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Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Titel: Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love
Autoren: Louise Doughty
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bin ich einigermaßen verwirrt. Warum fragen die Sie nach Ihrer Beziehung zu Ahmetaj, obwohl Sie ihm mutmaßlich nie begegnet sind?«
    Ich sehe sie an. »Keine Ahnung.«
    Es fängt temporeich an, von Anfang an in rauem Ton. Die Frau mit dem sanften Blick ist nicht da. Der Polizist vom Vortag und ein Kollege bombardieren mich unerbittlich mit Fragen. Wo ich dann und dann war? In rascher Abfolge zählen sie mehrere verschiedene Daten auf. Daten sagen mir gar nichts. Nicht lange, und ich komme durcheinander. »Da habe ich meinen Sohn in den Kindergarten gebracht«, beantworte ich eine Frage, und der Polizist blafft zurück: »Was? An einem Sonntag?«
    Von da an wechseln sie sich ab.
    »Ihr Ex sagt, Sie haben ihn mit Ihrer Eifersucht verrückt gemacht.«
    »Was machen Sie, wenn Sie eifersüchtig sind, Laura?«
    »Er sagt, Sie können ziemlich gewalttätig werden. Haben ihn mit Gegenständen beworfen.«
    »Erzählen Sie uns von damals, als Sie ein Fenster eingeworfen haben. Wie viele Fenster waren es doch gleich?«
    Sie lassen mich kaum zu Wort kommen. »Das stimmt nicht«, sage ich.
    »Was stimmt nicht?«
    »Es war kein Fenster. Sondern, sondern …«
    »Sondern was?«
    »Eine Tür.«
    »Sie haben eine Tür eingeschlagen?«
    »Nein, ein Fenster.«
    »Das verstehe ich nicht ganz, was denn nun, eine Tür oder ein Fenster?«
    »Sie schlagen ganz schön viel ein, was?«, ergänzt der zweite Polizist, bevor ich antworten kann.
    »Es war ein Fenster, ein Fenster in einer Tür. Ein Glasfenster, in einer Tür.«
    »Machen wir weiter, okay? Das Messer hier.«
    Ich fühle mich wie in einem Fahrgeschäft auf einem Jahrmarkt, wo man im Kreis geschleudert wird und der Boden unter einem wegklappt, aber die Zentrifugalkraft einen aufrecht an die Wand presst. Nach zwei Versuchen gelingt es meiner Verteidigerin, eine Pause durchzusetzen.
    Nach der Pause scheinen sich die Polizisten etwas beruhigt zu haben, als wären auch sie müde. Ich bin erleichtert. Der Neue, der nicht so schlimm ist wie der vom Vorabend, beugt sich vor, legt seine Unterarme auf den Tisch und faltet die Hände. Er sieht mich mit überdrüssigem Gesichtsausdruck an, so als habe er es genauso satt wie ich, hier zu sein.
    »Laura«, sagt er. »Sehen Sie mal, wir verstehen, dass Sie ein furchtbares Trauma durchlitten haben. Darüber haben wir gar nicht richtig gesprochen, nicht wahr? Also, Robert und ich hier, wir sind auch beide Väter, müssen Sie wissen. Ich selber hab drei Steppkes; jeder mit Kindern wird verstehen, was Sie durchgemacht haben, Ihre kleine Tochter zu verlieren, nun ja, das ist einfach das Allerschlimmste überhaupt, nicht wahr?«
    Die Kälte, die Schlaflosigkeit, die Sorgen um David und Rees – und jetzt …
    »Betty …«, sagt der Polizist, und ihren Namen aus seinem Mund zu hören, gibt mir den Rest. »Betty, war das die Abkürzung von Elizabeth?«
    Ich schüttele den Kopf. »Betrys«, bringe ich hervor, »es war, es war die Abkürzung von Betrys, die walisische Form von Beatrice. Ihr Vater ist …«, meine Stimme wird zum Flüstern, »ihr Vater ist in Wales aufgewachsen, er, er …«
    »Tolle Sänger, die Waliser«, bemerkt der andere Polizist.
    Der erste lehnt sich noch weiter vor. Ich atme tief ein und aus. »Laura«, sagt er, und ich möchte plötzlich, dass er mich in den Arm nimmt; nichts Erotisches, sondern um mich zu trösten. Ich habe das Gefühl, dass er ein anständiger Mann ist, nicht wie der andere. Ich möchte, dass er mich in den Arm nimmt und dass davon alles wieder gut wird. »Warum wurde Aleksander Ahmetaj vor Ihrer Haustür gesehen?«
    Die Verteidigerin holt hörbar kurz Atem, ehe sie mich leise instruiert: »Sagen Sie nichts.« Sie sieht den Polizisten an und sagt energisch: »Ich möchte das Verhör an dieser Stelle unterbrechen, um mich mit meiner Mandantin zu beraten.«
    »Abgelehnt«, sagt der andere Polizist.
    »Was ist passiert, als er Sie besucht hat, Laura?«
    Was passiert ist? Ich hab ihm einen geblasen . Ich habe mit dem Mann geschlafen, der meine Tochter getötet hat, und zwar auf dem Bett, das ich bis dahin mit keinem anderen Mann als ihrem Vater geteilt hatte. Von der Unmöglichkeit, das zu erklären, überwältigt, löse ich mich in hilflosem, markerschütterndem Schluchzen auf.
    Während der Mittagspause erinnert mich die Verteidigerin daran, dass die Polizisten mich ohne Anklage nicht länger als vierundzwanzig Stunden festhalten dürfen, es sei denn, sie beantragen eine Verlängerung um zwölf Stunden bei einem
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