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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur
Autoren: Henry David Thoreau
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als jeder andere
    Reisende, in allen Klimaten beheimatet wärest und die Sphinx dazu brächtest, ihren Kopf an einem Stein zu zerschmettern, auch dann beherzige die Vorschrift der alten Philosophen und
    »Erkenne dich selbst«. Das aber erfordert Augen und Mut. Nur wer in den Krieg zieht, kann geschlagen und fahnenflüchtig werden - Feiglinge laufen davon. Brich auf, noch in diesem Augenblick, auf dieser fernsten Straße gen Westen, die weder am Mississippi halt macht noch am Pazifik, sondern in direkter Linie zu deiner wahren Sphäre führt im Sommer und im Winter, bei Tag und bei Nacht, beim Untergang der Sonne und des Mondes und endlich auch in die Erde hinunter.
    Es heißt, Mirabeau habe Straßenräuberei betrieben, »um
    festzustellen, welches Maß an Entschlossenheit nötig sei, um sich selbst in entschiedenen Gegensatz zu den unumstößlichen Gesetzen der menschlichen Gesellschaft zu setzen«. Er
    erklärte, daß »ein Soldat, der in der Linie kämpft, nicht halb
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    soviel Mut braucht wie ein Wegelagerer«, - »daß Ehre und Religion einen wohlüberlegten, festen Entschluß nicht
    aufzuhalten vermögen«. Das war im landläufigen Sinn
    männlich; und doch war es ein müßiges, wenn nicht ein
    verzweifeltes Unternehmen. Ein vernünftiger Mann dürfte sich oft genug »in entschiedenem Gegensatz« zu den sogenannten
    »unumstößlichen Gesetzen der menschlichen Gesellschaft«
    befinden, wenn er noch unumstößlicheren gehorcht und so seine Entschlußkraft erprobt, ohne von seinem Weg
    abzuweichen. Es steht dem Menschen nicht zu, eine solche Haltung gegen die Gesellschaft einzunehmen, vielmehr sollte er jener Überzeugung treu bleiben - welcher Art immer sie sei -, die ihm der Gehorsam seinen inneren Gesetzen gegenüber
    vorschreibt, Gesetzen, die niemals im Gegensatz zu einer gerechten Regierung stehen werden, sofern er das Glück hat, unter einer solchen zu leben.
    Ich verließ den Waldensee aus einem ebenso triftigen Grund wie es jener war, der mich hingeführt hatte; vielleicht in dem Gefühl, daß ich noch verschiedene andere Leben zu leben hätte und für dieses eine nicht mehr Zeit aufbringen könne. Es ist merkwürdig, wie leicht und unmerklich wir in eine bestimmte Route verfallen und sie zu einem ausgefahrenen Geleise für uns machen. Ich war noch keine Woche am Waldensee, und
    schon hatten meine Füße von meiner Tür zum Seeufer einen Pfad getreten. Obwohl es jetzt schon fünf oder sechs Jahre her ist, daß ich ihn zuletzt gegangen bin, ist er immer noch deutlich erkennbar. Ich fürchte allerdings, daß auch andere ihn benutzt und zu seiner Erhaltung beigetragen haben. Die Erdoberfläche ist weich und nimmt leicht den Eindruck der Menschenfüße an; so ist es auch mit den Wegen, die der Geist beschreitet. Wie ausgefahren und staubig müssen demnach die großen Straßen der Welt sein, wie tief die Furchen von Überlieferung und Schematisierung! Ich wollte die Reise nicht als
    Kajütenpassagier machen, lieber wollte ich vor dem Mast, auf dem Deck der Welt stehen, denn dort konnte ich am besten das Mondlicht auf den Bergen sehen. Und ich habe auch jetzt nicht den Wunsch, unter Deck zu gehen.
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    Eines habe ich zumindest durch mein Experiment gelernt: Wer vertrauensvoll auf seinem Traumweg vorwärts schreitet und bestrebt ist, das Leben, das er sich vorgestellt hat, zu leben, wird von einem Erfolg begleitet sein, der gewöhnlich nicht zu erwarten ist. Er wird manche Dinge zurückstellen, wird eine unsichtbare Grenze überschreiten; neue, weltumfassende und freiere Gesetze werden sich in ihm und um ihn bilden; die alten Gesetze hingegen werden sich erweitern und in einem freieren, ihm gemäßeren Sinne deuten lassen, und er wird in der
    Ungebundenheit einer höheren Daseinsordnung leben. Im
    selben Verhältnis, in dem er sein Leben vereinfacht, werden ihm die Gesetze des Weltalls unkompliziert erscheinen.
    Einsamkeit wird nicht Einsamkeit, Armut nicht Armut und Schwäche nicht Schwäche sein. Hast du Schlösser in die Luft gebaut, muß deine Arbeit nicht unnütz gewesen sein; denn gerade dort sollten sie stehen. Jetzt gib ihnen das Fundament.
    Es ist lächerlich, wenn England und Amerika verlangen, du solltest so reden, daß sie dich verstehen. So sind weder Menschen noch Pilze gewachsen. Als ob das von Wichtigkeit wäre und als ob es außer ihnen nicht genug andere gäbe, die einen verstehen. Als ob die Natur über nicht mehr als ein Verständigungsmittel verfüge, sich mit ihrer Hilfe
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