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Wächterin der Träume

Wächterin der Träume

Titel: Wächterin der Träume
Autoren: Kathryn Smith
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Lage, ihr – und anderen Frauen in ihrer Situation – zu helfen.
    In meiner Eigenschaft als Oberste Wächterin vermochte mir kaum jemand etwas anzuhaben. Ich war regelrecht auf dem Powertrip. Irgendwie konnte ich es gar nicht abwarten, mich mit dem Job vertraut zu machen und diejenigen außer Gefecht zu setzen, die Morpheus stürzen wollten. Andererseits hatte ich Angst, ich könnte zu dem Schluss kommen, dass mein Vater es verdient hätte, gestürzt zu werden.
    Und manchmal machte ich mir auch Sorgen um Noah. Indem er die Dinge im Traumreich seinem Willen unterwarf, und wenn es auch nur Kleinigkeiten waren, hatte er gezeigt, wie mächtig er war. Wenn nun irgendein Übereifriger auf den Gedanken kam, dass ein Sonderling wie Noah beseitigt werden musste? Ich glaube, einen erneuten Angriff auf ihn hätte ich nicht ertragen.
    Doch darüber brauchte ich mir nicht gerade jetzt Sorgen zu machen. Heute war alles gut. Ausgezeichnet sogar. Es war wie in einem dieser Träume, die einen mit so viel Frieden erfüllen, dass man wünscht, sie sollen nie enden. Genauso fühlte ich mich in diesem Augenblick: friedvoll.
    Amanda trank ihren Wein aus. »Hilfst du mir, das Essen in Schüsseln zu füllen und zu Tisch zu bringen?«
    »Aber sicher.« Ich leerte ebenfalls mein Glas. Wir waren noch immer in der Küche, als es zweimal an der Tür klingelte. Der Rest der Familie war eingetroffen, und Warren begrüßte sie, wobei er mühelos in die Rolle des Hausherrn schlüpfte. Ich fragte mich, wie Amanda das wohl fand.
    Und auch, wie Noah dazu stand.
    Gerade als ich an ihn dachte, kam Noah mit Warren in die Küche. »Wir wollen euch helfen«, sagte Warren. »Mia ist so hungrig, dass sie gleich den Tisch anknabbert.«
    »Das können wir nicht zulassen«, erwiderte ich und reichte Noah eine große Schüssel Kartoffeln und eine Scheibe Truthahn, damit er seine gefräßige kleine Schwester besänftigen konnte. »Soll ich jetzt die Sauce machen?«, fragte Warren.
    Einige Minuten später saßen wir alle um den ausgezogenen Tisch und reichten Schüsseln und Platten voller Köstlichkeiten herum. Warren hatte recht, seine Sauce war einfach delikat.
    »Ein Trinkspruch«, verkündete Amandas Vater und hob sein Glas. Er wartete, bis wir alle unsere Gläser zur Hand genommen hatten, dann fuhr er fort: »Auf die Freunde und die Familie. Für beides bin ich sehr dankbar.«
    Wir stimmten im Chor ein und tranken einander zu.
    Noah lächelte mich liebevoll an und hob noch einmal sein Glas. »Wo wir gerade von Dankbarkeit sprechen …« Sein Blick ließ mein Herz in vollem Galopp rasen.
    »Und auf lebenslängliche Strafen«, fügte Warren hinzu und unterbrach damit einen Augenblick, der für die Gegenwart anderer beinahe zu intim war. »Dafür bin ich auch dankbar.«
    Selbstverständlich stießen wir auch darauf an. Phil Durdan war für eine lange, lange Zeit hinter Gittern verschwunden. Falls eine vorzeitige Haftentlassung ausgeschlossen wurde, würde er sogar nie wieder freikommen. Sein Anwalt hatte natürlich einen entsprechenden Antrag gestellt, aber ich war ziemlich sicher, dass er damit nicht durchkam.
    Ob ich deswegen ein schlechtes Gewissen hatte? Nicht die Bohne.
     
    »Ich muss mich bei dir entschuldigen«, sagte ich, als Noah und ich später im Bett lagen und die Lichter der Stadt sein Schlafzimmer in sanftes, schummriges Licht tauchten.
    Er drehte sich zu mir um, stützte sich auf den Ellbogen und legte den Kopf in die Hand. Sein Körper schien nur aus Licht und Schatten zu bestehen und wirkte glatt und seidig. Mir kam es so vor, als hätte ich niemals etwas Schöneres gesehen – den makellosen Verek eingeschlossen. »Was hast du denn jetzt wieder angestellt?«, wollte er wissen.
    Über seinen neckenden Ton musste ich lächeln, und schon fühlte ich mich nicht mehr ganz so mies, weil ich mich ihm gegenüber manchmal so blöd benommen hatte. »Ich habe dir Vorwürfe gemacht, weil du die Menschen beschützen wolltest, die dir etwas bedeuten. Dabei bin ich ganz genauso. Wir haben beide einen Helferkomplex.« Ich hatte erst beinahe vergewaltigt, umgebracht und ausgelöscht werden müssen, um das zu begreifen.
    »Es ist immer gut, wenn man etwas gemeinsam hat.« Seine Augen funkelten verschmitzt. »Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Doc. Ich war auch manchmal ganz schön hart zu dir.«
    Ich zog die Brauen zusammen. »Ja, aber das hatte ich auch verdient.«
    Noah lachte dieses Lachen, das ich so liebte, und zog mich an sich. »Ich glaube,
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