Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Während ich schlief

Während ich schlief

Titel: Während ich schlief
Autoren: Anna Sheehan
Vom Netzwerk:
beeinträchtigte ihn nicht. Solche Dinge registrierte er schon lange nicht
mehr. Dann ging der Name durchs Netz und stieß seine Programmierung an. »Rosalinda Fitzroy.«
    Elektroden feuerten, die lange geschlummert hatten, Systeme schalteten in den Aktivmodus. Er griff auf die Datei zu, die das Reaktionsprogramm gestartet hatte.
    Helle Aufregung herrschte in der vergangenen Woche auf der Erde, als die Tochter von Mark und Jacqueline Fitzroy, Gründer des interplanetaren Konzerns UniCorp, entdeckt wurde. Rosalinda Fitzroy, die Offenbar über sechzig Jahre lang in Stasis gehalten worden war, wurde im Untergeschoss der Unicorn Estates gefunden. Heute bekommen wir Rosalinda zum ersten Mal zu Gesicht, da UniCorp ...
    Seine Programmierung scannte die Datei. Wäre es nur der Name gewesen, hätte er sich wieder in den Ruhezustand versetzt. Doch dann bestätigte der Stimmabdruck die Übereinstimmung.
    »Es ist schön, wieder da zu sein.«
    ZIELPERSON IDENTIFIZIERT: ROSALINDA SAMANTHA FITZROY.
    Einst hätte er prompt reagiert, doch nun arbeiteten seine Prozessoren im Schneckentempo. Nach einer sekundenlangen Ewigkeit flackerte die oberste Direktive in seinem künstlichen Bewusstsein auf.
    DIREKTIVE: ZIELPERSON AN AUFTRAGGEBER ÜBERSTELLEN.
    Als die Direktive aktiv war, implementierte er eine Netzsuche nach dem Auftraggeber.
    SUCHE LÄUFT ... SCANNING ... SCANNING ... SCANNING ...
    Es dauerte gut vierundzwanzig Stunden, bevor seine Schaltkreise ein Ergebnis lieferten.
    AUFTRAGGEBER NICHT ERREICHBAR.

    Seine Systeme schalteten wieder eine Ewigkeit herum und fanden erst nach mehreren Minuten die zweite Direktive.
    ZWEITE DIREKTIVE: ZIELPERSON ELIMINIEREN.
    Hier stieß er auf neue Schwierigkeiten. Anwendungsprogramme, die noch nie aktiviert worden waren, wurden plötzlich auf den Plan gerufen. Die Wiederaufnahmeschaltungen für seine primäre Direktive blieben ständig in Bereitschaft, doch diese zweite Direktive war noch nie zuvor gebraucht worden. Er legte sie auf Stand-by, um eine zweite Netzsuche abzuwarten. Der Auftraggeber konnte möglicherweise wieder erreicht werden, wenn die Zielperson ergriffen war.
    Erst dann begann sein System mit der erforderlichen Statusprüfung.
    STATUSBERICHT: 0,3 % LEISTUNGSFÄHIGKEIT, ENERGIELEVEL MINIMAL, STAND-BY-BETRIEB.
    Der Bericht empfahl eine Generalüberholung, und nach einigen zähen Momenten elektronischen Umherschweifens stimmte sein zentraler Informationsprozessor zu. Das Ladekabel war bereits mit seinem Herz verbunden, aber er brauchte über fünf Stunden, um den Vorgang zu starten.
    AUFLADEN. 100 % LEISTUNGSFÄHIGKEIT IN VORAUSSICHTLICH 687,4 STUNDEN.
    Die Tatsache, dass es fast einen Monat dauern würde, bis er ein verlässliches Leistungsniveau erreicht haben würde, störte ihn nicht im Mindesten. Zeit bedeutete ihm nichts.
    Systeme surrten. Nanobots fuhren nacheinander hoch und sausten durch seinen Körper, säuberten seine Adern von Ablagerungen, schmierten seine Gelenke. Er sah zunehmend klarer, als die Nanos über seine Augäpfel fegten und eine dicke Staubschicht entfernten.
    Während er auf seine vollständige Aufladung wartete, scannte
er das Netz erneut nach dem Auftraggeber, und das würde er immer wieder tun, bevor er seine Direktive ausführte. Die zweite Direktive war nicht sein Hauptprogramm. Hätte er Gefühle gehabt, hätte er gesagt, dass eine Eliminierung ihm Unbehagen bereitete.
    Aber er hatte keine Gefühle. Alles, was er hatte, waren Updates.
    Stand-by. Lademodus.
    Stand-by ...
    Stand-by ...
    Stand-by ...



D er folgende Monat rauschte mehr oder weniger an mir vorbei. Alles war zu viel, zu bedrückend, zu schrecklich. Ich war aus meiner eigenen Zeit herausgerissen worden, meine Welt war untergegangen. Nichts passte, nichts gehörte zu mir. Diese Welt nicht, mein Leben nicht, nicht einmal meine Gefühle.
    Meine neuen Eltern schon gar nicht. Barry und Patty Pipher, ein Buchhalterehepaar aus der Niederlassung Uni Florida, waren von Guillory engagiert worden. Man hatte sie nach ComUnity versetzt, und ich sollte der Ersatz für ihre zwei Kinder sein, die offenbar schon aufs College gingen. Ich lernte die beiden nicht kennen, die Piphers stellten nicht einmal Fotos von ihnen auf. Für Pflegeeltern hatten sie nicht gerade ein großes Interesse an Kindern, schien mir. Barry war freundlich, aber zerstreut, und beschäftigte sich nicht gern mit etwas anderem als mit seiner Arbeit. Er lächelte häufig, jedoch eher aus Gewohnheit als aus echtem Vergnügen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher