Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Titel: Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
Autoren: Annette McCleave
Vom Netzwerk:
durch die traurigen Reste des Abwehrzaubers, versengte Lachlans Ärmel und bohrte sich wurmgleich bis zum Knochen hindurch.
    Schmerz explodierte in Lachlans Bizeps, strahlte bis in jedes einzelne Nervenende aus und raubte dem Seelenwächter den Atem. Aber er weigerte sich aufzugeben, den Arm sinken zu lassen. Stattdessen verdrängte er die Pein in den hintersten Winkel seines Bewusstseins und konzentrierte sich darauf, Schwächen in der Verteidigung seiner Angreifer zu finden. Parade, Gewichtsverlagerung, Parade, Drehung, Parade.
    Da!
    Ein kluger Hieb nach unten, und seine Chancen standen wieder besser. Nur noch zwei gegen einen. Dank eines Extraschubs Adrenalin gewann Lachlans Arm seine Kraft zurück. Der Seelenwächter erledigte den kleineren der beiden Widersacher mit einem sorgfältig geführten Stoß zwischen die Rippen. Dann duckte er sich und wirbelte nach rechts.
    Nur ein Dämon war noch übrig – ein aufgepumpter Bodybuildertyp mit Armen wie Baumstämmen. Unbeeindruckt vom Schicksal seiner Kameraden, fuhr die hünenhafte Kreatur fort, Feuerbälle auf Lachlan zu schleudern. Lachlans Finte nach rechts ging ins Leere, und ein weiterer höllischer Kugelblitz durchbrach die Verteidigung. Er traf den Seelenwächter in die Brust. Der Schmerz verkrallte sich in ihm und wand sich schlangengleich tiefer. Wenn das Kreuz aus gehämmertem Silber um seinen Hals nicht gewesen wäre, das die Hauptlast des Angriffs auffing, hätte der Zauber tödlich sein können. Schweiß perlte auf Lachlans Stirn, und seine Fingerknöchel wurden weiß, so fest umklammerte er das Heft des Schwertes, aber er parierte den nächsten Feuerball und auch den darauf. Indem sich Lachlan ganz auf seine Abwehr konzentrierte, überwand er die Schmerzen und fand zurück zu seiner alten Kraft.
    Dann hörte er die Schreie.
    Schrille Schreie aus jungen Kehlen, begleitet von einem groben, schleifenden Geräusch, verursacht von etwas Großem, das gegen ein Hindernis prallte, einem kurzen Rumpeln und anschließend einem gewaltigen Platschen: Am anderen Ende der Brücke, außer Sichtweite, war ein Fahrzeug in den See gestürzt.
    Sein muskulöser Widersacher hielt inne und grinste breit. Dann verschwand er in einem knallroten Lichtblitz, und die Kuppel mit ihm. Alles, was eben noch von der Anwesenheit der Dämonen gezeugt hatte, war wie vom Erdboden verschluckt, einfach fort. Als hätte der Kampf nie stattgefunden.
    Lachlans Herz stolperte. Heilige Muttergottes! Emilys Schulbus.
    Obwohl sich die Angst in Lachlans Gedanken bohrte, begann er instinktiv eine Reihe von komplizierten, fast vergessenen Versen zu murmeln. In einer bis ans Äußerste gehenden magischen Anstrengung zauberte er Dampfschwaden aus seinen Handflächen, verwandelte sie mit einer peitschenden Bewegung in grellweiße, fedrige Fahnen aus Luft und schleuderte sie anschließend empor. Blendende Partikel einer urtümlichen Kraft tanzten in alle Richtungen davon, wirbelnd, trudelnd, torkelnd … um für einen winzigen Augenblick die menschliche Zeit anzuhalten.
    Der Zeitstopp – dessen einziger Zweck es war, einem Wächter Gelegenheit zu geben, eine Seele zu retten, bevor ihr Körper dem Untergang geweiht war – dauerte nur sehr kurz: zwei Minuten, nicht mehr. Das musste genügen. Lachlan rannte über den schmalen Uferstreifen, der ihn vom See trennte, und warf Mantel und Schwert hastig in die Büsche, die das Ufer säumten. Ohne zu zögern, sprang er ins Wasser. Eis kristallisierte in seinen Adern, während er in das von Algen getrübte Wasser eintauchte. Lachlan steuerte auf das Heck des gelben Busses zu, das aus dem Wasser ragte, als wollte das Fahrzeug kurz Atem schöpfen für seine Reise auf den Grund des Sees.
    Menschen starben jeden Tag – eine schmerzliche Tatsache, gegen die sich zu wehren Lachlan irgendwann aufgegeben hatte. Die Herrin des Todes suchte jeden heim, brandmarkte Wange um Wange mit ihrer glühenden weißen Spirale, ohne sich einen Deut um das menschliche Leben oder das Schicksal derer zu scheren, die zurückblieben. Niemand entkam ihrem unbarmherzigen Mal. Doch die Jugendlichen im Schulbus trugen das Mal nicht. Ihnen war es nicht bestimmt, an diesem Tag zu sterben. Satan, nicht der Tod hatte die Würfel rollen lassen und das Schicksal der Kinder an das von Emily Lewis geknüpft.
    Emily.
    Lachlan pflügte auf kürzestem Weg durchs Wasser. Aber der Kampf mit den Dämonen forderte einen hohen Preis. Sein geschundener, unsterblicher Körper entzog den Armen die Energie,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher