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Was soll denn aus ihr werden?

Was soll denn aus ihr werden?

Titel: Was soll denn aus ihr werden?
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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denken, wie gern er das tun würde, wenn er könnte. Da ist es ein großer Trost für uns, daß wir wissen, wir haben noch einen Vater im Himmel, der uns gerade so lieb hat wieder auf Erden, und der alle Macht hat, uns so glücklich zu machen, wie unser lieber Vater auf Erden es gerne tun wollte.« »Dann macht er Sie schon gesund«, warf Dori schnell ein. »Ich glaube auch, er will das tun, aber vielleicht will er mich dazu in ein anderes Leben einführen. Weißt du, Dori, dieser Vater hat auch die Macht, uns in einem neuen Lande ein ganz neues Leben zu geben ohne alles Leiden, ein glückliches Leben, das nie endet, wo keiner mehr sterben muß. Das ist doch noch viel schöner als dieses Leben, wenn es schon hier auch schön ist bei einem so lieben Vater. Aber wenn ich gehen muß, so weiß mein Vater im Himmel schon, warum es der beste Weg für mich ist. Ich sage gern und so voll Vertrauen zu Ihm:
    ›Nimm meine Hand!
Wird mich die deine leiten,
Geht's in ein selig Land.‹
    Eben jetzt kam ein alter Herr den Waldweg herauf gestiegen. Die dichten, weißen Haare umrahmten ein noch jugendlich frisches Gesicht, aus dem die freundlichen, blauen Augen so gewinnend umherschauten, daß Dori ihm augenblicklich entgegenlief, ihm die Hand bot und berichtete: »Dort auf der Mauer sitzt das Fräulein!«
    Eine sprechende Ähnlichkeit in den beiden Gesichtern mochte dem Kinde gleich begreiflich gemacht haben, daß der Herannahende der gute Vater sein mußte, von dem das Fräulein eben gesprochen hatte. »Ich suche wirklich meine Tochter«, sagte der Herr, Doris Hand freundlich in der seinen haltend, »es ist recht lieb von dir, daß du mich gleich auf den rechten Weg führst. Wer bist denn du, mein liebes, deutsches Kind hier im italienischen Lande?«
    »Das ist meine kleine neue Freundin, lieber Vater, um deretwillen ich ganz vergessen habe, daß ich bald zurückkehren wollte«, berichtete erklärend das Fräulein, das herzugetreten war, und mit Zärtlichkeit den Vaterumfing. »Du hast dir doch keine Sorgen um mich gemacht, Väterchen?«
    »Ein wenig doch«, meinte der Vater, die blassen Wangen der Tochter streichelnd, »nun ist's schon gut, daß ich dich wiedergefunden habe.«
    Das Fräulein wandte sich noch einmal zu dem Kinde, ergriff seine Hand und fragte mit Herzlichkeit: »Nun müssen wir Abschied nehmen, aber sag mir auch noch, wo du wohnst. In deinem Büchlein steht auch mein Name, so weißt du, wie ich heiße und vergissest mich weniger.«
    Dori wies mit dem Finger den Pfad hinunter: »Dort ist unser Haus, bei Cavandone geht man links gegen die Bäume hin, wo bie Weinreben so dicht hangen. Dort, wo der Felsenboden ist, aus dem die roten und weißen Blümchen hervorwachsen, dort ist unser Haus. Vom Felsen geht es nur einen Tritt hinunter und gleich in die Tür hinein. Und wenn man durchgeht, kommt man gleich auf der andern Seite auf die offene Terrasse heraus, wo die Weinranken ringsherum hängen, und dann sieht man hinunter auf den See und weit hin bis zu den Inseln.«
    »Das ist ja schön, das müßten wir einmal sehen«, meinte der Herr; »aber jetzt wartet unsere Barke in Suna. Denn auf Wiedersehen, meine Kleine!«
    Er hatte ganz väterlich Doris Hand in seinen beiden Händen fest gehalten, nun ließ er sie los. Rasch ergriff das Kind eine seiner Rosen im Körbchen und legte sie schweigend in die Hände des freundlichen Herrn; dann zog es fröhlich seines Weges.
    »Danke! Danke!« rief ihm der Herr lachend nach, steckte seine Rose ins Knopfloch, und den Arm seines Töchterchens in den seinen legend, schlug er den Weg gegen Suna zurück ein.

Zweites Kapitel
    Von Cavandone, dem kleinen Dorfe, das sich an den waldbewachsenen Monte rosso schmiegt, führt an alten Kastanienbäumen hin über rauhe Felsstücke und rauschende Bergwasser der Fußpfad nach Suna hinunter. Auf halber Höhe steht die weiße Kapelle und bietet den Heraufsteigenden eine willkommene Rast auf der steinernen Bank im Schatten des Kirchleins. Aber nur die Schwerbeladenen bleiben auf der Bank sitzen, um sich auszuruhen. Jeden andern lockt es, die Terrasse auf dem Vorsprung des Kapellenhügels zu erreichen und über die Mauer zu schauen. Da leuchtet weithin der blaue See mit den grünen Inseln darin, die wie Smaragde über den Fluten schwimmen. Gegen Süden hin wird aus See und Himmel eine dunkelblaue, endlose Meerflut. Dort an der Mauer stand in der goldenen Morgenfrühe der deutsche Maler und schaute hinaus. Sein Kind hatte die große Tasche mit den
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