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Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Titel: Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)
Autoren: Michel Birbæk
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dann das Problem aufgrund einer logischen und für alle Parteien nachvollziehbaren Rechtsprechung zu einer befriedigenden Lösung bringen. Den Gründern des Grundgesetzes ein Lächeln entlocken, würdiger Vertreter der Demokratie sein, Vorbildfunktionen erfüll ...
    » kanns nich fahrn !«, kreischt Zombiemama und schiebt den Kinderwagen gegen mein Vorderrad.
    Manno.
    »EY!«, kreischt sie weiter.
    Ich halte mir demonstrativ die Ohren zu und verschiebe meine Vision auf ein anderes Jahrhundert.
    »Geben Sie mir ’n Zehner.«
    »w’rum?«
    »Bremsbeläge.«
    »wah?«
    Ein junger, adretter Bengel fühlt sich berufen. Er bleibt neben uns stehen und richtet Papas Autoschlüssel auf mich.
    »Dafür sind die Bremsen doch da, oder?«
    Ich lache ihn freundlich an.
    »Es gibt auch Notärzte, und trotzdem muss man sie nicht aufsuchen. Oder?«
    Er macht sich schleunigst aus dem Staub.
    »Zehner, sonst Lippe«, sage ich im Zombiedialekt, um kein Missverständnis aufkommen zu lassen.
    Zombiemama grummelt böse und schaut sich dann nach jemandem um, den sie um Beistand bitten kann, aber schließlich leben wir in einer Großstadt.
    Als sie die Konsequenz dessen begreift, wühlt sie einen fettigen Schein aus ihrer Jogginghose und hält ihn mir hin.
    » sehen uns !«, droht sie.
    »Bringen Sie Geld mit«, rate ich ihr und mache den Weg frei.
    Das Kind fängt an zu weinen. Zombie tritt gegen den Kinderwagen.
    »schnauze!«
    Das Kind heult noch lauter. Ich starre sie an.
    »Soll ich Sie auch mal treten?«
    » mein kind !«, ruft der Berg.
    Ja, leider. Ich steige wieder in die Pedale, bevor ich mich in Sachen einmische, bei denen es nur Verlierer gibt.
    Max ist schon da. Ich setze mich zu ihm und winke der Bedienung, die im Vorbeigehen fröhlich zurückwinkt. Es könnte ein Tag wie all die anderen sein, und er scheint es tatsächlich auch zu werden, denn nach zwanzig Minuten habe ich immer noch kein Frühstück, und Max hat auch noch nicht geredet. Ich kannte ihn schon Monate von Kneipen und Partys, als ich ihn zum ersten Mal etwas sagen hörte. War echt ein Schock.
    Gerade neigt er den Kopf leicht in Richtung Nachbartisch. Ich schiele hinüber und sehe Karin S. mit ein paar von ihren Schmarotzern in einen Monolog vertieft. Da wir außer Hörweite sitzen, erfahre ich nicht, ob er ausnahmsweise mal Sinn ergibt. Würde mich aber wundern, denn Karin S. labert und labert und labert und labert und labert und labert und labert, bis sie sich selbst unterbrechen muss, um mal zu Wort zu kommen. Es ist mir ein Rätsel, wie sie es schafft, gleichzeitig Gerüchte aufzuschnappen, aber es gelingt ihr immer wieder, Dinge zu wissen, von denen sie keine Ahnung hat.
    Gerade wirft sie einen Blick zu unserem Tisch rüber, zieht eine Grimasse und wendet sich wieder ab. Nein, wir sind nicht die dicksten Freunde, und wie das Leben so spielt, ist sie Kulturredakteurin beim wichtigsten Veranstaltungsblatt der Stadt. In ihrer Freizeit spielt sie Orgel und hat daher ein fundamentales Gespür für zeitgenössische Musik entwickelt, dementsprechend kritisiert sie. Sie hat schon mehr Bands auf dem Gewissen als sämtliche Plattenfirmen dieser Stadt, dennoch gibt es drei gute Gründe, warum sie für den Job als Kulturredakteurin geradezu prädestiniert ist:
    1) Ihr Vater ist Hauptaktionär.
    2) Ihr Vater ist Hauptaktionär.
    3) Ihr Vater ist Hauptaktionär.
    Und drei, die dagegen sprechen:
    1) Sie kann nicht schreiben.
    2) Sie kann nicht schreiben.
    3) Sie kann nicht schreiben.
    Das ganze Viertel rätselt, was das S. hinter ihrem Vornamen bedeutet, und einmal fragte ich Max nach seiner Meinung. Nach einer halben Stunde plus zehn Camel ohne beugte er sich zu mir rüber und sagte:
    »Schande.«
    So viel dazu.
    Die Bedienung marschiert zum fünften Mal an uns vorbei. Ich starte eine Offensive.
    »Frühstück?«
    Sie hält erst gar nicht an. Wahrscheinlich denkt sie, es war eine Anmache.
    Die Sprachlosigkeit senkt sich über den Tisch, und als die Bedienung nach einer Stunde, aus einer spontanen Laune heraus, an unserem Tisch stehen bleibt, um eine Bestellung aufzunehmen, kann ich sie nur noch anknurren. Eine Woche mit Max, und man wird zum Neandertaler.
    Die Bedienung schließt aus dem Ganzen, dass wir Hunger haben, und dreißig Minuten später bringt sie uns folgerichtig ein Frühstück. Käse gibt’s nicht, die Eier hat sie vergessen, den Milchkaffee auch.
    »Sag mal, hat dir heute jemand schon gesagt, dass er dich liebt?«
    Die Bedienung schaut mich verblüfft an,
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