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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
Autoren: Florencia Bonelli
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tranken, die zuvor in den umliegenden Bordellen ihre fleischlichen Lüste gestillt hatten. Dort lernte sie den gutaussehenden, sympathischen Esteban Martínez Olazábal kennen, der sie mit süßen Worten und guten Manieren für sich gewann. »Ich verliebte mich unsterblich in ihn«, erzählte sie. Einige Zeit später gestand ihr Esteban, dass er mit einer Dame aus der besten Gesellschaft von Córdoba verlobt sei, Celia Pizarro y Pinto, die er jedoch nicht liebe, so beteuerte er. In ihrer Naivität fragte Rosalía ihn, weshalb er denn mit einer Frau zusammen sei, die er gar nicht liebe. Esteban gab keine Antwort und wich ihrem Blick aus. Rasend vor Eifersucht und empört über die Feigheit und Leichtfertigkeit ihres Geliebten, warf sie ihm vor, dass er ein schlechter Mensch sei und sie ihn nicht wiedersehen wolle.
    Einige Monate später erfuhr Esteban, dass Rosalía ein Kind von ihm erwartete. Er war mittlerweile mit Celia verheiratet, die ebenfalls schwanger war, aber er konnte an nichts anderes denken als an seine verlorene Liebe und das Kind, das Rosalía ihm schenken würde. Er gab sich alle Mühe, Zuneigung für Celia zu empfinden, doch die Kälte und Oberflächlichkeit seiner Frau machten es ihm unmöglich, sie auch nur zu mögen. In seiner Verzweiflung nahm er all seinen Mut zusammen und ging zu Rosalía, die ihn jedoch, eifersüchtig und in ihrem Stolz verletzt, abwies. Tag für Tag erschien Esteban in der Kneipe, und da Rosalía ihn immer noch liebte, verzieh sie ihm einige Wochen später. Eines Tages stand sie mit einem alten Koffer am Hintereingang des Hauses der Martínez Olazábals, auf dem Arm ein Baby namens Onofrio, und wurde Teil des Personals. Keiner kannte die Wahrheit, auch nicht der kleine Onofrio, bis zu dem Tag, als Antonina die beiden in der Küche dabei ertappte, wie sie sich küssten.

    Francesca kehrte frisch gewaschen und umgezogen in die Küche zurück. Weder sie noch ihre Mutter verloren ein Wort. Jede in ihre eigenen Gedanken vertieft, schnitten sie Früchte für den Obstsalat, schmeckten Saucen ab, glasierten Schinken, schlugen Eischnee für die Baisers und wuschen Erdbeeren.
    Sofía erschien in der Küche und schlich sich von hinten an ihre Freundin an. Sie hatten sich seit Wochen nicht gesehen und redeten vor lauter Freude beide gleichzeitig aufeinander ein. Auch Antonina bekam ihren Anteil an Umarmungen ab. Sie war nicht überrascht, wusste sie doch, dass Sofía sie fast wie eine Mutter liebte. Angesichts von Celias Gleichgültigkeit hing Sofía verzweifelt an ihr, einer einfachen, ungebildeten, aber herzlichen und liebevollen Frau, die immer nach Vanille und frisch gebackenem Brot roch.
    »Ich würde ja lieber mit euch essen«, sagte Sofía, »aber meine Mutter hat eine hundsmiserable Laune, weil mein Vater so überstürzt nach Córdoba aufgebrochen ist. Sie ist stinkwütend, weil sie findet, dass es ein Affront gegen Señora Carmen und Aldos Verlobte Dolores ist. Was mag Papa dazu gebracht haben, so Hals über Kopf in die Stadt zu fahren?«
    Ohne eine Antwort zu geben, begleitete Francesca ihre Freundin noch ein Stückchen, ging aber nicht mit bis zum Haus. Auf der Veranda saß immer noch Señora Celia in ihrem mächtigen Sessel und blätterte in einer Zeitschrift. Sie verabschiedeten sich am Ende des Laubengangs, und während sie zusah, wie Sofía durch den Seiteneingang schlüpfte, um ihrer Mutter aus dem Weg zu gehen, spürte sie erneut die beklemmende Schuld ihres großen Geheimnisses auf sich lasten. Sie hatte dieses Gefühl lange nicht mehr gehabt und gedacht, sie wäre darüber hinweg. Aber als sie ihre Freundin am Nachmittag so gedankenverloren abseits ihrer Familie sitzen sah, wusste sie genau, an wen sie dachte.

    Die Nonnen an der Schule 25 de Mayo hatten Sofía eingetrichtert, sich von den Jungen fernzuhalten. Der Aufruhr der Gefühle und das wilde Herzklopfen seien des Teufels. In solchen Fällen seien ein Schluck Essig und ein Rosenkranzgebet, auf grobkörnigem Salz kniend, fromme Mittel, um wieder zur Besinnung zu kommen und Luzifer zu vertreiben. Sofía, benommen von Nandos Anziehungskraft, dem Aufruhr der Gefühle und dem wilden Herzklopfen, vergaß den Essig, den Rosenkranz und das grobkörnige Salz und gab sich ihm Hals über Kopf hin. Francesca, die noch nie verliebt gewesen war, erlebte die heimliche Leidenschaft ihrer Freundin hautnah mit und sehnte sich danach, eines Tages genauso zu lieben.
    Nach einiger Zeit wurde der sachlich veranlagten Francesca klar,
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