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Walden Ein Leben mit der Natur

Walden Ein Leben mit der Natur

Titel: Walden Ein Leben mit der Natur
Autoren: Henry David Thoreau
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nicht Vögel gerade so gut wie Vierfüßler, fliegende wie kriechende
    Geschöpfe in ihrem Dasein behaupteten und als ob das Wie und Wo, das Mister Smith verstehen kann, das beste Englisch sei. Als ob die Dummheit allein Gewähr für Sicherheit böte! Ich befürchte vor allem, daß meine Ausdrücke nicht extravagant genug sein könnten - nicht weit genug über die engen Grenzen meiner täglichen Erfahrungen hinauslangten, um jener
    Wahrheit zu genügen, von der ich überzeugt bin. Extravaganz!
    Es kommt ganz darauf an, wie eng die Grenzen sind. Der
    umherziehende Büffel, der in anderen Längengraden nach
    neuen Weidegründen sucht, ist nicht so extravagant wie die Kuh, die den Eimer umstößt, über den Zaun springt und
    während der Melkzeit ihrem Kalb nachsetzt. Ich möchte an einem Ort ohne Grenzen sprechen, wie ein Mensch in seinem wachen Augenblick zu Mitmenschen in ihren wachen
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    Augenblicken; denn ich bin überzeugt, daß ich gar nicht genug übertreiben kann, um auch nur das Fundament eines wahren Ausdrucks zu legen. Hat je einer, der den Klang der Musik vernommen hat, sich davor gefürchtet, künftig extravagant zu reden? Im Hinblick auf das Künftige oder Mögliche sollten wir vollkommen offen und ohne etwas vorauszubestimmen leben, denn in dieser Richtung sind unsere Konturen unklar und verschwommen; so wie unser Schatten eine unmerkliche
    Diffusion gegen die Sonne zeigt. Die flüchtige Wahrheit unserer Worte sollte stets die Unzulänglichkeit der Aussage
    durchblicken lassen. Ihr wahrer Gehalt wird augenblicklich übersetzt; nur ihr Wortdenkmal bleibt erhalten. Die Worte, mit denen wir unserem Glauben, unserer Frömmigkeit Ausdruck verleihen, sind nicht deutlich; für hochstehende Naturen jedoch sind sie bedeutungsvoll und tragen einen Duft wie von
    Weihrauch an sich. Warum werten wir alles von unten, von der tiefsten Stufe unseres Begriffsvermögens, und preisen das als gesunden Menschenverstand? Der gesündeste Verstand in
    dieser Beziehung ist der eines Schlafenden und drückt sich durch Schnarchen aus. Wir neigen manchmal dazu, die geistig Überbemittelten, die »Hundertfünfzigprozentigen«, mit den geistig Unterbemittelten, den »Fünzigprozentigen«, zu
    verwechseln, weil wir nur ein Drittel ihres Geistes zu schätzen wissen. Es gibt Menschen, die auch am Morgenrot etwas
    auszusetzen hätten, wenn sie je früh genug aufstehen würden.
    Wie ich höre, »sollen die Verse des Kabir vier verschiedene geistige Ebenen haben: Illusion, Geist, Intellekt und die gemeinverständlichen Lehren des Veda«. In dieser Weltgegend aber glaubt man sich darüber beschweren zu müssen, wenn die Schriften eines Mannes mehr als eine Deutung zulassen.
    Wenn England sich darum bemüht, die Kartoffelfäule
    auszurotten, will sich nicht endlich einmal jemand bemühen, die Gehirnfäule zu kurieren, die um so viel weiter verbreitet und verhängnisvoller ist?
    Ich glaube nicht, daß meine Ausführungen unklar sind, aber ich wäre stolz, wenn meine Blätter in dieser Hinsicht nicht mehr getadelt würden als das Eis des Waldensees. Käufer aus dem
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    Süden sprachen sich gegen seine blaue Farbe aus, die doch nur ein Beweis seiner Reinheit ist, als ob es schmutzig wäre; sie bevorzugten das Eis aus Cambridge, das weiß ist, aber nach Algen schmeckt. Die Reinheit, so wie die Menschen sie lieben, gleicht der Dunstschicht, die die Erde einhüllt, und nicht dem blauen Äther darüber.
    Man schreit uns dauernd die Ohren voll, daß wir Amerikaner und der moderne Mensch überhaupt geistige Zwerge seien, gemessen an den antiken Menschen, ja sogar an denen der Elisabethanischen Zeit. Was aber will man damit sagen? Ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe. Muß denn einer hingehen und sich aufhängen, bloß weil er einem Ge schlecht von Pygmäen angehört? Oder soll er nicht lieber versuchen, sich zu dem größten Pygmäen hinauszuwachsen? Es kehre
    doch jeder vor seiner eigenen Tür und bemühe sich, das zu sein, wozu er geschaffen ist.
    Wozu diese verzweifelte Jagd nach Erfolg, noch dazu in so waghalsigen Unternehmungen? Wenn ein Mensch nicht Schritt hält mit seinen Mitmenschen, dann kommt das vielleicht daher, daß er einen anderen Trommler hört. Soll er doch nach der Musik marschieren, die er vernimmt, einerlei aus welcher Ferne und aus welchem Takt. Es ist nicht wichtig, daß ein Mensch so schnell reift wie ein Apfelbaum oder eine Eiche. Soll er denn seinen Frühling zum Sommer machen? Wenn die
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