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VT05 - Tag der Vernichtung

VT05 - Tag der Vernichtung

Titel: VT05 - Tag der Vernichtung
Autoren: Jo Zybell
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des Parlaments, überschütten meine Person mit Verleumdungen!« Wütend riss er die Arme hoch und schüttelte die rechte Faust. »Ich sei ein Tyrann, ich hätte meinen Vorgänger beseitigt, keine freie Wahl hätte mich zum Präsidenten gemacht! Lügner, Banditen, Lästermäuler!«
    »Es werden immer mehr«, seufzte Daniel Djananga.
    »Ich werde Präsident, und plötzlich reißen im ganzen Land diese geschwätzigen Banditen das Maul auf!«
    Charles Poronyoma stampfte mit dem Fuß auf. »Das kann doch kein Zufall sein! Und zur gleichen Zeit erscheint ein Komet am Himmel! Das ist doch eine Verschwörung!« Er fuhr herum und deutete auf Eddie. »Wie hätte Kaiser Karl der Große auf eine solche Verschwörung reagiert?«
    Seit ein paar Wochen verfolgte Poronyoma über Internetfernsehen jede Folge der Sendung Der Traum vom Reich. Darin porträtierte ein populärer deutscher Historiker den großen Frankenkaiser.
    »Karl der Große?« Ratlos sah Eddie sich um. »A harter Brock’n war des.«
    »Hart?«, staunte Poronyoma.
    »Die Sachsen«, sagte Willi Keller.
    »Die Sachsen?«, wunderte sich Charles Poronyoma. Und dann erinnerte er sich an die letzte Folge der Sendung: Über viertausend Sachsen hatte der Kaiser enthaupten lassen, weil sie nicht seine Religion annehmen wollten. »Die Sachsen, genau.« Er rieb sich das breite Kinn.
    Erwartungsvoll sahen seine Vertrauten ihn an. »Machen wir es also wie Karl der Große!« Charles Poronyoma baute sich vor den Männern und der Pfeife rauchenden Frau auf. »Weisen wir die Opposition in ihre Schranken – Gott und den Kometen und all die anderen Sachsen von Tansania! Weisen wir sie endlich in ihre Schranken!«
    ***
    Amsterdam, 29. August 2011
    »Anne?« Sie standen in einem Kontrollraum der chirurgischen Intensivstation. »Was ist passiert, Anne?« Hinter drei Glasfronten lagen Schwerstkranke unter einem Geflecht von Schläuchen und Kabeln und von medizinischen Geräten umstellt in ihren Spezialbetten. »Warum sagst du nichts mehr, Anne? Was ist das für ein Lärm? Mein Gott…!«
    Vera van Dam, die Stationsschwester, drehte den Telefonhörer ein wenig, sodass auch die zufällig anwesenden Kollegen und Ärzte mithören konnten. Man hörte Röcheln und Stöhnen und dumpfe Schläge.
    »Sie hat um Hilfe gerufen«, sagte Vera mit heiserer Stimme.
    »›Ein Notfall‹, sagte sie. Aber – ein Notfall in der Pathologie…?«
    »Bitte?« Will van de Vetering beugte sich zum Hörer hinunter. Der Chefchirurg und Dozent an der medizinischen Fakultät der Uni Amsterdam war ein hoch gewachsener Mann.
    »Eine Knochensäge, ich höre eine Knochensäge…!«
    »Anne schreit und stöhnt wie eine Wahnsinnige!« Die Worte platzten aus Vera heraus. »Das ist nicht ihre Art, wir müssen Hilfe schicken!«
    »Schnappen Sie sich einen Notfallkoffer!« Van de Vetering wandte sich an die Pfleger und Assistenzärzte im Kontrollraum. »Laufen Sie in die Pathologie hinunter, machen Sie schon!« Zwei Männer in Weiß und zwei in Blau rannten in den Gang hinaus. Der Chefarzt lauschte wieder. »Was ist das für ein Lärm? Wer röchelt und keucht da?«
    Die drei zurückgebliebenen Schwestern sahen einander mit vor Schrecken geweiteten Augen an. »Die Polizei!« Vera van Dam stürzte zum zweiten Telefon in der Kontrolleinheit. »Wir müssen die Polizei rufen!«
    »Die Polizei…?« Van de Vetering machte eine begriffsstutzige Miene, widersprach aber nicht. Die Stationschefin rief die Telefonzentrale an, schilderte die Situation und forderte den Mann am Telefon auf, sofort die Polizei zu benachrichtigen.
    »Anne… ich höre Anne stöhnen….« Leichenblass war der Medizinprofessor auf einmal. »Und warum läuft die verdammte Kreissäge…? Es klingt, als würde jemand damit Gewebe aufschneiden…!«
    »Um Gottes willen!« Eine der anderen Schwestern schlug die Hände vor den Mund. »Anne hat aufgehört zu stöhnen…!«
    »Warum höre ich nichts von De Gruiter und Lindson?« Van de Vetering drückte Vera den Hörer in die Hand. »Haben die heute Vormittag einen unserer Patienten auf dem Tisch?«
    »Den Wachkomapatienten aus Zimmer sieben, Lupo«, entgegnete Vera.
    »Den Deutschen, den ich am Samstagabend vom Beatmungsgerät abgehängt habe?«
    »Genau den.«
    »Ich muss da runter!« Van de Vetering stürmte aus dem Kontrollraum. Die Schöße seines weißen Mantels wehten.
    »Bereiten Sie alles für Notaufnahmen vor!« Zwei Sekunden später hörten sie ihn die Eingangstür aufreißen.
    Die beiden Krankenschwestern
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