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Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief
Autoren: Anna Sheehan
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Identität geben können. Ich bezweifle, dass ihre Erinnerung intakt ist.«
    »Weil das nicht richtig gewesen wäre«, sagte der Altere mit einer Schärfe, dass der Herrische nicht widersprach.
    »Das ist doch jetzt eine überflüssige Debatte«, sagte die Frau. »Dad, Reggie, nun beruhigt euch mal alle beide. Der Richter wird jeden Moment hier sein. Ich denke, dein Vorschlag wird angenommen werden, Reggie. Niemand bestreitet, dass du der Chef von UniCorp bist.«
    Da machte ich die Augen auf. »Daddy ist der Chef von UniCorp«, krächzte ich.
    Die drei am Fußende meines Krankenhausbetts fuhren zusammen. Die Frau kam zu mir. Sie war eine Eurasierin, schlank und gepflegt, auch wenn ihre Kleidung eher sportlich wirkte. Die beiden Männer trugen Geschäftsanzüge, deren Schnitt sich allerdings ziemlich verändert hatte im Vergleich zu dem, was ich gewohnt war. Ich konnte ihre Gesichtszüge nicht erkennen, weil mein Sehvermögen immer noch beeinträchtigt war. Der jüngere Mann war eine verschwommene goldene Erscheinung, der ältere dagegen ein weißer Fleck mit einem dunklen Anzug darunter.
    Ein Finger tippte gegen die Glaswand meines Zimmers, und eine undeutliche Gestalt fuchtelte draußen im Gang herum. »Der Richter ist hier«, sagte der jüngere der beiden Männer. »Ich rede mit ihm. Ronny, Annie, das da überlasse ich euch.« Er deutete im Gehen auf mich. Offenbar war der Richter die entscheidende Person, ich hingegen nichts weiter als »das da«.
    »Wer sind Sie?«, fragte ich die beiden, die geblieben waren.
    »Wir arbeiten für UniCorp, Liebes«, sagte die Frau, während
der Mann sich abwandte. »Ich heiße Roseanna Sabah, aber du kannst mich Annie nennen. Das ist mein Vater, Ron. Ich bin Brendans Mutter. Du erinnerst dich doch an Brendan?«
    Brendan. Mein Schattenmann. »Der mich aufgeweckt hat?«
    »Ja.« Mrs. Sabah lächelte. »Er hat dich gestern gefunden. Du warst so lange in Stasis, dass wir dich ins Krankenhaus bringen mussten.«
    Etwas würgte mich in der Kehle, etwas Dunkles und Beängstigendes. »Es stimmt also, was er gesagt hat?«, röchelte ich. »Sechzig Jahre?«
    »Zweiundsechzig«, sagte der alte Mann vom anderen Ende des Zimmers her. Die Silben fielen wie Bleigewichte.
    »Und meine Mutter und mein Vater ... alle, die ich gekannt habe ...« Nun verschwamm erst recht alles, denn ich fing an zu weinen. Ich wollte die Tränen unterdrücken, wie Mom es mir beigebracht hatte, aber es ging nicht. Sie liefen mir über die Wangen und in den Mund. Sie schmeckten komisch, übermäßig salzig und dickflüssig.
    »Ich fürchte, ja, Liebes«, sagte die Frau. »Mark und Jacqueline Fitzroy kamen bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben, als du noch in Stasis warst. Aber du lebst, und wir werden dafür sorgen, dass alles zu deinem Wohl geschieht.«
    »Wie?«, brachte ich flüsternd hervor.
    »Deine Eltern starben leider, ohne ein Testament gemacht zu haben. In Ermangelung eines solchen ging ihr Unternehmen an die Aktionäre und den Vorstand. Aber da du nun wieder bei uns bist, fallen all ihre Vermögenswerte an dich zurück.«
    »Soll das heißen, dass ... UniCorp jetzt mir gehört?«
    »Nein«, blaffte der alte Mann. Aus irgendeinem Grund ängstigte mich seine Stimme. »Du gehörst UniCorp. Zumindest, bis du volljährig bist.«
    »Dad, mach dem Mädchen keine Angst.«

    »Sie soll wissen, woran sie ist!« Er brüllte jetzt fast.
    Die Frau entfernte sich von meinem Bett. »Wenn du dich nicht beherrschen kannst, Dad, solltest du lieber rausgehen!« , zischte sie. »Es tut mir leid, dass in deinem Unternehmen gerade chaotische Zustände herrschen, aber das ist kein Grund ...«
    »Es war noch nie mein Unternehmen«, knurrte der Alte. »Sondern das der Fitzroys. Und jetzt ist es Guillorys. Halt ihm deine Predigt!« Er schnaufte und wandte sich ab. »Aber du hast recht. Es ist besser, wenn du mit ihr redest. Ich muss ein paar Dinge erledigen.«
    Damit marschierte er zur Tür hinaus. Mrs. Sabah kam zurück an meine Bettkante. »Tut mir leid«, sagte sie.
    »Ist schon gut«, log ich. Nun, da die Wirkung der Stase-Chemikalien weiter nachgelassen hatte, brodelte die Furcht unter meinen Worten.
    »Ich lasse dich jetzt lieber schlafen.« Mrs. Sabah streichelte meine Hand. »Mach dir keine Sorgen. Im Moment sollst du nur daran denken, wieder zu Kräften zu kommen. Alles andere besprechen wir, wenn es dir bessergeht. Ich komme morgen früh wieder. Bren würde auch gern nach dir sehen, wenn es dir recht ist.«
    Ich nickte
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