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Wandlung

Wandlung

Titel: Wandlung
Autoren: A Baker
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reden will, falls euch das tatsächlich auch nur einen Scheißdreck kümmert, könnt ihr mich jederzeit finden. Wir begegnen uns im Flur, und du weichst meinem Blick aus. Du hältst mich und meine Jungs für den letzten Dreck. Komm runter von deinem hohen Ross, Mädchen. Dein Beitrag hier auf dieser Bohrinsel ist null, du kannst nicht das Geringste bewirken. Nicht mal die Schuhe kannst du dir selbst zubinden. Du sitzt bloß den ganzen Tag rum und frisst uns die Vorräte weg. Also tu bloß nicht so, als wäre ich derjenige, der die Nase hoch trägt.«
    Er starrte auf Jane herab. Sie war umgeben von Pin-ups an den Wänden, Frauen, die die Beine spreizten, sie in die Luft reckten. Er forderte sie heraus, hinzusehen. Sie hielt seinem Blick stand.
    »Ist angekommen. Fangen wir also noch mal ganz von vorn an, einverstanden? Der Gottesdienst ist um sieben Uhr. Wir würden uns alle freuen, euch dort zu sehen.«
     
    Jane sprach ein Gebet.
    »Vater, beschütze unsere Lieben in dieser finsteren Stunde. Wir vertrauen sie Deiner Gnade an. Herr, erbarme Dich unser und erhöre unsere Gebete.«
    Nail und seine Truppe saßen in der letzten Reihe und schauten zu.
    Man sang »Allmächtiger Vater, gib uns Kraft«, das Lied der Seefahrer.
    Jane sprach den Segen über ihre kleine Gemeinde. Dann erhob sich Rawlins und verkündete die Neuigkeiten:
Die Oslo Star sei gar nicht ausgelaufen, es sei jedoch ein zweites Schiff unterwegs, ein Unterstützungsdampfer für die Ölmannschaften namens Spirit of Endeavour . Er werde gegen neun am nächsten Morgen eintreffen, sich jedoch nicht lange aufhalten, weshalb jeder besser zusammenpacken und sich abmarschbereit machen solle.
     
    Der Zeitpunkt war gekommen, die Plattform in den Winterschlaf zu versetzen. Rawlins wies jedem eine Aufgabe zu.
    Jane machte die Hauptstraße dicht, legte die Schalter in einem an der Wand angebrachten Sicherungskasten um und löschte die angeschlagenen Neonleuchten, die summend und flackernd über jeder der verlassenen Ladeneinheiten hingen, Starbucks, Café Napoli, Blockbuster. Die Ladenschilder erloschen flackernd.
    Jane schnappte sich ein Schlüsselbund und riegelte das Deck C ab. Punch begleitete sie.
    »Nettes Gebet«, sagte Punch. »Ich hab ein paar Jungs sagen hören, dass es ihnen gefallen hat. Yakov, er ist katholisch.«
    Auf jedem Flur waren in der Decke eine Reihe von Feuerschutztüren eingelassen. Im Falle einer Explosion würden sie herunterfallen, um ein Ausbreiten der Flammen zu verhindern. An jeder Abzweigung drehte Jane einen nummerierten Schlüssel in der Wand, worauf eine der Feuerschutztüren wie ein Fallgatter herabrasselte.
    »Ich wette, die meisten von denen wussten nicht mal, dass wir hier eine Kapelle haben.«
    »Glaubst du, Gebete werden erhört?«, wollte Punch wissen.

    »Sie helfen einem, seinen Ängsten Ausdruck zu verleihen.«
    »Wäre eine hübsche Vorstellung – wenn es im Himmel jemanden gäbe, der einen küsst, und alles wäre wieder gut.«
    »Vor ein paar Jahren hab ich meinen Wagen gegen einen Baum gefahren«, sagte Jane. »Es hieß, ich sei drei Minuten lang tot gewesen. Eins kann ich dir mit Sicherheit sagen, es gibt keinen Gott, kein glückliches Leben nach dem Tod. Genaugenommen bin ich deswegen Priesterin geworden. Das Leben ist kurz, und die Menschen haben etwas Besseres verdient als immer nur Arbeit und ein bisschen Shopping zur Entspannung. Sie brauchen einen Sinn. Einen Ort, wo sie hingehören.«
    Sie standen im Durchgang zum Treppenschacht. Jane zog ein Funkgerät aus ihrer Tasche.
    »Deck C klar.«
    Das gleichförmige Summen der Heizungsventilatoren erstarb. Irgendwo hoch über ihnen hatte Rawlins eine Reihe von Trennschaltern auf AUS umgelegt. Eines nach dem anderen erloschen die Lichter im Flur.
     
    Am nächsten Morgen versammelte sich die Besatzung in der Kantine. Alle brachten ihre Seesäcke und Koffer mit. Bekleidet waren sie mit Parkas und Schneestiefeln, sie sahen aus wie Touristen in einer Abflughalle.
    Sie sahen fern.
    Berlin im Chaos: Plünderungen, Einsatzwagen der Bereitschaftspolizei, brennende Autos. Durch Schwaden von Tränengas ist für einen kurzen Moment das Brandenburger Tor zu erkennen.
    Der Hafen von Bilbao: Flüchtlinge versuchen, eine Ankerkette zu erklimmen und an Bord eines Öltankers
zu gelangen. Seeleute sprengen sie mit einem Wasserwerfer herunter.
    Das Weiße Haus, Südseite: Der Präsident, umringt von Beamten des Secret Service, die mit Sturmgewehren bewaffnet waren. »… möge Gott uns
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