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Wandlung

Wandlung

Titel: Wandlung
Autoren: A Baker
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wieder weg, aber ihr könnt es gern versuchen.«

    Punch verteilte Kaffee und Sandwiches. Schweigend verfolgte die Mannschaft die Fernsehbilder. Alle wollten ihre Heimatstädte sehen, Birmingham, Glasgow, York. Jane hätte gern etwas über Cheltenham gehört, doch die Nachrichtenkanäle sendeten immer wieder dieselben Bilder. Irgendeine gottverdammte Epidemie fegte durch die Städte. War das etwa eine biologische Waffe? Eine spontan entstandene Mutation? Niemand wusste irgendwas. Die meisten Aufnahmen bestanden aus von Zuschauern gemailten, wackeligen Handyclips. Bewaffnete Polizisten im Einsatz gegen Supermarktplünderungen. Banden, die Wohntürme gegen Eindringlinge verbarrikadierten, sie zu einem Stadtstaat erklärten. Ein Premierminister, der die Menschen beschwor, den Mut nicht zu verlieren, und Gott anrief. Experten, die in den Fernsehstudios über Ebola, AIDS und hämorrhagisches Fieber diskutierten.
    Jane leistete Punch in der Kantinenküche Gesellschaft und half beim Käseraspeln. Ein Raum aus Stahl mit Ausgabetheken, Bräter, Spülmaschinen und Mixer. Es roch nach frischem Brot.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte Punch.
    »Einigermaßen«, sagte Jane.
    »Möchtest du darüber sprechen?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Alles beschissen.«
    »Das im Fernsehen? Ich hab während der letzten Tage Ausschnitte gesehen. Hab versucht, nicht darüber nachzudenken.«
    »Meine Mutter wohnt in Cardiff«, sagte Punch.
    »Im Zentrum?«
    »In Riverside.«
    In den Nachrichten waren flüchtige Bilder aus Cardiff
zu sehen gewesen, ein Teil des Stadtzentrums stand in Flammen. Ein Kaufhaus hatte Feuer gefangen, und der Brand hatte sich von Haus zu Haus ausgebreitet. Schwarzer Rauch über den Dächern der Stadt, ein Kirchturm, der in einer Wolke aus Trümmerstaub in sich zusammenfiel. Es gab keine Löschmannschaften mehr, die darauf hätten reagieren können.
    »Sie wird schon zurechtkommen«, meinte Jane. »In Situationen wie diesen wissen die Menschen, was zu tun ist. Die Speisekammer auffüllen, die Haustür abschließen und sich aus allem raushalten.«
    »Ich sollte dort sein.«
    »Es sind drei Tage bis Narvik. Und von dort vier Stunden bis zum Flughafen von Birmingham.«
    »Und was dann? Sieht nicht so aus, als ob die Züge fahren würden.«
    »Klau ein Fahrrad, fahr per Anhalter. Du wirst schon eine Lösung finden.«
    »Hast du Familie?«, fragte er.
    »Meine Mutter und meine Schwester leben in Bristol.«
    »Was meinst du, geht es ihnen gut?«
    »Du hast doch den Aufstand im Fernsehen gesehen. Dort geht es richtig hart zur Sache. Mein Dad lebt schon lange nicht mehr. Sie haben niemanden mehr, der sich für sie einsetzt.«
    »Komm nach Cardiff. Wir haben ein Zimmer übrig.«
    »Ausgeschlossen.«
    »Im Ernst. Wir werden in einem Kriegsgebiet landen. Du wirst ein Fleckchen brauchen, wo du hingehen kannst.«
     
    Punch hauste in einem Lagerraum hinter der Küche. Er zerrte ein paar Seesäcke unter seiner Koje hervor und
machte sich daran zu packen. Jane saß auf einem Stuhl in der Ecke und nippte schwarzen Kaffee.
    Der Fußboden war übersät mit Kleidungsstücken, Jeans, so eng, dass Jane sie nicht einmal über ihren Knöchel hätte streifen können.
    »Ist vielleicht ein bisschen überstürzt«, meinte Punch. Er legte seine weiße Kochkleidung mitsamt blauer Schürze ab. »Unter der Woche muss ich die Hälfte von dem Zeug wahrscheinlich wieder auspacken. Dabei will ich nur noch weg hier.«
    »Du magst Comics?«, fragte Jane. An der Wand hingen Poster von Batgirl, Ghost Rider, Spawn.
    »Deswegen bin ich ja hier. Sechs Monate ohne jede Ablenkung. Ich war fest entschlossen, mein Meisterwerk zu zeichnen, wollte ganz groß rauskommen. Sogar meine Farben hab ich mitgebracht. Und mein Zeichenbrett.«
    »Hast du die Lust verloren?«
    »Hab meine Zeit verplempert. Es ist doch so … Wie sieht ein Held heutzutage aus? Muskulöser Körper im Lycra-Anzug? Das Leben ist längst kein Wettstreit körperlicher Kräfte mehr. Es gibt nur noch Jobs, Banken, Steuern, die ganze langweilige gesellschaftliche Realität. Die Faust ist keine Lösung mehr. Diese Zeiten sind lange vorbei.«
    »Mach dir nichts draus. So ziemlich jeder hier auf dieser Bohrinsel hängt in einer Warteschleife fest.«
    »Geht’s dir auch bestimmt gut?«
    »Vielleicht wechsele ich später das Zimmer. All diese Verzweiflung, der Geruch bleibt in der Luft hängen wie Zigarettenqualm.«
     
    Jane suchte sich ein neues Zimmer und packte aus. Das Zimmer war identisch mit ihrem
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