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Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)

Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)

Titel: Warum ich kein Christ bin: Bericht und Argumentation (German Edition)
Autoren: Kurt Flasch
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Augustin.    [69]   Die Evangelien behaupten, Augenzeugenberichte zu sein. Sie sind es aber nicht. Dies belegen allein schon die Berichte über das leere Grab.

    3.3) Auch die Apostelgeschichte spricht nicht aus Augenzeugenschaft. Dies zeigen allein schon die Berichte über die Bekehrung des Paulus.

    3.4) Jesus und Paulus haben das nahe Weltende verkündet. Erlösung war, wenn nicht die Befreiung von der römischen Besatzung, so doch die Wiederkehr des hingerichteten Jesus in Herrlichkeit. Das 2. Jahrhundert verarbeitete die Erfahrung der ausbleibenden Parusie durch Hellenisierung, mit Dogmenbildung, Sakramentenlehre und Rejudaisierung; der Klerus verstand seine Hierarchie zunehmend nach alttestamentlichem Vorbild. Das hat später viele Falschbehauptungen zugunsten des Bischofs von Rom ermöglicht.

    3.5) Die theologische Spekulation behauptet Unvereinbares. Sie konnte nicht einmal ihre Lehre von der Trinität (drei Personen, jede eine substantia naturae intellectualis , in einer ‹ usia ›) kohärent formulieren. Sie behauptete drei Personen, definierte ‹Person› als individuelle Substanz geistiger Natur, lehrte, Gott sei ein einziges Wesen und definierte dabei ‹Wesen› nicht als allgemeine Artbestimmung, was drei Götter ergeben hätte, sondern als einheitliche Substanz. Sie schaute nicht genau hin, wenn Augustin sagte, er wisse nicht, was hierbei ‹Person›, persona , bedeute. Und außerdem war seit dem 16. Jahrhundert klar erkennbar: Die Trinitätslehre von Nicea, Augustins und der Scholastik steht nicht im Neuen Testament . Sie ist eine inkongruente Konstruktion des 4. und 5. Jahrhunderts.

    3.6) Divergierende Aussagen des Neuen Testaments und lebhafte Streitigkeiten veranlaßten theologische Konstrukteure zur Lehre von zwei Naturen in Christus. Seit dem Konzil von Chalcedon 451 ist ihr Jesus im Vollsinn Mensch, hat also menschlichen Verstand und menschlichen Willen, und er ist zugleich im Vollsinn wesensgleich Gott, hat also göttliche Einsicht und allmächtigen göttlichen Willen. Es ist nicht zu verstehen, wie ein- und dieselbe Person zwei Bewußtseine in sich vereint. Zudem widerspricht das Jesusbild der Evangelien der unsinnigen Annahme, in Jesus gebe es zwei Bewußtseine und zwei Willen. Demnach weiß er als Mensch den Jüngsten Tag nicht, den er als allwissender Gott gleichzeitig kennt.

    3.7) Augustins theologische Spekulation erfand den Ungedanken vererbbarer Schuld. Sein Sexismus verband deren Weitergabe durch den Geschlechtsakt. Tod und Geburtsschmerzen erklärte er zu Folgen von Adams Sünde. Das Konzil von Karthago 418 und andere Kirchenversammlungen erhoben Augustins Erbsündenlehre und Gnadentheorie zur allgemeine Kirchenlehre, die Luther noch verschärfte. Der Brief des Paulus An die Römer deckt sie nur teilweise. Augustins Zeitgenosse Julian von Eclanum wies nach, sie sei unbiblisch und unvernünftig. Er zeigte, Augustins Theorie beruhe auf der Falschübersetzung von Römerbrief  5,12. Augustin fuhr mit seiner falschen Auslegung fort, und die römische Kirche folgte ihm auch noch auf dem Konzil von Trient, nachdem humanistische Gelehrte Julians Kritik an Augustins Fehlübersetzung bestätigt hatten.

    3.8) Wenn Jesus die zweite Person der Gottheit ist, wesensgleich dem Vater, und wenn er durch seinen Tod Gott mit den Menschen versöhnt, dann hat er sich mit sich selbst versöhnt. Als Gott hätte er das einfacher haben können.

    3.9) Exegetische Mängel, philosophische Unaufmerksamkeit und klerikale Selbsterhöhung schufen von der Verurteilung Berengars bis zum Laterankonzil von 1215 die Abendmahlslehre, die das Wesen des Brotes seiner Substanz nach für verwandelt erklärt, während die Broteigenschaften bleiben, die sog. Transsubstantiationslehre. Diese spricht die aristotelische Sprache, steht aber im Widerspruch zur Philosophie des Aristoteles. Das haben Philosophen seit dem Mittelalter durch subtile Analysen nachgewiesen.

    3.10) Als die römische Kirche die intellektuelle Führung verloren hatte und der Kirchenstaat gefährdet war, stärkte sie ihre Position mit neuen Dogmen: Die unbefleckte Empfängnis der Maria ( immaculata conceptio ) 1854, die Unfehlbarkeit des Papstes 1870 und die Aufnahme Mariens in den Himmel anno 1950. Diese Machtsprüche der Päpste waren alle unvereinbar mit dem Glaubensbewußtsein der alten Kirche. Den Bischöfen, die historisch gebildet waren wie Carl Joseph Hefele, gerann bei solchen Übergriffen das Blut. Die gelehrtesten
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