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Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1

Titel: Warum Burnout nicht vom Job kommt. - die wahren Ursachen der Volkskrankheit Nr. 1
Autoren: Random House
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Neues. Und es ist im Grunde auch nicht verkehrt. Diese Strategien zur Selbstsorge wende ich für mich persönlich ebenfalls an. Bücher und Zeitschriften empfehlen sie ebenfalls immer wieder. Ratschläge wie „Ruh dich aus!“ oder „Nimm dir Zeit für Yoga oder Sport!“ oder „Fahr doch einmal weg!“ hatten die Teilnehmer schon mehrfach gehört. Anfangs hatten sie das auch versucht. Aber die meisten erkannten schnell, dass diese Pausen nur noch mehr Stress verursachen. Ein verlängertes Wochenende hätte den Druck beispielsweise nur noch mehr erhöht, da die gesamte Arbeit nun schon bis Donnerstag geschafft werden musste. Und wenn das Pensum in so kurzer Zeit nicht zu bewältigen war, musste nach dem Mini-Urlaub schon wieder aufgearbeitet werden. Und selbst wenn sie frei bekommen hätten: Eine Pause allein hätte nichts am Zustand der inneren Leere geändert.
    Als ich das hörte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Natürlich, es darf nicht vergessen werden, dass Burnout ein Zustand der seelischen Erschöpfung ist. Damit leuchtet ein, dass körperliche Entspannung allein nicht helfen kann!
    Ich muss also tiefer graben, um an die Ebene heranzukommen, auf der sich die Krankheit manifestiert. Dabei fiel mir wieder das Nicht-Nein-Sagen-Können ein. Diese Unfähigkeit war für viele Teilnehmer der Anlass, um sich für das Seminar anzumelden: „Ich möchte ohne schlechtes Gewissen Nein sagen können“ ist eine der häufigsten Erwartungen der Teilnehmerinnen. Männer sagen oft: „Ich will mich wieder spüren.“ Wenn ich solche Aussagen höre, komme ich als Psychotherapeutin nicht umhin, eine Ich-Schwäche zu vermuten – und ich frage mich, wo der Mut zum Widerstand verloren gegangen ist. Widerstand leisten, Nein sagen, steckt tief in uns Menschen drin. Kinder machen dies ganz natürlich. Wenn ein Zweijähriger Nein sagt, liegt darin eine unheimliche Kraft. Warum ist meinen Teilnehmern diese Entschlossenheit abhandengekommen? Warum schaffen sie es nicht, sich von anderen abzugrenzen? Warum setzen sie sich unter Druck, obwohl es gar nicht nötig ist?
    Vielleicht ist diese Energie bei ihnen anderswo gebunden? Angenommen, die Ich-Stärke steht nicht frei zur Verfügung: Dann können sie leicht in die Ecke gedrängt werden.
    Das Umfeld kann nicht an allem schuld sein. Nicht das ständige Klingeln des Handys und die tausend Fragen der Kollegen sind das Problem, sondern die Tatsache, dass sie es zulassen, gestört zu werden. Sie könnten genauso gut die Tür schließen und das Handy ausschalten. Der Druck und die Verdichtung der Arbeitswelt sind offensichtlich nur ein Symptom des Nicht-Nein-Sagen-Könnens.
    Die spannende Frage ist aber: Warum lassen sich diese Personen so vieles gefallen, obwohl es ihnen gegen den Strich geht? Für irgendetwas anderes müssen sie unverhältnismäßig viel Energie aufwenden, die ihnen dann im Alltag fehlt.
    Einen Schlüssel zu diesem Geheimnis lieferte Bettina, die Leiterin des Altenheimes aus meinem Pilotprojekt. Bei der Vorstellungsrunde hatte sie gesagt, sie wolle wieder zu sich finden. Und sie war froh, nur unter Frauen zu sein. Was genau sie damit meinte, verstand ich erst später, als von anderen Gruppen ähnliche Aussagen kamen.
    Bettina war die Erste, die ihren Partner ins Spiel brachte. Er würde bei der Familienarbeit nicht mitziehen. Jedes Mal, wenn sie mit Freundinnen abends ausgehen wollte, müsse sie alle Details wie Essen und Zubettgehzeiten vorab organisieren und klären. Selbst einfache Dinge wie den Müll wegzubringen oder die Spülmaschine auszuräumen würde ihr Mann konsequent vergessen – obwohl er Freiberufler sei und häufig von zu Hause aus arbeiten würde.
    Das Interessanteste an dieser Geschichte war jedoch wieder nicht ihr Inhalt, sondern wie die anderen Teilnehmerinnen darauf reagierten. Kaum hatte Bettina das Thema eröffnet, überschlugen sich die anderen mit ihren Erfahrungen. Beispielsweise Jessica: „Mein Mann geht frühmorgens aus dem Haus, kommt abends zurück und sieht die Wohnung immer nur aufgeräumt und sauber. Dass die Kinder tagsüber alles verschmieren, was in ihrer Reichweite liegt, dass sie alles verlegen, was sie selbst tragen können, dass sie zwischendurch schreien, weil sie sich stoßen oder streiten, Hunger haben oder einfach sauer sind – das alles kriegt mein Partner nicht mit. Selbst wenn er da ist, hat er keinen Blick für das, was notwendig ist. Er macht nur genau das, was ich ihm auftrage, aus eigenem Antrieb packt er nichts
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