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Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Titel: Was Sie schon immer über 6 wissen wollten
Autoren: Holm Friebe
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um 500 vor Christus – und zuPythagoras. Vielen Menschen ist er als Mathematiker und Philosoph namentlich bekannt, weil er in einem denkwürdigen Satz sinngemäß festgestellt hat, dass in einem rechtwinkligen Dreieck die beiden Kathetenquadrate zusammengenommen die gleiche Fläche haben wie das Quadrat über der Hypotenuse – oder so ähnlich. Was man im Mathematik-Unterricht dagegen nicht gelernt hat: Pythagoras war auch ein früher Hippie, der einen Haufen Freaks um sich geschart hatte. Später versuchten die sogenannten Pythagoräer sogar, mit ihrer geheimbundartigen Kommune die Lokalpolitik Oberitaliens zu unterwandern.
    Hauptsächlich aber waren Pythagoras und sein Gefolge auf der spirituellen Suche nach dem geistigen Urgrund aller Dinge. Sie glaubten, dass die Bewegung der Sterne Töne verursachte, die wir mit unserem dürftigen Gehör nur nicht wahrnehmen könnten, und kamen zu der Erleuchtung: Nicht die Materie bestimmt das Wesen der Welt im Kern, auch nicht das Reich der Ideen, wie Platon später meinte, sondern die Zahlen und Zahlenverhältnisse. „Alles ist Zahl“, war das Credo der Pythagoras-Jünger. Die Zahlen existierten vor den Dingen und flüchtigen Erscheinungen der Welt und bildeten deren eigentliche Realität.
    Aus Sicht der Pythagoräer, einer Sichtweise, die auch wir uns in diesem Buch zu eigen machen, sind Zahlen nicht nur zum Zählen und Rechnen da. Über ihre mathematische Funktion hinaus besitzen sie qualitative Eigenschaften, die man als ihren „Charakter“ bezeichnen könnte: Sie senden geheimnisvolle Signale aus, die es zu ergründen gilt. So war für die Anhänger des Pythagoras die 10 vollkommen, weil sie die Summe aus 1, 2, 3 und 4 bildet. Die geraden Zahlen galten in ihren Augen als weiblich, die ungeraden als männlich. Die 4 war für sie die Zahl der Gerechtigkeit, weil sie sich aus zwei gleichen Paaren zusammensetzt und damit das Prinzip der Gleichheit verkörpert. Auch wenn dieses gefühlte Wissen der Pythagoräer über 2.000 Jahre alt ist, wirken Reste davon als schwaches Echo noch immer in die Gegenwart hinein.
    Diesen und vielen weiteren verstreuten Hinweisen werden wir nachgehen, nicht als Selbstzweck oder Zeitvertreib, sondern um daraus handfeste Hinweise und Empfehlungen zu destillieren. Dazu haben wir mit Theoretikern verschiedener Disziplinen und mit zahlreichen Praktikern gesprochen, von der Gastronomin über den Gestalter biszum Galeristen. Bei den gewonnenen Erkenntnissen handelt es sich oft um „tacit knowledge“, um unbewusstes Wissen und implizite Heuristiken also, die, wenn überhaupt, nur mündlich weitergegeben werden. In der Zusammenschau bilden diese Einblicke einen gut abgehangenen, oft auf jahrzehntelanger Erprobung basierenden Erfahrungsschatz.
    Dieses Buch versteht sich als eine praxistaugliche Gebrauchsanleitung für das Gestalten mit Zahlen. Mit Gestaltung ist dabei nicht nur der Entwurf eines Logos, das Layout einer Website und das Bauen von Häusern gemeint, sondern auch die Preisbildung oder die Zusammenstellung einer Reisegruppe für den gemeinsamen Urlaub. Viele Gestaltungsentscheidungen in Beruf und Alltag würden anders gefällt, wenn größere Klarheit über die Mechanismen der Zahlenpsychologie und die Signale bestünde, die mit der Auswahl bestimmter Ziffern oder Mengen ausgesandt werden.
    Überraschenderweise liegen zwar zahlreiche Bücher und Ratgeber zur psychologischen Wirkung von Farben vor, aber noch kein populäres und praxisbezogenes Sachbuch über Zahlenpsychologie und Zahlensymbolik. Warum ist das Thema bislang nur gestreift worden? Vielleicht weil die Bedeutung von Zahlen, Mengen und Größen für die Gestaltung in allen Lebensbereichen, so elementar sie ist, nicht auf Anhieb offensichtlich wird. „Unter der Laterne ist es am dunkelsten“, sagt ein altes polnisches Sprichwort. „Zahlen sind keine natürlichen Tatsachen, auf die Organismen sinnlich reagieren können, wie sie es zum Beispiel auf Formen und Farben tun“, schreibt die Psychologin Anita Riess in Psychologie der Zahl , einem der wenigen Bücher, die es überhaupt zum Thema gibt.
    Trotzdem sind wir nicht die Ersten, die dieses Terrain erkunden. Wissenschaftliche Spähtrupps waren schon da, und in der akademischen Literatur gibt es einen umfangreichen Korpus zur Kulturgeschichte der Zahlen. Daneben gibt es vereinzelte Sachbücher zu Teilaspekten unseres Themas und diverse Fachbücher zu den unterschiedlichen Anwendungsfeldern Design, Preisgestaltung und soziale
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