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Was Farben sagen

Was Farben sagen

Titel: Was Farben sagen
Autoren: Isabelle Wolf
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verschnörkelte Muschelornamente deuten an, dass sich Rosa aus der schweren, ins Quadrat gepressten Starre von Rot befreit hat und sich stattdessen spielerisch » zerzüngelt«.
    Trotz all des Getändels und der teils überbordenden Verzierungen haftet Rosa scheinbar stets ein Mangel an Substanz an. Doch wohlgemerkt » scheinbar«– denn selbst das zerbrechlichste Rosa trägt unter all seinem filigranen Zierrat noch die Kraft und Stärke von Rot in sich. Deshalb entsprechen ihm zwar delikat erscheinende, märchenhaft verschnörkelte Formen. Doch unter der pastelligen Lackierung verbirgt sich ein stabiles Gerüst aus durchaus hartem Eisen oder massivem Holz– der harte Kern wird hier lediglich charmant ummantelt und gefälliger präsentiert als bei kompromisslosem Rot. Auf den ersten Blick leichte, aber griffige Stoffe wie Crêpe oder Veloursleder umspielen ebenfalls den » Kern« der Einrichtung aus Holz oder Eisen, der der zwar nicht sichtbaren, doch nicht zu leugnenden Stärke von Rosa Rechnung trägt.
    Zartes Rosa umgibt sich dabei gern mit zierlichen Kunstobjekten wie Chinoiserien, mit pastelligen Aubusson-Teppichen, Bezügen mit verspielten Drucken in Pudertönen oder hellen, freundlichen Musterungen für Wandbespannungen und Vorhänge, die den anmutigen Charakter der Farbe umsetzen. Heiter-liebliche Bildmotive wie die typischen Szenen von Fragonard entsprechen in ihrer Unbekümmertheit der Qualität von Rosa (in den teils koketten Bildthemen sind sie allerdings klar pink).
    Als Überbegriff für einen rosa Wohnstil wäre » verfeinerte Wohnkultur mit Rückgrat« passend, wobei die besänftigenden Farben und die zerbrechlich wirkenden Möbelstücke die tatsächliche Unschuld und Zerbrechlichkeit von Rosa nicht vergessen lassen.
    Mode– grazile Romantik
    An sich eine schöne Farbe, die vielen Frauen sehr schmeichelt, klebt an Rosa leider ein unschönes Etikett. Mit rosafarbenen Kleidern stopft man sich unweigerlich selbst in die Schublade von kleinen Mädchen, Disneyprinzessinen, Barbie, Brautjungfern und Paris Hilton. Rosatöne wie Erdbeereis, Zuckerwatte oder Bonbon- und Kaugummirosa sind wie die Bilder, die sie wecken, für die Mode meistens zu süß und zuckrig. In den zarten Pudertönen jedoch wirkt die Farbe charmant und unschuldig, die dunstigen Rosanuancen strahlen sogar eine sanfte Eleganz aus. Es ist trotzdem nicht in jeder Situation empfehlenswert, sich von Kopf bis Fuß in die Farbe zu hüllen, denn rosafarbene Mode vermittelt– einem selbst und anderen– das Gefühl, weich und verletzlich zu sein, unabhängig davon, ob man die Farbe selbst trägt oder ihre Entsprechungen.
    Romantische Designs in lieblichen Pastelltönen entsprechen zartem Rosa, der Farbton verlangt geradezu nach einem leicht süßlichen, niedlichen Stil, der sich verspielt und sorglos gibt. Denn Rosa ist sowohl der provokante Charakter von Blutrot als auch die kultivierte Sinnlichkeit der tiefen Rottöne fremd. Alle unbekümmerten Einflüsse, wie zum Beispiel wippende Volants, Rüschen, Schleifchen, duftige Lochstickereien und romantische Blumen- und charmante Toilemuster, entsprechen dagegen dem hellen Rot, in dem die direkte Verführung von Rot nur noch verspielte Unschuld ist. Die intensiveren pinken Farbtöne haben mit zwar verspielten, aber aufreizenden Korsagen dagegen eher eine kapriziöse, kokette Wirkung. Zartes Rosa aber will nicht auffallen und im Mittelpunkt stehen wie die intensiven Rottöne, sondern es genügt sich selbst und ist viel eher bestrebt, seine zarte Natur nicht durch einen betont sinnlichen Stil oder schwere Materialien zu überlagern.
    Um der zwar deutlich zurückgenommenen, aber nach wie vor präsenten Kraft von Rot und gleichzeitig der Feinheit seiner lichten Form gerecht zu werden, bietet sich bei einem Ensemble » in Rosa« zum Beispiel weiches Wildleder an– ein Material, das die sinnliche Qualität von Rot noch in sich trägt, aber ungleich sanfter, zarter ist. Sehr duftige Stoffe wie Seide, Voile, Tüll oder Crêpe entsprechen mit ihrer » griffigen Zartheit« ebenfalls dem zweischneidigen Charakter von Rosa. Eine Überfülle an zarter Spitze und verspielten Stickereien umschreibt daneben die Auflösung von starrem, greifbarem Rot in Rosa. In dieselbe Richtung gehen bauschige Röcke, die in ihrer Stofffülle noch an Rot
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