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Walisischer Sommer

Walisischer Sommer

Titel: Walisischer Sommer
Autoren: Penny Jordan
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nahm, jedoch nicht damit gerechnet, daß er so offen zeigte, wie sehr sie ihn verletzt hatte. Männer wie Daniel Geshard kontrollierten nämlich nicht nur die eigenen Gefühle, sondern auch die der Menschen um sie her. Deshalb hätte sie ihm zugetraut, er würde ihr zu verstehen geben, wie wenig ihn ihre Abneigung störte. Aber er tat nichts dergleichen. Sie sah nur dieses eigenartige Leuchten in seinen grauen Augen. Wie leicht könnte ich bei diesem Blick schwach werden, überlegte sie. Aber sie war auf der Hut.
    „Sie sind sich offenbar Ihrer Sache sehr sicher”, meinte er schließlich.
    „Ja, richtig”, antwortete Christa bestimmt. „Ich kenne mich eben selbst sehr gut.”
    „Sich selbst? Oder die Person, die Sie sein möchten? Sie wissen doch, wie anstrengend es ist, die eigene Persönlichkeit streng zu analysieren, nicht wahr?”
    Sie schaute ihn ärgerlich an. „Sie wissen natürlich, wovon Sie reden. Was haben Sie eigentlich gemacht, bevor Sie sich diesen modernen, pseudo-professionellen Propheten und Runenlesern angeschlossen haben?” Sie legte es darauf an, ihn zu provozieren, und rechnete damit, daß nun der Sturm losbrach, daß es in Daniel Geshards grauen Augen aufblitzte und er ihr seinerseits Beleidigungen an den Kopf warf.
    Doch sie wurde enttäuscht, denn er erwiderte nur: „Ich war Professor der Psychologie an der Universität in Oxford. Ich will sie nicht drängen, aber wir sollten uns bald auf den Weg machen. Ich möchte zurück sein, ehe es dunkel wird. Während der vergangenen Wochen war es nämlich ziemlich windstill, so daß es mit der Stromversorgung kleinere Probleme geben könnte. Ich muß vielleicht den Generator einschalten …”
    Christa empfand hilflose Wut, nicht nur auf ihn, sondern vor allem auf sich selbst. Ruhig und sachlich hatte er ihre unverschämte Frage beantwortet, Christa unauffällig in die Schranken gewiesen und dann auch noch rasch und geschickt das Thema gewechselt.
    Er war Professor für Psychologie …
    „Im Prospekt sind die Qualifikationen aller unserer Mitarbeiter aufgeführt”, erklärte er so sachlich, daß Christa sich schämte und ihr die Röte in die Wangen stieg.
    „Einen Generator?” wiederholte sie und versuchte, sich seiner Taktik zu bedienen, indem sie nicht auf seine Bemerkung einging. „Wollen Sie damit sagen, daß Sie über keine geregelte Stromversorgung verfügen?”
    „Wir sind nicht an das örtliche Stromnetz angeschlossen”, antwortete er. „Wir gewinnen die Energie selbst durch Windmaschinen, weil wir möglichst umweltschonend und unabhängig leben wollen. Außerdem bauen wir Obst und Gemüse an. Nur mit dem Fleisch hat es nicht so ganz geklappt, denn die Schafe wurden so zahm, daß wir es nicht übers Herz brachten, sie schlachten zu lassen. Dasselbe passierte uns mit den Hühnern”, erklärte er.
    Bei ihren Reisen nach Indien und Pakistan hatte Christa die schwierigen Lebensumstände der Menschen in den Dörfern kennengelernt. Dort kann man sich nicht erlauben, die Nutztiere als zahme Haustiere zu halten, überlegte sie deshalb leicht irritiert.
    Und so, als könnte er ihre Gedanken lesen, fügte er ruhig hinzu: „Ja, ich weiß, was Ihnen durch den Kopf geht. Wahrscheinlich haben Sie recht. Aber möchten Sie diejenige sein, die ein Todesurteil unterzeichnet?”
    Sie war beunruhigt über sein scharfes Wahrnehmungs- vermögen.
    „Es kommt darauf an, wessen Name auf der Liste steht”, erwiderte sie vielsagend.
    Sie war überrascht, als er plötzlich laut auflachte, und ärgerte sich auch ein wenig, denn sie hatte gehofft, er sei beleidigt und in seinem Stolz verletzt. Statt dessen erwies er sich als humorvoll und tolerant.
    Daniel Geshard ist gefährlich, sagte sie sich unbehaglich. Aber da sie nun wußte, wer und wie er war, brauchte sie nicht zu befürchten, daß die Gefühle, die bei der ersten Begegnung mit ihm auf sie eingestürzt waren, nicht wieder auflebten – oder täuschte sie sich da vielleicht?
    „Was haben Sie?”
    Angespannt bemerkte Christa, wie persönlich seine Frage klang, als würde er genau wissen, daß sie beunruhigt war.
    „Nichts”, erwiderte sie jedoch ein wenig zu rasch und blickte ihn kühl an. „Sie haben mich nur mitten in einer wichtigen Arbeit gestört, sich irgendwie Zugang in mein Haus verschafft und versuchen nun, die Kontrolle über mein ganzes Leben zu übernehmen …”
    „Es war allein Ihre Entscheidung, mein Angebot anzunehmen. Sie hätten genausogut ablehnen können”, erwiderte er
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