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VT04 - Zwischen Leben und Sterben

VT04 - Zwischen Leben und Sterben

Titel: VT04 - Zwischen Leben und Sterben
Autoren: Jo Zybell
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große Hund hatte den Maulwurf ebenfalls entdeckt.
    Percival blickte zum Haus: Der Zwergpudel hatte sich auf den Weg zu dem Maulwurf gemacht, den er offensichtlich apportieren sollte. Er lief nicht schnell, und seine Bewegungsabläufe hatten etwas von einem aufgezogenen Uhrwerk. Ein Junge auf einem Fahrrad wich ihm im letzten Moment aus. Der Pudel reagierte überhaupt nicht. Wie in Trance, ja wie eine mit weißem Fell bespannte Maschine trottete er zu dem ausgestopften Maulwurf.
    Der Dobermann riss sich los und war schneller. Er beschnüffelte den Maulwurf und stieß ihn mit der Schnauze hin und her. Percival hörte Vranitzki rufen. »Schäuble!«, rief er. »Komm zurück, Schäuble!«
    Möglicherweise meinte er den Pudel, sehr wahrscheinlich sogar, doch der fühlte sich nicht angesprochen: In gleich bleibender Geschwindigkeit trottete er dem Dobermann entgegen, schien überhaupt keine Notiz von dem viel größeren Hund zu nehmen, schnappte ihm einfach die Maulwurfsattrappe unter der Schnauze weg und trug sie Richtung Haus. Der Dobermann knurrte böse, setzte dem Zwergpudel nach und sprang über ihn.
    Percival stieg aus, um das Spektakel besser beobachten zu können.
    Der Dobermann stand knurrend über dem Pudel, fletschte die Zähne und schnappte nach dem Maulwurf. Es gelang ihm zwar, dem Pudel das Pelzteil zu entreißen, doch er kam nicht dazu, seine Beute in Sicherheit zu bringen – der Pudel ging ihm an die Kehle! Percival hielt den Atem an.
    Kläffend und jaulend versuchte der Dobermann den Pudel abzuschütteln, doch das gelang ihm erst, als er seine Beute freigab. Der Zwergpudel schnappte sie sich und setzte seinen Weg zu den Menschen fort, die ihn losgeschickt hatten; stoisch und in gleichmäßigen Schritten.
    Das junge Mädchen schrie sich fast heiser nach ihrem Hund, griff schon wieder nach der Leine, doch der Dobermann war nun nicht mehr zu halten. Wütend kläffend stürzte er sich erneut auf den Pudel und verbiss sich in dessen Rücken. Das weiße Fellbündel krümmte sich und quiekte erbärmlich, der Maulwurf fiel auf den Asphalt. Der Dobermann schnappte danach, nahm ihn zwischen die Fänge und wollte ihn forttragen.
    Doch der Zwergpudel schnellte hoch, biss in seinen rechten Hinterlauf und hielt sich daran fest. Der Dobermann schleppte ihn ein paar Meter weit mit, dann jaulte er auf vor Schmerz, fuhr herum und biss solange zu, bis der Pudel losließ. Sofort packte der große Hund wieder die Beute und lief zurück zum Bürgersteig. Die Halbwüchsig griff schimpfend nach seiner Leine.
    Das weiße Fell des Pudels war über und über mit Blut besudelt. Das Tier musste tatsächlich krank sein, anders konnte Percival es sich nicht erklären, dass es hinter dem Dobermann her hinkte, statt sich winselnd zu verkriechen. Schon wieder schnappte es nach den Hinterläufen des so viel größeren Artgenossen. Percival traute seinen Augen kaum.
    Dem Dobermann schien der unheimliche Zwergpudel jetzt auch nicht mehr geheuer zu sein. Er jaulte erschrocken auf, als das kleine Tier ihn erneut biss, und riss sich wieder von der Leine los. Den Maulwurf zwischen den Fängen, rannte er auf die Straße, um seinem hartnäckigen Verfolger zu entkommen und seine Beute in Sicherheit zu bringen.
    Bremsen kreischten, und es gab einen hässlichen Knall, als ein Lastwagen den Dobermann erwischte. Er wirbelte durch die Luft und prallte auf die Windschutzscheibe eines Vans auf der Gegenfahrbahn. Der bremste scharf, der Wagen hinter ihm fuhr auf. In das Heck des Lastwagens knallte ein Linienbus. Das halbwüchsige Mädchen schrie, und Percival glaubte sich in einen Albtraum verirrt zu haben.
    Von einer Sekunde auf die andere säumten Dutzende Menschen den Bürgersteig zu beiden Seiten der Straße. Männer und Frauen stiegen aus ihren Wagen, besahen die Schäden an ihren Autos, warfen erschrockene Blicke auf den toten Dobermann. Dessen Besitzerin kniete weinend vor ihm.
    Der blutende Zwergpudel schleppte sich auf die Straße. Die vielen Menschen kümmerten ihn überhaupt nicht. Er trottete unter den Lastwagen, schnappte sich den Maulwurf und hinkte mit seiner Beute im blutigen Maul wieder zurück auf den Parkplatz.
    Tom Frederic Percival riss die Kamera ans Auge und schoss ein Bild nach dem anderen. Und eine Gänsehaut nach der anderen rieselte ihm über Nacken und Schultern.
    Plötzlich stand Knox vor ihm. »Her mit der Kamera, du Wichser! Und dann verpiss dich!« Fordernd streckte er die Rechte aus. Von fern näherten sich
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