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VT09 - Die tödliche Woge

VT09 - Die tödliche Woge

Titel: VT09 - Die tödliche Woge
Autoren: Dario Vandis
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in ihre Arme und Beine. Tötet mich schnell!, flehten ihre fliehenden Gedanken.
    Sie spürte kaum noch, wie ihr Körper, vom Druck der Menge bewegt, herumgerollt wurde – und den Halt verlor. Wie sich plötzlich unter ihr der Boden zu öffnen schien.
    Das Letzte, was Marie bewusst wahrnahm, war ein dunkler Schatten, der über sie fiel, und ein fernes Zischen.
    Dann war die Schwärze des Brunnenschachts plötzlich überall.
    ***
    De Fouchés Roziere erreichte Muhnzipal, als die Palisaden bereits von den Gruh niedergerannt waren.
    Der Sonderbeauftragte für Militärisches presste die Lippen zusammen und ein Fernglas an die Augen, durch das er den Blick über den Schlachtplatz schweifen ließ. So viele Opfer, so viele tote Gardisten – nur weil er sich den Befehlen der Prinzessin nicht eher widersetzt hatte!
    Irgendwo in der Menge, auf einem der letzten verbliebenen Palisadenreste, setzten sich ein paar Gardisten mit Messern und Säbeln zur Wehr, doch sie standen auf verlorenem Posten.
    Gerade wurden die letzten beiden von ihnen von mindestens einem Dutzend Gruh niedergemacht. Doktor Aksela folgte de Fouchés Blick. »Entsetzlich!«, hauchte sie.
    Ein Röcheln und Knurren drang zu ihnen herauf, doch es stammte nicht von den Hunderten Gruh, die sich durch das zerstörte Dorf wälzten – sondern aus dem Käfig, der unter der Rozierengondel pendelte. Die beiden Gardisten darin hatten sich in Gruh verwandelt und die Netze, mit denen sie gefesselt waren, längst zerrissen. Nun rüttelten sie an den Bambusstäben. Aksela sah es durch die Öffnung im Boden der Gondel, durch die die Haltekette verlief.
    Normalerweise hätte die Verwandlung länger gedauert. Hier aber wirkte nicht das normale Gruhgift, sondern jene sonderbare Variante, die sich auch in der Blutbahn der Prinzessin befand und die seiner Meinung nach die einzig wirksame Waffe gegen das Gruhheer darstellte.
    Feuer muss man eben manchmal mit Feuer bekämpfen.
    Aksela spürte noch jetzt ein Würgen im Hals, als sie sich de Fouchés Plan, den er ihr auf dem Weg hierher erläutert hatte, vor Augen führte. Doch nun begriff sie, dass er unter Umständen tatsächlich die Rettung bedeutete: indem man nämlich die beiden Soldaten mit der gefährlicheren Gruhvariante auf ihre Artgenossen losließ…
    De Fouché steuerte die Roziere zum Marktplatz von Muhnzipal, wo sich die meisten Gruh zusammengerottet hatten, um sich über die Opfer herzumachen, und ließ das Luftschiff dem Boden entgegen sinken. Der Bambuskäfig pendelte nur noch knappe zehn Meter über der Menge.
    Doktor Aksela klammerte sich wie eine Ertrinkende an ihrer Armbrust fest, die sie in lächerlicher Pose immer noch auf Pierre de Fouché gerichtet hielt. Dabei hatte sie längst begriffen, dass de Fouché und sie keine Gegner mehr waren.
    Hier ging es nur noch um das gemeinsame Überleben.
    Na wartet, ihr Bestien! Jetzt werdet ihr eine Überraschung erleben!
    Sie verfolgte, wie sich de Fouché an der Kette des Käfigs zu schaffen machte. Im nächsten Augenblick löste er den Haltemechanismus, und die beiden Gruh-Gardisten rauschten in ihrem Gefängnis in die Tiefe. Mit einer Ecke schlug der Bambuskäfig zwischen den Gruh auf – und zerbrach. Im nächsten Moment stürzten die beiden Kreaturen ins Freie.
    Von der Roziere aus konnte man deutlich sehen, wie eine Welle der Angst kreisförmig durch die Masse der Gruh ging. In Sekunden entstand zwischen ihnen und dem Käfig ein freies Feld.
    Doch die Grauhäutigen standen so dicht gedrängt, dass sie nicht wirklich fliehen konnten.
    Die beiden veränderten Gardisten warfen sich auf die nächstbesten Gruh, töteten sie fast ohne jede Gegenwehr, brachen ihre Schädel auf und wühlten darin nach Nahrung.
    Doch sie fanden nur wässriges, substanzarmes Gruhhirn, offenbar nicht nahrhaft genug, um ihren Hunger zu stillen.
    Also wandten sie sich gleich den nächsten zu, von Raserei und unbändiger Wut auf ihre eigenen Artgenossen getrieben.
    »Ja, so ist es brav«, brüllte de Fouché. »Weiter! Tötet sie alle!«
    Durch die Reihen der Grauhäutigen ging ein Stöhnen, das bis hoch zur Roziere zu hören war. Die Gruh wankten zur Seite, hoben abwehrend die Hände… aber sie waren nicht schnell genug. Der brennende Hunger in ihren Eingeweiden brachte die beiden Gruh-Gardisten dazu, sich auf alles Lebendige stürzen – ohne wirklich sättigende Nahrung zu finden.
    Triumphierend verfolgte de Fouché, wie die beiden Soldaten rasend vor Zorn durch die Reihen der Gruh pflügten.
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