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VT09 - Die tödliche Woge

VT09 - Die tödliche Woge

Titel: VT09 - Die tödliche Woge
Autoren: Dario Vandis
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mir zufrieden.«
    »Natürlich«, erwiderte sie mit einer gelangweilten Handbewegung. »Aber mir geht da eine Sache herum, die ich gern mit ihm besprechen würde.«
    »Ja?«
    Sie beugte sich vor und blinzelte ihm verschwörerisch zu.
    »Ich muss jedoch sichergehen, dass ich ihm voll und ganz vertrauen kann.«
    »Selbstverständlich. Voll und ganz«, wiederholte er.
    »Auch wenn die Angelegenheit, die ich mit ihm zu besprechen habe, sehr… delikat ist?«
    »Auch dann, Eure Excellenz.«
    In ihm keimte tatsächlich so etwas wie Hoffnung, dass sie ihn nicht wieder nur mit dem neuesten Hofklatsch langweilen würde. Gerade heute Morgen hatte ihre Schwester Antoinette ihn davon in Kenntnis gesetzt, dass der für den Nachmittag geplante Jagdausflug abgesagt werden sollte. Es hatte Leclerc, der sich denken konnte, was so kurz vor dem Besuch des Kaisers hinter dieser Absage steckte, eine geschlagene Stunde gekostet, die entsprechenden Stellen zu informieren und gleichzeitig alles für den nächsten Jagdausflug vorzubereiten, der vielleicht nächste Woche stattfinden würde – wertvolle Zeit, die ihm nun für die Regierungsgeschäfte und die Vorbereitung des Festes fehlte.
    Diese Schwestern waren schlimmer als alle Regenten zuvor.
    Er fragte sich, was den Kaiser geritten hatte, die beiden als Regentinnen von Avignon einzusetzen. Er war den Umgang mit selbstsüchtigen Menschen gewohnt, aber das Verhalten dieser beiden Kreaturen schlug dem Fass wirklich den Boden aus.
    Eine Erklärung für die Inthronisierung waren aus seiner Sicht eigentlich nur die Machtspielchen, die hinter den Kulissen der Hauptstadt Paris-à-l’Hauteur stattfanden, seit Pilatre de Rozier die Entscheidung gefällt hatte, neue und modernere Wolkenstädte wie Wimereux bauen zu lassen. Es würden eine Menge Pöstchen zu vergeben sein, sobald der Umzug anstand, und es würde auch ein Statthalter benötigt werden, der die Geschäfte im alten Paris weiterführte. Dies bedeutete, dass eine ganze Menge Leute die Karriereleiter hinauffallen würden. Wie jeder öffentlich Bedienstete hoffte Leclerc, dass er ebenfalls zu den Gewinnern der Umstrukturierung zählen würde.
    Eine zweite – und leider wahrscheinlichere – Erklärung dafür, Avignon-à-l’Hauteur an die offensichtlich unfähigen Zwillingsschwestern zu geben, war die, dass hinter der Entscheidung überhaupt kein Geheimnis steckte. Dass sie rein willkürlich erfolgt war. Und dass sie nur Leclercs Vermutung stützte, dass es um die Menschenkenntnis Pilatre de Roziers nicht mehr zum Besten bestellt war.
    Der Kaiser hat abgewirtschaftet. Diese Prinzessinnen sind eine Schande für die Wolkenstädte. Und der Mann, der sie auf den Thron gebracht hat, ist es ebenso.
    Der Kanzler kannte einige Höflinge in Avignon, die diese Meinung vertraten. Er selbst zählte sich dagegen zu den gemäßigten Kräften. Revolutionen waren etwas für Kinder und endeten meistens am Galgen.
    Lourdes zog eine Schnute. »Ich fragte ihn, ob er sich vorstellen könnte, nach dem Umzug nach Wimereux einen völlig neuen Posten auszufüllen, den der Kaiser in der neuen Wolkenstadt zu schaffen gedenkt?«
    Leclerc erschrak. Hatte er etwas laut gedacht? Nein, er war nur in Gedanken versunken gewesen und hatte deswegen die Frage nicht mitbekommen, die Lourdes ihm gestellt hatte.
    »Äh, ein neuer Posten…? Ich müsste zunächst mehr darüber wissen…«
    »Mir macht er nichts vor!«, erwiderte Lourdes. »Ich weiß durchaus, dass er sich zu Höherem berufen fühlt. Ich mag Männer, die wissen, was sie wollen…« Sie setzte wieder ihr ach so pfiffiges Gesicht auf und flüsterte: »Wie nun, wenn ich gehört hätte, dass der Kaiser nach dem Umzug den Posten des Kriegsministers neu zu besetzen gedenkt – und dass ich ihm, Kanzler, auf dem Weg zu diesem Posten eine, äh, gewichtige Empfehlung mitgeben könnte?«
    Leclerc schluckte. Das Gespräch nahm eine Wendung, die ihm überhaupt nicht gefallen wollte. »Dafür müsste ich zunächst wissen, wie genau diese Empfehlung aussehen sollte…«
    Lourdes musterte ihn missmutig. »Ich mache ihm ein solches Angebot, und er zögert?«
    Zum Teufel, er hatte einen Fehler gemacht. Er hätte sofort auf ihr Angebot eingehen sollen. Später, wenn sie ihm den Preis dafür nannte, hätte es vielleicht immer noch eine Möglichkeit gegeben, sich herauszureden.
    Andererseits – Kriegsminister in Wimereux-à-l’Hauteur…
    Das war keine üble Position. Er wäre direkt dem Kaiser unterstellt, und sein Einfluss und
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