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Waffenschmuggel

Waffenschmuggel

Titel: Waffenschmuggel
Autoren: Ambler
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ziehen, die sie mehr einschüchterten als die Möglichkeit, von den Engländern zu Geldbußen oder anderen Kollektivstrafen verurteilt zu werden. Sie waren kein kriegerisches Volk, ihre Dörfer lagen meist abseits; die britischen Streitkräfte waren dünn gesät. Zu oft schon war offiziell versichert worden, die Polizei und die Armee würden nun die Oberhand gewinnen und seien durchaus in der Lage, die abseits gelegenen Gebiete zu schützen, und zu oft hatten sich derartige Zusicherungen als falsch erwiesen. Die Dorfbewohner glaubten jetzt nur noch das, was sie mit eigenen Augen gesehen oder was ihre eigenen Leute zu berichten hatten. Tote Terroristen zählten nur, wenn ihre Leichen vorgezeigt wurden. Das Beerdigungsunternehmen war also eine Art moralischer Aufrüstung, ein Kunstgriff der Meinungssteuerung.
    Girija machte den Vorarbeiter ausfindig und erklärte ihm, was benötigt wurde: je zwei Mann aus den vier benachbarten Dörfern sowie Hacken und Schaufeln. Dann ging er zu dem malaiischen Sergeanten und ließ sich einen Führer geben. Binnen zwanzig Minuten war die Gruppe zum Abmarsch bereit. Offensichtlich hatte der Vorarbeiter gehofft, mitkommen zu dürfen, aber Girija schickte ihn und die restlichen Leute mit dem Lastwagen zur Arbeitsstelle zurück. Er hatte beschlossen, die Leitung des Beerdigungskommandos selber zu übernehmen.
    Die Kampfhandlung hatte in einem tiefen Graben stattgefunden, der vom Monsunregen aus dem roten Gestein des Hügelabhangs herausgewaschen worden war. An seinen Rändern wuchsen Bambusgestrüpp, Farnbäume und dichtes Krotonunterholz. Auf diesem unzugänglichen Hügelabhang war der Graben so etwas wie eine natürliche Straße und geradezu ideal für einen Überfall aus dem Hinterhalt.
    Zehn Tote lagen dort; vier nur wenige Meter voneinander entfernt, und die übrigen in Abständen von etwa fünfundzwanzig Metern über die ganze Länge des Grabens verteilt. Was sich abgespielt hatte, war völlig klar. Die Patrouille hatte im Unterholz zu beiden Seiten des Grabens in Deckung gelegen und das Feuer in direktem Beschuß eröffnen können, ohne dabei fürchten zu müssen, die eigenen Leute zu treffen oder den Feind unten im Graben zu verfehlen. Die Körperhaltung von einigen Toten ließ den verzweifelten Versuch ahnen, hinter dem Wurzelwerk eines umgestürzten Baumes Deckung zu suchen. Einer war in den Rücken getroffen worden, als er davonrennen wollte. Ein anderer – seine Leiche lag am weitesten entfernt – hatte noch versucht, das Feuer der Patrouille zu erwidern. Leere Patronenhülsen lagen um ihn verstreut; aber er war tot wie alle anderen. Die Patrouille hatte keine Verluste gehabt.
    Die beiden malaiischen Soldaten, die als Wache zurückgeblieben waren, hockten vor einem Spirituskocher, rauchten und machten Tee heiß. Von der Beerdigungsgruppe nahmen sie keine Notiz. Auf einer Zeltplane neben ihnen waren die Waffen und Ausrüstungsgegenstände aufgestapelt, die man den Toten abgenommen hatte: Maschinenpistolen, Kisten mit Munition, Straßenminen und Leinengürtel, in deren Taschen Handgranaten steckten.
    Der Soldat, der das Beerdigungskommando vom Lager hergeführt hatte, gesellte sich zu seinen Kameraden. Girija wußte, daß sie beim Schaufeln nicht mithelfen würden, falls ihnen nicht ausdrücklich gesagt wurde, was der Leutnant angeordnet hatte, und er unterließ es, sie zur Arbeit aufzufordern. Als er sich kurz in dem Graben umsah, machte er zwei kleine Entdeckungen. Sie erweckten seine Neugierde und den Wunsch, mehr über die toten Terroristen zu erfahren. Er ließ das Beerdigungskommando mit der Arbeit anfangen und setzte sich in der Nähe auf die Erde.
    Zunächst war ihm die Tatsache aufgefallen, daß keinerlei Kochgeräte bei den Toten gefunden worden waren, obwohl man sie durchsucht und ihnen alle Waffen und Ausrüstungsgegenstände abgenommen hatte. Man konnte also mit einiger Sicherheit annehmen, daß ihr Lager nicht weiter als einen Tagesmarsch entfernt war. Was wiederum darauf schließen ließ, daß sie wahrscheinlich von einem der vier Dörfer in der Umgebung der Plantage unterstützt wurden. Wenigstens zwei Männern des Begräbniskommandos mußten sie also – und sei es nur vom Sehen her – bekannt sein.
    Die zweite Entdeckung bezog sich auf die Waffen und die übrigen Ausrüstungsgegenstände. Die Maschinenpistolen waren zweifellos neu; nicht unbedingt dem Typ nach neu, aber neu erworben. Sein Vater war Subahdar in der britischen Armee gewesen, und Girija hatte
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