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VT09 - Die tödliche Woge

VT09 - Die tödliche Woge

Titel: VT09 - Die tödliche Woge
Autoren: Dario Vandis
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der Angreifer wieder, und die Gruh rückten weiter vor.
    Marie musste keinen Befehl zum Nachladen geben. Eine halbe Minute später waren die Kanonen erneut schussbereit. In dieser Zeit hatten die Gruh ungefähr zwanzig Meter gutgemacht, und nichts deutete mehr auf die Verluste hin, die die erste Salve sie gekostet hatte.
    »Feuer!«
    Wieder flogen graue Leiber durcheinander, spritzte zähes Blut. Und wieder schlossen sich die Reihen der Angreifer mit gespenstischer Lautlosigkeit.
    Erst nach der vierten Salve kam das Heer ins Stocken, weil die nachrückenden Gruh zunächst über die Leichen ihrer Artgenossen hinwegklettern mussten. Marie schätzte, dass bis jetzt ungefähr dreihundert der Kreaturen auf der Strecke geblieben waren. Einige hatten ihre Beine verloren. Es war ein gespenstischer Anblick, wie sie auf Stümpfen weiter den Palisaden entgegen krochen.
    »Feuer!«
    Die fünfte Salve traf mindestens so viele tote wie lebende Gruh, und die vorderen, die von den Geschossen verschont geblieben waren, hatten sich den Palisaden jetzt bis auf dreißig Meter genähert.
    Marie gab den Befehl, die Kanonen aufzugeben.
    In eingeübter Formation zogen sich die Gardisten ins Innere der Festung zurück. Das Tor wurde geschlossen und ein schwerer Balken vorgeschoben. Die Gardisten kletterten auf die Brüstungen, wo an den Turmseiten weitere Dampfdruckkanonen aufgestellt waren. Die meisten Männer aber begaben sich an die Schießscharten und spannten ihre Armbrüste, darauf wartend, dass die Gruh bis auf Schussweite an die Palisaden herankamen.
    Marie befahl den Männern an den Kanonen jetzt, nach eigenem Gutdünken in die Menge zu feuern. Die Wirkung der Geschosse war nach wie vor groß, aber die Kanonen waren nur langsam schwenkbar, sodass sie nur bestimmte Bereiche des Gruhheeres zu erfassen vermochten.
    Der weitaus größere Teil erreichte die Palisaden nahezu unbehelligt. Einige Gardisten gerieten in Panik und feuerten ihre Armbrüste zu früh ab. Die Pfeile rauschten ungezielt in die Menge der Grauhäutigen, ohne größeren Schaden anzurichten.
    Marie warf einen flehenden Blick zum Himmel. Wo blieb Pierre de Fouché? Der Plan, den sie mit ihm besprochen hatte, war unzweideutig. Er musste jeden Moment auftauchen.
    Doch der Himmel blieb bis auf ein paar Rozieren, mit denen die Späher weiterhin über dem Gruhheer kreuzten, vollkommen leer.
    Und während die ersten Gruh die Palisaden erklommen und sich auf die Gardisten stürzten, wuchs in Marie die Erkenntnis, dass ein entscheidender Teil ihrer Strategie sabotiert worden war.
    ***
    Kanzler Goodefroot war auf der Suche nach Pierre de Fouché durch den gesamten Palast gehetzt. Jetzt schleppte sich der Kanzler zum Ausgang, wobei ihm das Herz in der Brust hämmerte, dass er unwillkürlich fürchtete, es könnte sich überschlagen.
    De Fouché war nirgends aufzufinden!
    Goodefroot griff sich den nächstbesten Gardisten, den er finden konnte – einen der wenigen, die als Palastwache auf Orleans-à-l’Hauteur zurückgeblieben waren.
    »Wo…« Goodefroot schnappte nach Luft, bevor er den Satz fortsetzte: »… ist der Sonderbeauftragte für Militärisches?«
    Der Gardist schüttelte den Kopf. »Ich glaube, er hat die Stadt verlassen.«
    »Verlassen?!«, echote Goodefroot ungläubig. Unmöglich.
    Das ist Verrat.
    Er packte den armen Gardisten und schüttelte ihn durch.
    »Die Prinzessin wartet in Muhnzipal auf unsere Unterstützung. Die Wolkenstadt muss sofort abgedockt werden und alle Kanonen besetzt…«
    »Aber wir haben nicht mehr genug Leute, um abzudocken und die Dampfdruckkanonen zu besetzen.«
    »Dann dockt erst ab und besetzt danach die Kanonen«, schrie Goodefroot aufgebracht. »Und zwar gleich, oder ich werfe ihn eigenhändig über die Brüstung!«
    Der Gardist trollte sich, um den Befehl auszuführen.
    Goodefroot schleppte sich mit letzter Kraft zurück in sein Arbeitszimmer. Der Zeiger auf der Uhr an der Wand tickte unablässig weiter.
    Der Strategie entsprechend, die Marie und de Fouché ausgetüftelt hatten, hätte die Wolkenstadt längst in der Luft sein müssen.
    Sie würden zu spät kommen. Muhnzipal würde längst von Gruh überrannt sein, wenn sie dort eintrafen…
    Wir sind verraten worden, hämmerte es hinter Goodefroots Stirn. Wo zum Teufel ist de Fouché?
    ***
    Marie beobachtete mit Entsetzen, wie die Palisaden unter dem Ansturm der Gruh ins Wanken gerieten. Das Donnern der Dampfdruckkanonen ertönte jetzt immer seltener. Der Westturm war bereits von den
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