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Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Titel: Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?
Autoren: Richard David Precht
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einem Ei entsprungen ist. Solche Geschichten gibt es in Osteuropa, in Nordasien, bei den Griechen, den Persern und den Ägyptern. Auch die alten Chinesen kennen den Ursprung der Welt aus dem Ei. Es ist die Erzählung vom Riesen Pangu. Zunächst war er ein winziger Zwerg und wurde aus einem Urei geboren, und zwar vor ziemlich genau 18 000 Jahren. Aus der unteren Hälfte der Eierschale entstand Yin – die Erde. Und aus der oberen Eierschale wurde Yang – der Himmel. Dazwischen eingeklemmt wuchs Pangu zu einem Riesen heran und zerbrach in viele kleine Teile: in den Mond, die Sonne, die Berge, die Flüsse, den Wind und so weiter. Ein ganz besonderes Schicksal aber ereilte die Flöhe auf seiner Haut. Aus ihnen entstanden die Menschen.
Aber Papa, diese Geschichten stimmen doch gar nicht! All diese komischen Götter und Eier.
Nein.
Aber warum erzählst du sie mir dann? Geschichten erzählen, die nicht stimmen – ist das Philosophie? Da kann man sich ja gleich Geschichten ausdenken so wie aus » Star Wars« oder so …
Ja, das könnte man. Jeder kann sich seine eigene Geschichte ausdenken, woher die Welt kommt. Und weißt du, woran das liegt? Weil man niemals herausfinden wird, was die Wahrheit ist.
Aber was wir gesehen haben, ist doch die Wahrheit. Das Universum ist durch den Urknall entstanden.
Ja, das vermuten wir. Jedenfalls, soweit wir das heute wissen. Vielleicht gibt es aber auch bald eine neue Theorie. Und in hundert Jahren sieht man die Sache wieder anders. Genau wissen werden wir es nie.
Wenn es den Urknall gab, wodurch alles auseinandergeflogen ist, dann muss es auch etwas vorher gegeben haben, vor dem Urknall.
Ja, so einen riesigen Klumpen.
Und der Klumpen, wo kommt der her?
Das ist ja das Problem. Wenn die Welt aus einem Ei entsprungen sein soll, woher kommt dann das Ei? Und wenn am Anfang ein Klumpen war, woher kommt dann der Klumpen? Schon die alten griechischen Philosophen haben sich mit dieser Frage beschäftigt und festgestellt: » Aus nichts entsteht nichts!«
Papa, heißt das, es gibt keine Antwort?
Ich fürchte, da hast du recht, Oskar. Erinnerst du dich, dass ich dir mal gesagt habe: Die echten philosophischen Fragen sind die, auf die es keine sichere Antwort gibt …?
Und auf meine Frage gibt es keine?
Nun, manchmal gibt es Fragen, auf die man NOCH keine sichere Antwort weiß. Zum Beispiel wusste man lange nicht, was Strom ist. Also konnte man sich nicht erklären, was ein Blitz ist. Man dachte, dass ein Gott auf einer dunklen Wolke sitzt und die Blitze schleudert oder etwas Ähnliches. Heute wissen wir das besser und können Blitze genau erklären. Aber es gibt auch Fragen, auf die es immer schwer sein wird, eine sichere Antwort zu geben. Und das sind die echten philosophischen Fragen.
Zum Beispiel meine Frage, Papa?
Genau. Deine Frage ist noch nicht einmal irgendeine philosophische Frage. Es ist die größte und schwerste philosophische Frage überhaupt. Aber vielleicht erinnerst du mich am Ende unseres Buches noch einmal daran. Denn wenn wir über alles nachgedacht haben, über das wir zusammen nachdenken wollen – wer weiß, vielleicht fällt uns dann am Ende eine Antwort ein, die uns trotz allem zumindest halbwegs zufrieden stellt …?
    Auf jeden Fall haben wir eine erste philosophische Einsicht gewonnen:
    Nicht jede philosophische Frage lässt sich beantworten. Auf viele gibt es nur ungefähre Antworten. Und viele davon führen sofort zu neuen Fragen.
    Denn wenn man schon nicht sagen kann, warum es alles gibt und nicht nichts – kann man dann nicht zumindest sagen, warum es Menschen gibt?
    = Warum gibt es mich?

Im Museum für Naturkunde (2)

    Warum gibt es mich?
    In einem etwas abgedunkelten Raum des Museums steht eine riesige Glasvitrine, so groß wie eine Wand. Von den kleinsten Käfern bis zu Nebelpardern und Geparden sieht man hier all die verschiedenen Tiere unseres Planeten: einen großen Storch, den Schuhschnabel, daneben Löffelreiher, Kraniche, Weißkopfseeadler und Doppelhornvögel. Jeder Schnabel hat eine andere Form und ist zu etwas anderem gut. Bei jeder Tiergruppe sieht man, wie sie sich in der Evolution zu vielen verschiedenen Formen entwickelt hat.
    Angefangen hat alles einmal ganz einfach. Vor unvorstellbar langer Zeit, vor etwa 3 , 5 Milliarden Jahren, entwickelte sich zum ersten Mal das Leben und bildete seitdem immer neue Formen. Wenn man in einen Seitenflügel des Museums geht, kommt ein besonderer Raum. Nur wenige Besucher dürfen gleichzeitig hier rein. Es ist kalt
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