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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)
Autoren: Michelle Hodkin
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neuen Hauses huschten.
    »Ich frage mich, ob es in Laurelton jetzt schneit?«
    »Wahrscheinlich. Das wird mir jedenfalls nicht fehlen.« Gerade als ich dachte, es könnte nicht heißer werden, belehrte mich das Innere von Daniels Civic eines Besseren. Ich hatte das Gefühl zu ersticken und signalisierte meinem Bruder, das Fenster zu öffnen, während ich vor mich hin japste.
    Er sah mich merkwürdig an.
    »Was?«
    » So heiß ist es auch wieder nicht.«
    »Ich komme um vor Hitze. Du nicht?«
    »Nein … es sind gerade mal dreiundzwanzig Grad.«
    »Wahrscheinlich bin ich einfach noch nicht daran gewöhnt«, sagte ich. Wir waren erst vor wenigen Wochen nach Florida gezogen und trotzdem war mein altes Leben in so weite Ferne gerückt, dass ich es kaum noch wiedererkennen würde. Ich hasste diesen Ort.
    Immernoch mit hochgezogenen Augenbrauen wechselte Daniel das Thema. »Weißt du, dass Mom vorhatte, dich heute selbst zur Schule zu bringen?«
    Ich stöhnte. Ich wollte an diesem Morgen nicht die Patientin spielen. Und auch an keinem anderen. Ich überlegte, ob ich ihr einen Satz Stricknadeln kaufen sollte oder einen Aquarellfarbkasten. Sie brauchte ein Hobby, das sie davon abhielt, über mich zu wachen.
    »Danke, dass du mich mitnimmst.« Unsere Blicke begegneten sich. »Das meine ich ernst.«
    »No problemo«, sagte er und grinste einfältig, ehe er auf die Interstate 95 auffuhr und sich in den Verkehr einfädelte.
    Einen Großteil der quälend langsamen Fahrt zur Schule verbrachte mein Bruder damit, die Stirn auf das Lenkrad zu schlagen. Wir waren spät dran, und als wir auf den voll belegten Schulparkplatz einbogen, war zwischen den glänzenden Edelschlitten kein einziger Schüler mehr zu sehen.
    Ich griff nach Daniels ordentlich gepacktem Rucksack, der wie ein Mitfahrer auf dem Rücksitz thronte, und hievte mich aus dem Auto. Dann gingen wir auf das kunstvoll geschmiedete Eisentor unserer neuen Bildungsanstalt zu, der Croyden Academy of the Arts and Sciences. Ein riesiges Wappen war in das Tor eingearbeitet: mit einem Schild in der Mitte und einem Band, das von der oberen rechten Ecke nach links unten verlief und den Schild in zwei Teile teilte. Darüber prangte ein Ritterhelm mit zwei Löwen auf jeder Seite. In der heruntergekommenen Nachbarschaft wirkte diese Schule merkwürdig fehl am Platz.
    »Wasdu noch nicht weißt, ist, dass Mom dich heute Nachmittag abholt«, sagte Daniel.
    »Verräter«, murmelte ich.
    »Ich muss mich mit meiner Mentorin treffen, um über meine Collegebewerbungen zu sprechen, und sie hat heute nur nach Schulschluss Zeit.«
    »Was soll das bringen? Sie werden dich doch sowieso überall annehmen.«
    »Das ist längst nicht sicher«, sagte Daniel.
    Ich sah ihn mit einem zusammengekniffenen Auge an.
    »Was machst du da?«, fragte er.
    »Ich schaue dich schräg von der Seite an«, sagte ich und fuhr fort, ihn so zu beäugen.
    »Du siehst aus, als hättest du einen Schlaganfall. Auf jeden Fall holt Mom dich dort drüben ab«, sagte mein Bruder und deutete auf die Sackgasse am anderen Ende des Campus. »Und benimm dich anständig.«
    Ich unterdrückte ein Gähnen. »Es ist zu früh, um dich wie ein Mega-Arsch aufzuführen, Daniel.«
    »Und achte auf deine Ausdrucksweise. Sie steht dir nicht.«
    »Wen interessiert das?« Ich legte im Gehen den Kopf in den Nacken und las die Namen berühmter ehemaliger Croyden-Schüler, die in den steinernen Torbogen über unseren Köpfen gemeißelt waren. Die meisten lasen sich wie Heathcliff Rotterdam III, Parker Preston XXVI, Annalise Bennet von …
    »Ich habe gehört, wie Joseph jemanden so genannt hat. Er schaut es sich bei dir ab.«
    Ich lachte.
    »Dasist nicht witzig«, sagte Daniel.
    »Ach, komm. Es ist doch nur ein Wort.«
    Er machte den Mund auf, um etwas zu erwidern, als in seiner Hosentasche plötzlich Chopin erklang. Die Musik von Chopin, nicht der echte, zum Glück.
    Daniel holte sein Handy heraus und formte mit den Lippen das Wort Mom , ehe er auf die Glaswand deutete, hinter der sich das Sekretariat der Croyden Academy befand.
    »Geh rein«, sagte er und das tat ich.
    Ohne Ablenkung durch meinen Bruder konnte ich den Campus in seiner ganzen makellosen, überstylten Pracht erst richtig wahrnehmen. Dichter Edelrasen dominierte die Anlagen, bei dem ein Hälmchen geschnitten war wie das andere. Ein weitläufiger Innenhof teilte den Campus in von blühenden Blumen gesäumte Gevierte. In einem Abschnitt befand sich die mit prunkvollen Säulen bestandene
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