Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was im Dunkeln liegt

Was im Dunkeln liegt

Titel: Was im Dunkeln liegt
Autoren: Diane Janes
Vom Netzwerk:
Sie werden alles Menschenmögliche für ihn tun.«
    Der Polizeiwagen kam als Nächstes  –  brauste mit noch höherer Geschwindigkeit als der Rettungswagen an und blieb in einer Staubwolke stehen. Zuerst redeten sie mit Simons Onkel, danach mit mir. Ich nannte ihnen meinen Namen und meine Adresse und sagte, ich wisse nicht, was passiert sei. In der Nähe nahm ich eine Art Besprechung wahr, aber ich schaute mich nicht um. Das Armaturenbrett beanspruchte einen Großteil meiner Aufmerksamkeit. Die kleinen Symbole gaben mir Rätsel auf  – ich würde im Test nie die volle Punktzahl erzielen. Ich schnappte die Worte Suizid, geschlafen und Schock auf. Wie es dann weiterging, weiß ich nicht mehr genau. Ich glaube, als Nächstes kam ein zweiter Polizeiwagen, aber vielleicht war es auch ein Rettungswagen. Ich wusste, es
war nur die Ruhe vor dem Sturm. Sie mochten jetzt glauben, es sei Selbstmord gewesen, aber sobald sie Fingerabdrücke genommen hätten … sobald Danny aufwachen würde …
    »Sie waren sehr eng befreundet  –  seit der Schulzeit …« Die Worte schwebten wie aus einem Traum zu mir herüber. »Ja, ja  –  mit meiner ausdrücklichen Erlaubnis  –  sie haben einen Gartenteich angelegt …«
    Die Aufmerksamkeit wandte sich nun mir zu. »Ich gehe nicht ins Krankenhaus«, protestierte ich. »Ich muss einen Zug nach Frankreich erwischen.«
    Gleichwohl fand ich mich kurze Zeit später im Krankenhaus wieder. Ich schlief sehr lange. Dann wurde ich wach und wünschte, ich wäre es nicht. Meine Mutter und mein Vater standen an meinem Bett. Mein Vater sagte: »Du hast einiges zu erklären, junge Dame.«
    Ich wollte schon sagen, dass ich mir das für den Richter aufheben wolle, als meine Mutter sich einmischte und fragte, wie ich mich fühle. Ich beschloss, es sei das Beste, die Augen zu schließen und mich schlafend zu stellen.
    Der Arzt meinte, ich könne am nächsten Tag entlassen werden. Die Stationsschwester rief meine Eltern an, um ihnen die frohe Botschaft zu überbringen, und es wurde ausgemacht, dass meine Eltern von Birmingham anreisen würden, um mich abzuholen. Danach legte sich eine Art von Frieden über die Station, da die Ärzte ihre Visite beendet hatten und die Besucher noch nicht eingetroffen waren. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und schnappte mir eine der Schwestern  –  eine nette in einer dunkelblauen Tracht, deren Stimme einen unverkennbar walisischen Tonfall hatte.

    »Der Junge, der am selben Tag wie ich eingeliefert wurde  –  Danny Ivanisovic –, lebt er noch?«
    Traurig sah sie mich an. »Er liegt im Koma, Katy.«
    »Glauben Sie, er würde mich erkennen?«
    »Nein, Liebes. Er erkennt niemanden. Soll ich Sie zu ihm bringen?«
    »Ja, bitte«, erwiderte ich. Es war nicht Sentimentalität, die mich antrieb, sondern vielmehr das Bedürfnis, mich auf eine Erkundungsmission zu begeben.
    Die nette Schwester bestand darauf, dass ich die Reise im Rollstuhl antrat. Sie schob mich den Flur hinunter, durch einige Schwingtüren hindurch und schließlich in ein Seitenzimmer. Danny lag mit geschlossenen Augen in einem Krankenhausbett. Ein neben dem Bett angebrachter Monitor zeichnete mit einer kontinuierlichen Reihe hörbarer Pieptöne sein Festhalten am Leben auf. Er sah verblüffend sauber und ordentlich aus. Irgendjemand hatte ihn gewaschen und seine dunklen Locken gekämmt.
    »Seine Eltern sind die ganze Zeit bei ihm«, sagte die walisische Schwester. »Sie werden kurz rausgegangen sein, um etwas frische Luft zu schnappen.«
    Ich war zutiefst dankbar dafür. Ich wollte Dannys Eltern auf keinen Fall begegnen.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte ich langsam. »Wie kann es sein, dass Simon tot ist, aber Danny noch lebt?«
    »Das ist gar nicht so ungewöhnlich«, sagte sie. »Überdosierungen sind eine sehr unzuverlässige Methode, um sich umzubringen.«
    »Ich dachte, man schläft einfach ein  –  und stirbt irgendwie.«
    »Genau das ist das Problem«, erwiderte sie. »Etliche
dieser Leute sterben nur irgendwie . Sie enden wie hier im Koma.«
    »Werden sie wieder gesund?«
    »Manche ja«, sagte sie.
    »Und wie ist es bei Danny?«
    »Das kann ich Ihnen nicht beantworten, Kindchen. Kommen Sie jetzt, ich bringe Sie besser auf die Station zurück.«
    Meine Eltern holten mich noch am selben Tag ab. Der Arzt hatte mir Beruhigungsmittel verschrieben, und ich war dankbar für die Zuflucht, die sie boten. Sie ermöglichten mir, all die Fragen zu ignorieren, die vorwurfsvollen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher