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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse
Autoren: Franziska Moll
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riechen. Er streckt seine Hand nach mit aus, berührt meinen Hals. Die Kälte sammelt sich in meinem Nacken.
    Ich drehe mich um, sehe ihn an. Ein Haufen Fleisch mit kleinen Augen. Er grinst.
    Und ich sage: »Sex am Strand.«
    Er wusste es schon. Er kennt solche wie mich. Er macht den Gürtel auf, knöpft die Jeans auf, lässt sie fallen bis auf die Springerstiefel. Steht da wie ein Pinguin, der gerade aus dem Meer gewatschelt ist. Macht zwei Pinguinschritte auf mich zu. Zieht die Unterhose runter. Zerrt den Rock hoch, den Slip runter. Dreht mich um die eigene Achse. Fasst meinen Hals mit den Lippen.
    Vor mir müht sich das Meer ab. Es schleudert seine Wellen an Land, nur um sie Sekunden später wieder zurückzusaugen. Was für eine Arbeit. Es ist sinnlos, merkt es das nicht? Weiß es nicht, dass es damit nichts erreicht?
    Ich drehe den Kopf, suche seinen Mund. Seine Zunge fährt an meinen Gaumen.
    Als wenn das etwas nützt!
    Â»Aua! Bist du irre!« Er schleudert mich von sich, fasst sich an den Mund. »Oh, Scheiße.« Seine Finger werden rot. Röter. »Bist du psycho?« Ein verletzter Pinguin, der nach mir greift wie nach einem Strohhalm. Ich gebe ihm einen Stoß. Er kippt. Er fällt. Er liegt.
    Ich renne. Greife nach meinen Schuhen. Nach meiner Tasche.
    Â»Du blöde Schlampe!«
    Ich renne.
    Â»Du wolltest doch, dass ich es dir mache! Was soll die Scheiße?«
    Ich renne.
    Der Ort schläft noch. Nirgendwo brennt Licht. Keine Tür steht offen. Meine Schritte hallen durch die Straße. Die Blaue ist scheiße. Die Blaue macht die Beine lahm. Was ist das bloß für ein Zeug in der Blauen?
    Ich drehe mich um. Er ist nicht da. Ich sauge die Luft in die Lungen. Es kommt nichts an. Ein. Aus. Geht nicht. Mein Herz wummert. Es schlägt überall. In den Beinen, im Kopf. In der Brust ist nicht genug Platz. Gleich reißt es mich auseinander.
    Ich stolpere in einen Hauseingang, falle auf alle viere.
    Atme! Atme! Atme.
    Â»Hilfe.« Das ist meine Stimme.
    Und noch mal. »Hilfe.«
    Das muss laut sein, ist aber leise.
    Â»Hilfe.«
    So leise.
    Kann keiner hören.
    Da fällt es mir ein. Es ist in der Tasche.
    Kontakt auswählen.
    Freizeichen.
    Seine verschlafene Stimme.
    Â»Hast du mal auf die Uhr geguckt?«
    Â»Nein.«
    Â»Alles in Ordnung?«
    Â»Nein! Bitte komm und hol mich. Ich muss zu ihm. Jetzt sofort.«
    * * *
    Weißt du noch?
    Ich weiß nichts mehr.
    * * *
    Sie sind alle da. So viele Ärzte, die Familie. Sie stehen im Weg. Ich kann ihn nicht sehen. Ich will näher treten, mich zwischen sie drängen, aber Isabella schiebt mich hinaus und schließt die Tür hinter uns. Stellt sich davor.
    Â»Es geht ihm schlechter«, sagt sie.
    Â»Lass mich rein!«
    Â»Nein.«
    Â»Wieso nicht?«
    Sie schaut mich an. Sieht herab auf die viel zu weiten Klamotten, Tims Hose, Tims Shirt. In mein Gesicht. Die Reste der Schminke, die nicht abgehen wollten. Die Ränder unter den Augen, die keine Schminke sind. Sie sieht alles. Alles ist zu sehen. Ich bin nichts von dem, was sie ist. Sie ist nichts von dem, was ich bin. Selbst jetzt ist sie tadellos. So sauber. So rein.
    Â»Weil wir unter uns sein wollen.«
    Â»Was soll das heißen?«
    Â»Du weißt ganz genau, was das heißen soll.«
    Â»Haben deine Eltern das gesagt?«
    Â»Nein, sie würden das nie sagen. Weil sie viel zu höflich sind. Aber ich sage es dir. Mir ist scheißegal, was du denkst.« Ihre Augen funkeln. Als sie weiterspricht, bebt ihr Unterkiefer. »Weißt du eigentlich, was du meiner Mutter angetan hast? Meinen Eltern?« Sie will keine Antwort. »Du hast ihnen Rico weggenommen. Erst hast du dich bei uns eingeschlichen, hast ausgenutzt, dass wir dich mit offenen Armen empfangen haben, und dann hast du ihn uns weggenommen. Aber diesmal werde ich verhindern, dass du ihn bekommst. Jetzt gehört er uns. Verstanden?«
    Â»Nein.«
    Â»Lass die Finger von ihm!«
    Â»Nein!«
    Â»Hau ab!«
    Â»Nein!«
    Sie kommt nah, atmet mir ins Gesicht. »Ich behaupte, dass du an seinen Geräten gespielt hast. Ich erzähle irgendetwas, um dich ein für alle Mal von ihm fernzuhalten. Verstehst du mich! Hast du mich verstanden?«
    Â»Stirbt er?«
    Sie starrt mich an. Sagt nichts.
    Â»Stirbt er?«
    Â»Wenn ja, dann bist du schuld«, sagt sie. »Wäre er nicht mir dir zusammen, dann wäre das alles
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