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Was ihm fehlen wird, wenn er tot ist: Roman (German Edition)

Was ihm fehlen wird, wenn er tot ist: Roman (German Edition)

Titel: Was ihm fehlen wird, wenn er tot ist: Roman (German Edition)
Autoren: Sandra Hoffmann
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das ein polnischer Hund ist?
    Odpieprz si ę ! Spadaj!
    Die Leute auf dem Schiff winken ihm, er trägt aber nur dieses Hemd. Er dreht sich herum, er muss sich rückwärtsbewegen, dann erkennt ihn Paula nicht. Er muss unbedingt nach Hause, bevor er zu Hannah fährt, er braucht etwas Ordentliches zum Anziehen. Was sitzt ihm da im Nacken? Das kommt vom Gesicht, die Tiere laufen wieder unter seiner Haut herum, er muss sie verjagen, verjaaa-gen! Der Hund bleibt stehen. Er will hingehen, er will den Hund packen, er muss den Hund festhalten, damit der nicht zu Paula zurückgeht, sie darf nichts erfahren.
    Nicht die Hand ins Gesicht!
    Es tut aber weh.
    Dann wird es noch schlimmer.
    Nicht!
    Er sieht, wie seine linke Hand nach der rechten greift, er selbst steht in der Mitte.
    Wenn das Paula ist, die da von ganz vorne auf ihn zukommt! Da geht doch jemand auf der nassen Straße. Aber er kann nicht mit diesem Hundeschwanz in der Hand in ein Taxi steigen. Der Hund läuft vor ihm, er hat seinen Schwanz noch. Aber er hat den Schwanz mit dem Ring in der Hand. Er liest, da steht etwas auf dem Ring. Cynoclossum. Seit wann haben Ringe Gattungsbezeichnungen? Warum gibt es hier keinen Mülleimer! So kann er unmöglich zu Hannah fahren mit dem beringten Schwanz in der Hand, der nicht einmal blutet. Er muss unbedingt zuerst nach Hause. Es tut weh in seinem Gesicht, er möchte sich kratzen, es tut wahnsinnig weh in seinem Gesicht, sie haben das Schmerzmittel vergessen. Er sieht seine Hand nicht mehr.
    Er kratzt sich, er reibt sich mit den Fingernägeln über die Wange, aber die Tiere laufen trotzdem unter der Haut weiter, er schrubbt mit den Nägeln darüber, jetzt, jetzt wird es ganz nass.
    Er braucht die Nummer.
    Der Schmerz ist kein Traum. Seine rechte Gesichtshälfte lodert, er kann kaum den Mund öffnen, so stark sitzt der Schmerz zwischen Ohr und Kiefer, dass er ihm jede Bewegung verbietet. Er hat sich gekratzt, er blutet, seine rechte Hand ist voller Blut, er muss klingeln. Es ist noch nicht Abend.
    Es geht schnell, dass sich die Tür mit einem Ruck öffnet. Renate ist das schon wieder. Wie viel Uhr ist es jetzt?
    Oh Gott, sagt sie, als sie ihn sieht.
    Holen sie das Schmerzmittel, sagt er, den Mund kaum bewegend, so dass das betrunkener klingt, als ihm recht ist.
    Sie haben Schmerzmittel bekommen! Sagt Renate.
    Aber nicht genug! Dann holen Sie bitte Naumann!
    Er möchte nichts mehr sagen, sie soll einfach abhauen und den Arzt schicken.
    Dazu brauchen wir nicht den Chef!
    Wir! Er schweigt, seine Hände halten das Deckbett fest, er hält sich daran fest. Schau sie nicht an, denkt er. Er will auch nicht, dass sie es ist, die ihn nun versorgt und die Wange säubert und seine Hände. Aber sie hat schon angefangen.
    Ich habe Schmerzen, wiederholt er. Lassen Sie mich doch einfach in Ruhe, sagt er, das macht nichts mit dem Blut. Ich brauche ein stärkeres Schmerzmittel.
    Das muss ich erst klären.
    Hören Sie, wenn ich sterbe, dann müssen Sie das auch nicht erst klären. Jetzt holen Sie Naumann oder einen Assistenten und ein Schmerzmittel, sagt er, dabei tut ihm jedes Wort weh.
    Sie reißt die Türe auf, eine Gummidichtung löst sich schmatzend von einer anderen Gummidichtung. Die Schwester ist draußen. Die Sonne steht zum Hang gegenüber, helles Nachmittagslicht liegt auf dem Hang, die Fenster spiegeln die Gärten, das kennt er. Dann hat er aber lange geschlafen. Zum Glück ist es schon Nachmittag! Die kleine Schwester kommt bald wieder.
    Die Augen fallen ihm zu, aber der Schmerz ist zu stark, er kann sie nicht geschlossen halten. Sie haben bestimmt das Schmerzmittel vergessen. Er drückt die Wange ins Kopfkissen, so dass sich der Stoff nicht an der Haut reiben kann, das hält er nicht aus. Es pulsiert in seiner Wange, am Ohr, bis in die Zähne hinein. Diese Kuh braucht ja ewig, bis sie das geklärt hat. Eins. Er hat etwas geträumt, oder? Izy, war das Izy im Traum? Er sieht ein Bild, ein Hund läuft vor ihm durch die Stadt, aber er kann nicht erkennen, ob das Izy ist. Es ist dunkel in der Stadt, er geht eine Treppe hinab, um eine Ecke herum, und da steht ein riesiger Dampfer, auf dem stehen Leute. Das Bild entschwindet. Er drückt den Kopf stärker ins Kissen. Was war das? Zwei, drei, vier. Der Schmerz pocht sogar in die Pupille hinein, er sieht die kleinen Blitze hinterm geschlossenen Augenlid, sie funkeln wie Kurzschlüsse an Steckdosen. Dann brennt es. Sein ganzes Gesicht. Fünf, sechs, er kann die Zahlen sehen hinter der
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