Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Waffenschmuggel

Waffenschmuggel

Titel: Waffenschmuggel
Autoren: Ambler
Vom Netzwerk:
seine Kindheit in Kasernen und Mannschaftsquartieren verbracht. Er wußte, wie neue Waffen aussahen und wie schnell sich durch Gebrauch und regelmäßiges Reinigen die Patina der Benutzung einstellte. Mindestens drei der Maschinenpistolen auf der Zeltplane konnten erst kürzlich ausgepackt worden sein; sie waren so wenig benutzt und gereinigt worden, daß an ihnen noch Spuren von braunem Schutzfett sichtbar waren. Ebenfalls neu waren die Munitionskisten, die Minen und die Handgranaten. Die Handgranaten waren zwar alten Typs, aber ihr grauer Farbanstrich war frisch, und die Schrauben blitzten.
    Der Graben wurde nur teilweise von den überhängenden Bäumen beschattet, und gegen elf Uhr schien die Sonne direkt hinein. Die Plantagenarbeiter waren Handwerker; sie verstanden sich darauf, die Gummibäume so vorsichtig anzuzapfen, daß sie nicht beschädigt wurden. Gräber schaufeln, und das auf einem Hügel, dessen Boden sich, entgegen den Zusicherungen von Leutnant Haynes, als steinhart erwies, gehörte nicht zu den Arbeiten, die sie mit Begeisterung anpackten. Die Erregung über das Ereignis vom Morgen, über den Anblick von zehn blutigen Leichen, hatte sich schnell gelegt. Als das dritte Grab ausgehoben war, hatten die meisten Männer ihre gewohnte gute Stimmung verloren. Kritische Stimmen über die Soldaten wurden laut, die im Schatten hockten und Tee tranken, während die anderen den Dreck wegräumten, den sie verursacht hatten. Es fielen sogar vernehmliche Bemerkungen, der Sekretär des Tuan könnte seine Beliebtheit noch steigern, wenn er selber eine Schaufel anpackte und sich an der Arbeit beteiligte.
    Girija überging diese unwürdige Zumutung gleichmütig. Die Unzufriedenheit der Plantagenarbeiter interessierte ihn aus ganz anderen Gründen. Er war sich jetzt nahezu sicher, in welcher Gegend die Bande ihr Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Nur zwei Männer des Begräbniskommandos waren unverändert guter Dinge geblieben. Im allgemeinen verstanden Malaien ihre Gefühle nur schlecht zu verbergen, und diesen beiden war die Befriedigung über den Gang der Ereignisse und die Art ihrer Tätigkeit anzumerken, obwohl sie sich alle Mühe gaben, eine finstere Miene zu zeigen wie die anderen. Girija sah sie eine der Leichen mit unmißverständlicher Genugtuung in das Erdloch werfen und sich dann schuldbewußt umblicken, weil sie einander zugegrinst hatten.
    Die beiden Männer kamen aus Awang, einem Dorf, das drei Meilen weiter westlich an einem Fluß lag. Früher gab es dort in der Gegend Zinnbergwerke, aber die verminderte Ausbeute und die steigenden Kosten hatten die Minen unrentabel gemacht. Seitdem waren die wenigen Arbeitskräfte von Awang von den Gummiplantagen aufgesogen worden.
    Ein paarmal war Girija im Dorf gewesen, um Krankengelder an Familien auszuzahlen, deren Männer im Hospital lagen; aber gut kannte er das Dorf nicht. Es lag am Ende einer kleineren Straße, die in den letzten Jahren so sehr verfallen war, daß man sie praktisch nur noch mit dem Fahrrad benutzen konnte. Hinter den alten Zinnbergwerken erstreckten sich die dschungelbedeckten Hügel bis hin zur thailändischen Grenze. In dieser üppigen Wildnis konnten sich kleine Gruppen trainierter Männer, die sich körperlich und seelisch auf ihre Umgebung eingestellt hatten, nahezu unbegrenzt lange gesund und munter erhalten. Es war damals ebensowenig möglich, diese Gegend polizeilich zu kontrollieren, wie den Strom chinesischer Guerillakämpfer aufzuhalten, der vom Norden her in die Halbinsel eindrang. Dörfer wie Awang wurden zu Stützpunkten für Terroristengruppen, die sich vorsichtig nach Süden auf die politisch gefährdeteren Gebiete von Selangor, Negri Sembilan, Malakka und Johore vorarbeiteten. Wahrscheinlich hatten die Männer, die jetzt verscharrt wurden, nicht weiter als eine Meile von Awang entfernt ihr Lager aufgeschlagen; heute nacht wären sie dorthin zurückgekehrt, hätten Verpflegung empfangen, Nachrichten gesammelt, den Dorfältesten eingeschüchtert und Freiwillige geworben.
    Girija ging zu den beiden Plantagenarbeitern hinüber und beobachtete sie beim Zuschaufeln des Grabes. Als er sich ihnen näherte, verstummten sie. Nach einer Weile trat er an sie heran.
    »Eine gute Tagesleistung«, bemerkte er.
    Sie blickten ihn aufmerksam an.
    Er lächelte. »Das Vergangene begräbt sich selbst.«
    Das bewirkte ein blödes Grinsen.
    »Und ehrliche Leute sind wieder frei«, fügte er hinzu.
    Sie arbeiteten weiter. Die Leiche war jetzt mit Erde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher