich hatte einen so schönen Traum. Ich war daheim und hörte draußen das Meer rauschen und die Mutter saß bei mir, so wie ehemals und blickte mich so liebevoll an. O, Dorothea, ich habe ein großes Verlangen, die Heimat wiederzusehen. Willst du alles bereit machen, daß wir gleich reisen können, wenn ich wieder ganz wohl bin, es wird ja nicht lange dauern. Das tust du mir, nicht wahr, du tust es?«
    Dorothea schaute erschrocken in die fieberhaft erregten Augen des Kranken. »Jetzt können wir nicht reisen, Erwin, du bist zu krank, du mußt Ruhe haben. Denk nicht an ein Fortgehen jetzt«, bat sie.
    »Daran denken muß ich, nur daran kann ich eben jetzt denken, o, laß mich die Heimat wiedersehen!« Der Kranke schaute flehentlich zu seiner Frau auf. »Tu mir das, liebe Dorothea, mach alles bereit! Ich werde bald gesund sein. Laß den großen Reisekoffer herunterholen, tu mir's zuliebe. Dorothea!«
    Die Frau stand auf, sie wußte nicht, was sie tun sollte. Fhr Mann war wohl fieberhaft aufgeregt, aber er hatte doch nicht im Fieber geredet, er hatte den brennenden Wunsch mit ganzem Bewußtsein ausgesprochen.
    Jetzt schien ihr ein beruhigender Gedanke gekommen zu sein. Sie kehrte zu dem Lager zurück: »Ich will gehen, Erwin, und tun, was du wünschest: aber du mußt mir auch etwas zuliebe tun, du mußt erlauben, daß ich den Arzt von Pallanza heraufkommen lasse.« Sie wußte wohl, daß ihr Mann ihr widerstehen würde.
    »Es ist ja so weit«, sagte er, »und auch gar nicht nötig, ich ruhe mich aus, dann ist's wieder gut. Wenn du's aber durchaus haben willst, nun ja, so tue, wie du denkst. Aber Dorothea, bis wir gehen können, gib mir das Bild, das ich dir einmal geschenkt, du weißt, die Ansicht vom Meeresstrand. Laß mich die Heimat anschauen!«
    Dorothea verließ das Zimmer. Draußen auf der Terrasse hinter dem wehenden Weinlaub saß Dori miteinem Buch in der Hand, sie hatte für die Unterrichtsstunden, beim Vater zu lernen. Oft aber entwischten die luftigen Augen dem Buch und schauten nach dem Schatten der Blätter, die im Sonnenschein am Boden sich zierlich
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