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Was die Tiere im Park erlebten

Was die Tiere im Park erlebten

Titel: Was die Tiere im Park erlebten
Autoren: Colin Dann
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auf sie zu. Am grauen Fell erkannte sie den Dachs.
    »Hallo, lieber Freund«, rief der Dachs herzlich. »Ich bin überrascht, dich in einer so kalten Nacht wie heute unterwegs zu sehen.«
    »Es ist auch das letzte Mal«, meinte die Kröte. »Jedenfalls vor dem Frühling.«
    »Verstehe, verstehe«, nickte der Dachs. »Du willst uns also auf Wiedersehen sagen. Es könnte ein Abschied auf lange werden.« Er unterbrach sich und hob die Nase in die frische Luft.
    »Glaubst du, daß es ein harter Winter wird?« fragte die Kröte.
    »Jeder Winter ist für manche von uns hart«, erwiderte der Dachs. »Die schwächsten unter uns müssen immer am meisten leiden. All diese kleinen Tiere: die Mäuse, die Spitzmäuse, die Wühlmäuse und besonders die kleinen Vögel — für sie ist jeder Winter schrecklich. Aber du hast recht — ich spüre es in den Knochen, daß dieser Winter uns einiges aufzulösen geben wird. Es liegt so etwas in der Luft...«
    »Ich hatte auch so ein Gefühl«, nickte die Kröte zustimmend. »übrigens, die Kreuzotter — sie hat sich bereits zurückgezogen.«
    »Das paßt zu ihr, einfach zu verschwinden«, murmelte der Dachs. »Na ja, dann belästigt sie wenigstens die Eßbaren Frösche nicht mehr.«
    »Bis zum nächsten Frühling bestimmt nicht«, bemerkte die Kröte trocken. »Und noch was: Sie hat mich doch tatsächlich eingeladen, mit ihr zusammen den Winterschlaf zu verbringen — jedenfalls hörte es sich so an.«
    »Na ja, man muß sie eben nehmen, wie sie ist«, räumte der Dachs ein. »Schließlich kann man von einer Schlange keine leidenschaftlichen Gefühlsausbrüche erwarten.«
    Während sie so miteinander plauderten, sahen sie den Fuchs und die Füchsin im Mondlicht verstohlen an sich vorbeihuschen. Die beiden schienen nur die Jagd im Sinn zu haben. Die Kröte war enttäuscht. »Sie hätten sich wenigstens Zeit für ein paar Worte nehmen können«, beklagte sie sich, »wenn ich mir schon die Mühe mache, euch alle zu besuchen. Noch dazu bei diesem Wind!«
    »Nimm es ihnen nicht übel, alter Freund«, bat der Dachs. »Sicher ist ihnen nicht bewußt, daß du ja deinen Winterschlaf antrittst. Unhöflichkeit sieht dem Fuchs wirklich nicht ähnlich.«
    »Will ich auch nicht sagen«, räumte die Kröte ein. »Aber er ist nicht mehr der gute Freund von einst — wenigstens nicht mehr für mich. Ja, ja, der weibliche Einfluß...«
    Der Dachs senkte zustimmend den gestreiften Kopf und lächelte nachsichtig. »Wir alten Junggesellen haben in derlei Dingen wohl zuwenig Erfahrung«, meinte er freundlich. »Im Vergleich zu ihm verbringen wir unser einsames Leben in ziemlich engen Grenzen.«
    Die Kröte war betroffen über die Wehmut, die in den Worten des Dachses mitschwang. »Also, ich... ich habe gar nicht gewußt, daß du so darüber denkst, Dachs«, sagte sie leise. »Es gibt im Hirschpark doch sicher auch Dachsfrauen?«
    »O ja, in dieser Hinsicht unterscheidet er sich vom Farthing-Wald«, sagte der Dachs. »Aber ich habe schon zu lange allein gelebt. Ich könnte mich nicht mehr umstellen.« Die Kröte sagte nichts. Es war wohl besser, wenn sie hierauf nicht antwortete. Lange schwiegen sie, der Kröte wurde es langsam ungemütlich, da bemerkte sie plötzlich jemand. »Hallo«, rief sie, »da ist ja noch so ein Junggeselle«, als der Waldkauz herabrauschte und sich neben ihnen niederließ. Er begrüßte die beiden mit einem Kopfnicken und sagte dann: »Ich hoffe doch, Kröte, daß du nicht deinen Spott mit mir treibst. Jedenfalls, was mich angeht, so bin ich Junggeselle, weil ich es so will.«
    »Du willst es so — oder wollen es die Waldkauzdamen etwa so?« fragte die Kröte mit Unschuldsmiene. Der Dachs unterdrückte ein Lachen.
    »Sehr — witzig, wie immer«, krächzte der Waldkauz böse. »Ich gehe wohl besser. Ich bin schließlich nicht gekommen, um mich beleidigen zu lassen.«
    Der Dachs, als geduldiger Friedensstifter, mischte sich ein. »Aber, aber, Waldkauz! Nicht so hastig. Niemand wollte dich beleidigen. Die Kröte besucht uns, weil sie bald ihren Winterschlaf antritt.«
    »Krrr, krrr«, krächzte der Waldkauz und plusterte die Federn. Aber er blieb sitzen.
    »Morgen, um genau zu sein«, sagte die Kröte. »Und ich bedaure es auch nicht. Ihr tut mir richtig leid, daß ihr das alles erdulden müßt: Eis, Frost oder Schnee. Wie herrlich, einfach einzuschlafen und alles zu vergessen — und dann aufzuwachen, wenn es wieder warm ist.«
    »Es spricht vieles dafür«, meinte der Dachs.
    »Aber
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