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Was sich liebt, das trennt sich: Roman (German Edition)

Was sich liebt, das trennt sich: Roman (German Edition)

Titel: Was sich liebt, das trennt sich: Roman (German Edition)
Autoren: Lauren Lipton
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das noch mit der modernen Legende, in der ein Reisender in einem Hotelzimmer aufwacht und nur noch eine Niere hat?
    Der Mann murmelte etwas und bewegte sich.
    Wer war diese Person? Peggy versuchte, die aufsteigende Panik zu unterdrücken, das würgende, erstickende Gefühl, das ihr signalisierte, dass sie besonders ängstlich war. Sie tippte ihm auf den Arm. »Entschuldigung.« Ihre Stimme war kaum zu hören, das Streifen eines Zweigs auf einer Glasscheibe.
    Der Mann rührte sich nicht. »Entschuldigung«, krächzte sie lauter und tippte ihn erneut an, dann rüttelte sie an seiner Schulter. Nichts passierte. Ich bin schon ziemlich alt, dachte Peggy. So etwas hatte sie in ihren Zwanzigern nicht getan, als es vielleicht noch entschuldbar gewesen wäre. Sie war vierunddreißig und extrem beschämt.
    Sie schwankte ins Badezimmer und hoffte gegen jede Chance, dass sie Bex dort finden würde, die sich gerade das Gesicht wusch. Da war keine Bex, nur Peggys Spiegelbild: kinnlanges Haar, das ihr in schmutzigen blonden Strähnen ins Gesicht fiel, eine Stirn, auf der sich bereits genau wie bei ihrer Mutter Sorgenfalten zeigten, dunkle Ringe unter den Augen und erste Anzeichen für Krähenfüße. Doch noch während Peggy über ihr Aussehen stöhnte, registrierte sie den Kulturbeutel aus Leder, der auf der sonst leeren Ablage neben dem Waschbecken stand, und das ganze Ausmaß der Situation dämmerte ihr.
    Sie hatte im Zimmer eines fremden Mannes übernachtet.
    Ihr nächster Gedanke war: Meine Handtasche!
    Beinahe hätte sie erwartet, sie nicht zu finden, aber da stand sie, auf einem Tisch neben einem unordentlichen Stapel Papiere, zwei benutzten Champagnergläsern und einer Flasche, die mit dem Kopf nach unten in einem Eimer mit geschmolzenem Eis steckte. Die Jacke des Mannes hing ordentlich über einer Stuhllehne. Peggy griff nach ihrer Tasche und riss sie auf. Portemonnaie und Kreditkarten - noch da. Die Fotos von ihr und Brock bei den Sports Emmy Awards - noch da. Bargeld - nicht so viel, wie sie in Erinnerung hatte, aber ein paar Scheine -, und die Karte zu ihrem eigenen Hotelzimmer.
    Elektronische Musik schrillte laut auf. Peggy zuckte zusammen und fiel auf dem Weg zur Tür fast über ihre eigenen Füße. Sie machte sich an dem Sicherheitsschloss zu schaffen und stolperte hinaus in den Flur. Mit dem Ellbogen hielt sie die Tür auf. Sie griff in ihre Handtasche, holte ihr Handy heraus und klappte es auf. Dankenswerterweise stoppte die Musik.
    »Bex?«, flüsterte Peggy. »Geht es dir gut?«
    »Wo bist du? Brunch, schon vergessen?«
    Erleichterung durchflutete Peggy, als sie die Stimme ihrer Freundin hörte. Sie blickte zurück in das Zimmer. Sie konnte nur noch die unteren fünfzig Zentimeter der Beine des Mannes sehen. Er schien nicht aufgewacht zu sein. Vorsichtig schloss sie die Tür. »Ich komme gleich«, versicherte ihr Peggy ins Telefon und lief auf den Fahrstuhl zu.
    »Bringst du deinen zukünftigen Ehemann mit?«
    Peggy zwang sich, langsamer zu gehen - der Flur drehte sich. »Was?«
    »Du hast uns erzählt, du wärst verlobt. Du warst mit diesem WASP-Typen zusammen - du weißt schon: weißer angelsächsischer Protestant - und nanntest ihn ›meinen zukünftigen Ehemann‹. Ihr beide konntet die Finger nicht voneinander lassen. Wir wussten nicht, was in dich gefahren war, Peggy. Du wolltest nicht mit uns nach oben kommen. Schließlich haben wir dich am Roulette-Tisch zurückgelassen. Bist du tatsächlich mit auf sein Zimmer gegangen?«
    Peggy drückte »Unten«, und ein Fahrstuhl öffnete sich, als hätte er auf sie gewartet. Drinnen stand eine Familie - eine Mutter und ein Vater und zwei Kinder, alle mit strahlenden Augen und frisch und ausgeruht. »Ich schätze ja. Ich komme jetzt zurück in unser Zimmer.«
    »Da sind wir nicht mehr. Hilary und ich haben für dich gepackt und ausgecheckt. Komm in die Lobby, dann fahren wir direkt zu dem Brunch.«
    Die Kinder starrten sie an. Die Eltern gaben sich betont Mühe, es nicht zu tun. Peggy wünschte, sie könnte sich in Luft auflösen. »Ich muss mich erst umziehen«, flüsterte sie.
    »Keine Zeit, Süße. Wir müssen alle unsere Flieger kriegen. Triff uns unten. Wir warten auf dich.«
    »Danke, Bex. Ich schulde dir was.«
    »Du wirst mich nachher entschädigen«, meinte Bex. »Ich erwarte einen ausführlichen Bericht über gestern Abend.«

 
    »Also gut, und was ist mit Hepatitis?« Peggy machte sich laut Sorgen, als das Flugzeug in der Luft war und nach Osten zeigte.
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