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Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Titel: Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
Autoren: Annette McCleave
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Nächstes sagen sollte. Ihm mitteilen, dass sie ursprünglich aus Connecticut kamen? Zugeben, dass sie nicht in die Kirche gingen? Ihn zum Essen einladen? Nein, sie konnte ihn doch nicht zum Essen einladen. Was zum Teufel sollte sie überhaupt zu einem Priester sagen? »Ich wollte schon immer mal nach Schottland«, entgegnete sie unbeholfen.
    In seine Augen trat ein Anflug von – ja, von was? Belustigung? »Es ist ein schönes Land und jede Reise wert. Vor allem Ende August, wenn das Heidekraut blüht.«
    Er blickte zu Em, die mit vor der Brust verschränkten Armen auf den Boden starrte. Vielleicht sah er sie zittern, denn er machte eine Handbewegung in Richtung Treppe. »Ich glaube, jeder von uns könnte jetzt eine heiße Dusche vertragen. Nach Ihnen, MrsLewis.«
    MrsLewis. Igitt. Selbst als sie und Grant noch glückliche Neuvermählte gewesen waren, hatte sie es gehasst, so genannt zu werden.
    »Rachel bitte. Ich bin geschieden.« Sie wurde rot, als ihr plötzlich einfiel, dass die meisten Religionen nicht gut auf die Scheidung zu sprechen waren. »Ems Vater und ich haben zu jung geheiratet und –«
    »Sie sind mir keine Erklärungen schuldig.«
    Sein Lächeln war freundlich, und ihre Verlegenheit schwand. Zumindest, bis Rachel realisierte, dass ihr Eingeständnis dem Pater auch vorkommen konnte, als ob sie ihm schöne Augen machte. Sie biss sich auf die Lippen und schob Em die breite, geflieste Treppe hinauf. Unkeusche Gedanken in Bezug auf einen Priester zu hegen war vielleicht noch keine Sünde, aber ihn dann auch noch anzubaggern … Kein Zweifel, sie würde in der Hölle schmoren.
     
    Lachlan versuchte, nicht auf Rachels Hinterteil zu starren. Zugegeben, es war verdammt schwierig, das nicht zu tun, wenn man die Treppe unmittelbar hinter ihr hinaufging. So wohlgeformt, wie es war, hätte er ein Heiliger sein müssen, um es nicht zu bemerken. Und er war definitiv kein Heiliger. Rachel. Bislang war sie nur Emily Lewis’ Mutter gewesen, aber nun, da sie ihm ihren Namen gesagt hatte, schien es, als hätte er ihn schon immer gekannt. Ein biblischer Name passte gut zu den langen Wellen ihres mahagonibraunen Haars und ihrer zarten, cremefarbenen Haut. Vielleicht weniger gut zu den Schlafzimmeraugen und den vollen Lippen, aber Lachlan wollte sich nicht beschweren.
    Sie und Emily blieben vor der Tür zum ersten Stock stehen und drehten sich um. »Nochmals danke, Pater MacGregor.« Rachels Blick war warm und aufrichtig.
    »Gern geschehen.«
    Dann schloss sich die Tür, und sie waren verschwunden.
    Lachlan stieg die Stufen zum Treppenabsatz hinauf und legte die Hand auf den Türknauf. Eine flüchtige Spur von Rachels Wärme war noch immer auf dem Metall zu spüren, und auch ihr blumiges Parfüm hing noch in der Luft. Er atmete es tief ein. Erstaunlich, jede Faser seines Körpers schien bis zum Zerreißen gespannt. Genau wie damals, als er Rachel mit einem der älteren Mieter plaudernd zum ersten Mal am Pool gesehen hatte. Etwas an ihr, das er nicht benennen konnte, hatte seinen Blick angezogen, vielleicht eine etwas hellere Aura. Und dann hatte sie ihn angelächelt – eigentlich nicht ihn, sondern ihren Begleiter –, und ihr Gesicht hatte vor Freude aufgeleuchtet. Innerhalb eines Wimpernschlags hatte dieses frische, natürliche Lachen den Panzer seines Kummers durchstoßen und ihn wieder zum Leben erweckt, wie Regen die ausgedörrte Wüste seiner Seele.
    Lachlan ließ den Türknauf los. Er sollte sich besser auf Emily konzentrieren, nicht auf Rachel. Der Absturz des Busses war kein Unfall gewesen. Die Fahrerin hatte mit Absicht das Brückengeländer gerammt, um sich und den Bus voller Schüler in ein nasses Grab zu befördern. Selbstmorde, die andere mit in den Tod rissen, gingen fast immer auf den Einfluss eines Dämons zurück, aber hier war vor allem der Zeitpunkt verdächtig. War es Zufall gewesen, dass sich Lachlan derart nahe am Unfallort aufgehalten hatte? Oder dass Emily in diesem Bus gesessen hatte? Der Seelenwächter drehte sich um und stieg weiter die Treppe hinauf. Verdammt unwahrscheinlich. Er sperrte sein Apartment im zweiten Stock auf und betrat sein privates Refugium. Weinrote Wände und schwarze Zierleisten herrschten vor, selbst in der Küche zur Rechten. Nur der satte Karamellton des Parkettbodens hellte die düstere Farbgebung ein wenig auf. Lachlans Schultern entspannten sich, als er die Stufen zum spärlich möblierten Wohnzimmer hinabstieg, hinab zu all den mittelalterlichen Waffen, die
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