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Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)

Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)

Titel: Wäre ich du, würde ich mich lieben (German Edition)
Autoren: Horst Evers
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Fahrradfahrern, Fußgängern, wer immer ihm in die Quere kommt, er spricht mit allen. Die anderen Verkehrsteilnehmer können ihn allerdings gar nicht hören, da er nicht einmal das Fenster offen hat. Der Einzige, der ihn hören kann, bin ich. Das ist sehr schade. Einmal natürlich für mich, aber auch für die anderen, denn mein Taxifahrer hat doch manch anregende Anmerkung, Beurteilung oder Korrekturvorschläge zu ihrem Verkehrsverhalten.
    Glücklicherweise jedoch ist nicht alles verloren gegangen. Ein bisschen was habe ich statt meiner SMS mitschreiben können, weshalb ich nun doch ein paar der Grußbotschaften meines Taxifahrers weitervermitteln möchte. Also: Nach Einschätzung meines Taxifahrers möge der Fahrer des grünen Mitsubishis mit dem Kennzeichen B- WT - 8732 doch einmal überprüfen, ob er seinen Führerschein nicht vielleicht auf dem Rummel gewonnen habe. Denn falls er je einen Fahrlehrer gehabt habe, müsse man den jetzt eigentlich wegen Beihilfe drankriegen. Die Fahrerin des weißen Golfs B- CZ - 4627 möchte mein Taxifahrer hingegen nur kurz davon unterrichten, dass sie ihren Blinker nicht nur zum Nasebohren habe, wohingegen er zum Kennzeichen OHV - ZI - 217 anmerkt: « OHV – Opa holt Vieh, und so fährt er auch.» Einen anderen sehr schnell fahrenden OHV er kommentiert er übrigens mit: « OHV – Ohne Hirn und Verstand» und erläutert: «Ein Kennzeichen: viele unterschiedliche Probleme.»
    Den Fahrradfahrer mit blauer Wolfskin-Jacke würde mein Taxifahrer gern darüber aufklären, dass eine rote Ampel nicht nur ein Vorschlag ist, und ihm raten, das nächste Mal im Fahrradladen doch zu fragen, ob es seinen Helm nicht vielleicht auch mit Hirn gebe. Das wäre für ihn sicherlich eine tolle, neue, wenn auch ungewohnte Erfahrung. Den Fahrer des blassgelben Corsas LOS - VV - 724 hingegen lässt er wissen, «dass die S-Bahn wieder fährt. Es gibt keinen Grund mehr für LOS er, mit dem Auto in die Stadt zu kommen! Man hat ihnen extra Regional- und S-Bahn gebaut, damit sie hier nicht mit dem Auto fahren müssen!! Damit ist allen geholfen!!!» Des Weiteren merkt er an: « LOS – Leider ohne Stadtkenntnis!» oder auch, wem das besser gefalle: « LOS – Land ohne Sonne». Dann lacht mein Taxifahrer das einzige Mal, warum auch immer. Weitere Kennzeichenkürzel, die er mir übersetzt, waren übrigens: « BAR – Blinde auf Rundfahrt», « MOL – Meiden oder Leiden» und « TF – Tieffliegende Fische».
    Abschließend möchte mein Taxifahrer noch der Fahrerin des roten Golfs B- TR - 4563 mitteilen, dass Privatwagen auf dem Taxihalteplatz vor dem Bahnhof nichts zu suchen haben, meinem Fünfzig-Euro-Schein erklärt er, das hier sei ein Taxi und kein Wechselbüro, versichert mir persönlich aber, ich sei ein recht angenehmer Fahrgast. Viele Fahrgäste würden ja mittlerweile die ganze Fahrt über telefonieren. Dieses ständige Gequatsche gehe ihm schon gehörig auf die Nerven. Warum Menschen nicht mal ein paar Minuten einfach die Klappe halten könnten, werde er persönlich nie verstehen.

Tür auf
    Mittwochmorgen. Stehe am Eingang von Karstadt am Hermannplatz und halte die Tür auf. Seit mittlerweile bestimmt schon zwei Minuten. Eigentlich hatte ich ja nur einer jungen Frau mit Kinderwagen die Tür aufgehalten, aber dann war direkt hinter ihr ein älterer Herr, gefolgt von ein paar Kindern, kurz darauf kamen schon wieder Frauen aus der anderen Richtung und von vorn jemand mit Gehhilfe … Bislang hat sich einfach noch keine Möglichkeit ergeben, die Tür elegant wieder zufallen zu lassen. Nun kommt auch noch ein Rollator …
    Jemand lächelt, geht durch die Tür und drückt mir 20 Cent in die Hand. Immerhin. Wenn ich alle drei Minuten 20 Cent bekäme, wären das am Ende des Geschäftstags rund 36 Euro, im Monat 972 Euro und im Jahr 11 664 Euro. Das kann ich problemlos ausrechnen, denn wenn man nichts anderes macht, als nur die Tür aufzuhalten, hat man ja Zeit. Da kann man mal schön das ein oder andere durchrechnen. Diese 55 Milliarden beispielsweise, um die sich die Bad Bank der Hypo Real Estate da kürzlich verrechnet hat, wahrscheinlich wäre das nicht passiert, wenn die sich zwischendrin mal ein bisschen hingestellt und die Tür aufgehalten hätten. Aber wer macht so was heute schon noch. Also außer mir.
    11 664 Euro! Reingewinn! Die verkaufsoffenen Sonntage sind da noch nicht mal mit eingerechnet. Hübsche Summe. Könnte sich ohne weiteres sehen lassen. Erst recht gemessen an den Zahlen, die der
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