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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)
Autoren: Michelle Hodkin
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Bibliothek, in einem anderen die Cafeteria und die fensterlose Sporthalle. Die Klassenzimmer und das Verwaltungsgebäude verteilten sich auf die anderen beiden Viertel. Offene Bogengänge und Backsteinwege verbanden die Gebäude und führten zu einem plätschernden Springbrunnen in der Mitte der Rasenfläche.
    Fehlte nur noch, dass Rehe und Hirsche aus den Gebäuden sprangen und anfingen zu singen. Alles hier schrie: WIR SIND PERFEKT UND DU BIST ES AUCH BALD!
    Kein Wunder, dass meine Mutter sich für diese Schule entschieden hatte.
    Ich fühlte mich in Jeans und T-Shirt entsetzlich underdressed. An der Croyden Academy waren Schuluniformen vorgeschrieben, doch durch den späten Wechsel waren unsere noch nicht eingetroffen. In der elften Klasse – noch dazu mitten im Trimester – von einer öffentlichen auf eine Privatschule zu wechseln, wäre auch ohne die zusätzliche Schmach in Gestalt von Karoröcken und Kniestrümpfen schlimm genug gewesen. Aber meine Mutter war nun mal ein Snob. Sie traute den staatlichen Schulen in einer so großen Stadt nicht. Und nach allem, was sich im Dezember abgespielt hatte, war ich außerstande, überzeugend dagegen an zu argumentieren.
    Ich holte unsere Stunden- und Übersichtspläne im Sekretariat ab und kam wieder heraus, als Daniel gerade das Gespräch beendete.
    »Was ist mit Mom?«, fragte ich.
    »Mein Bruder zuckte vage die Achseln. »Wollte nur mal hören.« Er sah für mich die Unterlagen durch. »Wir haben die erste Stunde verpasst, also steht bei dir jetzt …« Daniel blätterte durch die Seiten und erklärte dann: »Algebra II an.«
    Perfekt. Einfach perfekt.
    Er ließ den Blick über den Campus schweifen. Die Türen der Klassenräume führten direkt ins Freie, wie bei einem Motel. Sekunden später deutete er auf ein weiter entfernt liegendes Gebäude.
    »Es müsste da drüben sein, seitlich um die Ecke. Hör mal …«, fuhr er fort. »Wir sehen uns vor der Mittagspause vermutlich nicht mehr. Willst du mit mir essen? Ich muss mit dem Direktor sprechen und der Leitung des Musikfachbereichs, aber ich kann dich hinterher –«
    »Nein, ist schon in Ordnung. Ich komme zurecht.«
    »Wirklich? Es gibt nämlich niemandem, mit dem ich Kantinenfleisch lieber genieße.«
    MeinBruder lächelte, doch ich konnte sehen, dass es ihm unter den Nägeln brannte. Daniel hatte ein brüderliches Auge auf mich geworfen, seit ich aus dem Krankenhaus entlassen worden war, auch wenn er es weniger offensichtlich und damit weniger nervtötend tat als meine Mutter. Daher musste ich mich besonders anstrengen, ihn davon zu überzeugen, dass ich heute nicht zusammenbrechen würde. Ich setzte die coolste Teenagermiene auf, die ich zustande brachte, und trug sie wie einen Schutzschild, während wir auf das Gebäude zugingen.
    »Nein, wirklich, mir geht’s gut«, sagte ich und verdrehte demonstrativ die Augen. »Und jetzt geh, bevor du von der Highschool fliegst und arm und vereinsamt stirbst.« Ich schubste ihn zur Bekräftigung ein wenig und unsere Wege trennten sich.
    Doch während ich weiterging, begann meine schwache Fassade zu bröckeln. Wie lächerlich. Es war schließlich nicht mein erster Tag im Kindergarten, auch wenn es mein erster Schultag ohne Rachel war … der erste überhaupt. Und es war nur der erste von vielen. Ich musste mich zusammenreißen. Ich schluckte den Schmerz hinunter, der mir in die Kehle stieg, und versuchte, meinen Stundenplan zu entziffern:
    LK Englisch, Ms Leib, Raum B35
    Algebra II, Mr Walsh, Raum 264
    Amerikanische Geschichte, Mrs McCreery, Raum 4
    Kunst, Mrs Gallo, Raum L
    Spanisch I, Ms Morales, Raum 213
    Biologie II, Mrs Prieta, Nebengebäude
    Hoffnungslos. Ich folgte dem Pfad zum Unterrichtstrakt und studierte die Raumnummerierung, fand aber die Snackautomaten schneller als meinen Matheraum. Am Ende des Gebäudes standen vier Automaten nebeneinander und sie erinnerten mich daran, dass ich das Frühstück ausgelassen hatte. Ich sah mich um. Zu spät war ich ohnehin. Also würden ein paar Minuten mehr auch nicht schaden.
    Ich legte die Unterlagen auf den Boden und wühlte in meiner Tasche nach Kleingeld. Doch als ich den ersten Vierteldollar in die Maschine gesteckt hatte, fiel mir der andere aus der Hand. Ich bückte mich, um ihn zu suchen, da mein Geld nur für einen Snack reichte. Schließlich fand ich ihn, warf ihn ein und drückte die Buchstabenkombination, die mir die Rettung bringen würde.
    Die Maschine klemmte. Unglaublich.
    Ich drückte die Tasten noch
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