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Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Was ist koscher - Jüdischer Glaube

Titel: Was ist koscher - Jüdischer Glaube
Autoren: Paul Spiegel
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intellektuelle, abstrakte BeschäĞ igung mit Themen und Sachverhalten – all das prädestinierte sie, auch in der nichtjü-
    dischen GesellschaĞ dafür, als SchriĞ steller und Journalisten zu arbeiten.
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    Hinzu kam häufi g ihr politisches und soziales Engage-ment. Die Erfahrung als Minderheit machte sie besonders empfänglich für die Idee der Freiheit und der Gerechtigkeit.
    Der Kampf um Gerechtigkeit, der schon lange in dem Bereich, der heute »Medien« genannt wird, ausgefochten wurde, führte manchmal zu direkter politischer Betätigung. So ist es nicht verwunderlich, dass bei zahlreichen Revolutionen, in denen es um die Verbesserung der Lage der Schwachen, Armen, Benachteiligten und Minderheiten ging, an vorderster Front immer wieder Juden zu fi nden sind. Die eigene Erfahrung macht dünnhäutig auch für das Unrecht am anderen.
    Ist es also verwunderlich, dass der berühmte amerikanische Rabbiner Abraham Joshua Heschel, der in seiner Jugend noch in Berlin studiert haĴ e, einer der engsten Mitstreiter von Mar-tin Luther King war, um nur ein Beispiel zu nennen?
    Der Antisemitismus hat Juden immer wieder in Situationen und zu Verhaltensweisen gedrängt, die dann zu Klischees umfunktioniert wurden, um sie den Juden zum Vorwurf zu machen. In der Sowjetunion und im postkommunistischen Russland konnte man das anschaulich beobachten. Antisemitische Gruppen und Parteien warfen den Juden beispielsweise vor, sie okkupierten die Lehrstühle an den Universitäten, sie seien überproportional häufi g zu ihrer tatsächlichen Be-völkerungszahl in der sowjetischen GesellschaĞ als Professoren wiederzufi nden und würden damit »echten« Russen die Posten rauben.
    Was ist dran an solch einem Vorwurf? Ich habe die jüdischen Professoren im Russland nicht gezählt, doch ja, es fällt auf, dass häufi g Juden Lehrstühle innehaĴ en.
    Wie kamen sie dahin? Um es kurz zu machen: Juden wurde auf allen Ebenen der Zugang zum Studium schwerer gemacht 291
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    als Nichtjuden. Sie mussten bessere DurchschniĴ snoten im Schulabschluss haben als andere, in den Zwischenprüfungen der Unis galt das Gleiche, bis hinauf zur Promotion und Ha-bilitation. Das Ergebnis darf, kann dann allerdings niemanden verwundern. Doch Einsicht in den fatalen Zyklus von Vorurteilen hat Antisemiten noch nie ausgezeichnet.
    Antizionismus
    In jüngster Zeit erleben wir nun eine neue Variante des Antisemitismus, die unter dem Decknamen »Anti-Zionismus«
    in ganz Europa verbreitet ist. Inzwischen richtet sich aber der Hass nicht immer auf »die Juden«, sondern auf den Staat Israel, den »Judenstaat«. Und wieder gilt hier das Gleiche, was ich eingangs schon gesagt habe. Es ist jedermanns Recht, die Politik Israels abzulehnen. Man muss nicht einverstan-den sein mit dem, was eine Regierung tut, und man darf sie auch kritisieren. Doch sowie sich die Kritik an Israel entzündet, weil es der »jüdische« Staat ist, entwertet sich die Kritik nicht nur selbst, sie ist gefährlich und ebenso rassistisch und judenfeindlich wie alles, was wir bereits aus der Geschichte kennen.
    Diese Form der Abneigung führt dazu, dass viele Kritiker mit zweierlei Maß messen: Was dem einen Staat erlaubt wird, ist Israel verboten. Wenn Israel etwas falsch macht, wird das von einem viel größeren internationalen Aufschrei begleitet als bei einem anderen Staat, der dasselbe tut. Besonders per-vers wird die Argumentation dann, wenn – ganz besonders in Deutschland – den Israelis ihre Besatzungspolitik mit dem Argument vorgeworfen wird, gerade weil sie Juden seien, häĴ en sie doch »aus Auschwitz lernen müssen«!
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    Auschwitz als Besserungsanstalt, so viel Zynismus könnte nicht einmal mehr der jüdische Humor erfi nden! Juden dürfen nicht dieselben Fehler begehen wie alle anderen Völker.
    Kaum ein Staat, der nicht mit Gewalt entstanden ist. Das gilt auch für Israel. In diesem Falle ist die Geschichte des Landes aber noch zu kurz, um die Gewalt in Vergessenheit geraten zu lassen. Wir wissen zwar, dass die USA einst die Ureinwohner ihres Kontinents fast kompleĴ ausgeroĴ et haben, aber keiner von uns würde die Legitimität der USA anzweifeln, geschweige denn seine demokratischen Prinzipien, selbst wenn sie Defi zite aufweisen oder von dem einen oder anderen Prä-
    sidenten auch mal mit Füßen getreten
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