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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah
Autoren: Stef Penney
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wirktteuer, vor allem der Lammfellmantel, der die Schultern ein ganzes Stück breiter macht.
    »Meine Familie stammt aus dem West Country; vermutlich kennen Sie das.«
    Ich nicke.
    »Kenne ein paar Lovells – Harry Lovell aus Basingstoke … Jed Lovell aus der Ecke von Newbury …«
    Er wartet auf meine Reaktion. Ich habe gelernt, nicht zu reagieren, nichts zu verraten, doch der Jed Lovell, den er erwähnt hat, ist mein Cousin – genauer gesagt, der Cousin meines Vaters, der von meinem Vater und damit auch von uns nie viel gehalten hat. Mir kommt der Gedanke, dass Wood meinen Namen nicht gerade erst gelesen hat – er hat Erkundigungen eingezogen und weiß genau, wer ich bin und mit wem ich verwandt bin.
    »Den Namen gibt es häufig. Aber was führt Sie her, Mr Wood?«
    »Nun, Mr Lovell, es ist eine heikle Sache.«
    »Das ist unser Fachgebiet.«
    Er räuspert sich. Mir schwant, dass das hier eine Weile dauern wird. Zigeuner kommen selten gleich zur Sache.
    »Familienangelegenheit. Deshalb komme ich zu Ihnen. Sie werden es gleich verstehen. Es geht um meine Tochter. Sie wird … vermisst.«
    »Wenn ich Sie kurz unterbrechen dürfte, Mr Wood …«
    »Sagen Sie Leon zu mir.«
    »Leider übernehme ich keine Vermisstenfälle. Ich kann Sie aber an meinen Kollegen verweisen – er ist sehr gut.«
    »Mr Lovell … Ray … ich brauche jemanden wie Sie. Ein Außenseiter kann da nicht helfen. Können Sie sich vorstellen, dass ein gorjio hingeht und die Leute mit Fragen belästigt?«
    »Mr Wood, ich bin in einem Haus aufgewachsen. Meine Mutter war eine gorjio. Also bin ich im Grunde auch ein gorjio. Ich trage nur diesen Namen.«
    »Nein …« Er deutet mit dem Finger auf mich und beugt sichvor. Stünde nicht der Schreibtisch zwischen uns, würde er sicher nach meinem Arm greifen. »Es ist niemals nur ein Name. Sie sind immer, wer Sie sind, selbst wenn Sie hier in Ihrem Büro hinter Ihrem schicken Schreibtisch sitzen. Sie sind einer von uns. Woher stammt Ihre Familie?«
    Ich bin mir sicher, dass er alles weiß, was es zu wissen gibt. Jed dürfte es ihm gesagt haben.
    »Kent, Sussex.«
    »Aha. Ja. Auch dort kenne ich einige Lovells …« Er rattert weitere Namen herunter.
    »Ja, aber wie ich sagte, mein Vater hat das Fahren aufgegeben und ist in ein Haus gezogen. Ich habe dieses Leben nie kennengelernt. Also weiß ich nicht, wie ich Ihnen helfen könnte. Und vermisste Personen sind wirklich nicht mein Fachgebiet …«
    »Ich weiß nicht, was Ihr Fachgebiet ist. Aber das, was meiner Tochter zugestoßen ist, ist uns zugestoßen, und ein gorjio hätte keinen Schimmer, wie er mit den Leuten sprechen muss. Es würde nichts bringen. Sie wissen das. Ich brauche Sie nur anzusehen und weiß, dass Sie mit den Leuten reden können. Die hören Ihnen zu. Die sprechen mit Ihnen. Ein gorjio hätte keine Chance!«
    Er spricht so vehement, dass ich aufpassen muss, mich nicht in den Sessel drücken zu lassen. Schmeichelei und Not sind auf seiner Seite. Vielleicht kommt auch ein bisschen Neugier meinerseits hinzu. Ich habe noch nie einen Rom in meinem Büro gehabt. Ich kann mir nicht vorstellen, unter welchen Umständen jemand wie er Hilfe außerhalb der Familie suchen sollte. Ich frage mich beiläufig, wie viele Privatdetektive es im Südosten wohl gibt, die halb Rom sind. Vermutlich nicht viele.
    »Haben Sie sie bei der Polizei als vermisst gemeldet?«
    Möglicherweise eine dumme Frage angesichts der Umstände, aber ich muss sie stellen.
    Leon Wood zuckt nur mit den Schultern, was ich als Nein interpretiere.
    »Ehrlich gesagt, mache ich mir Sorgen, dass ihr etwas zugestoßen ist. Etwas Schlimmes.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Es ist über sieben Jahre her. Wir haben nichts von ihr gehört. Keiner hat sie gesehen. Keiner hat mit ihr gesprochen. Kein Anruf … kein Wort … gar nichts. Jetzt … meine liebe Frau ist kürzlich verstorben, und wir haben versucht, Rose zu finden. Sie sollte wenigstens wissen, dass ihre Mutter … Aber nichts. Nicht zu finden. Das ist nicht normal, oder? Ich habe mich immer gefragt, das schon, aber jetzt …« Er verstummt.
    »Das mit Ihrer Frau tut mir sehr leid, Mr Wood, aber eins möchte ich klarstellen – sagten Sie gerade, dass Sie Ihre Tochter seit mehr als sieben Jahren nicht gesehen haben?«
    »So in etwa, ja. Jedenfalls hat sie damals geheiratet, und ich habe sie seitdem nicht mehr gesehen. Sie sagen, sie sei weggelaufen, aber … jetzt glaube ich es nicht mehr.«
    »Wer sagt, sie sei
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