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VT03 - Tod in den Wolken

VT03 - Tod in den Wolken

Titel: VT03 - Tod in den Wolken
Autoren: Mia Zorn
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zum Rand der Felsenzunge. Vor ihm in der Luft schwebte Wimereux-à-l’Hauteur, die Stadt des Kaisers! Eine Himmelsstadt neuer Bauart! Von hier unten nur bruchstückhaft zu sehen, erhoben sich Dächer, Hütten, Zelte und Palisaden auf einer kreisrunden, mit einem Schwebekissen unterlegten Plattform, deren Fläche mindestens dreimal so groß wie Kilmalie war. An den Rändern hingen in regelmäßigen Abständen Navigationspropeller und in der Mitte der Unterseite ein Schlauch, dick wie drei Efrantenbeine. Er führte hinab in einen pyramidenförmigen Aufbau aus hellem Gestein: die Versorgungsstation. Rund um die Plattform waren an mächtigen Tauen neun Stabilisierungsballons befestigt, in Haltenetze eingespannt.
    Das ganze Gebilde erinnerte Nabuu an eine gigantische goldgelbe Blüte, die sich auf ihrem braunen Stängel sanft im Wind wiegte.
    »Siehst du die Taue, die zum Boden führen?« Rönee war an seine Seite getreten. »An ihrem Ende stehen vier Ankerstationen, an denen die Wolkenstadt festgemacht ist. Die Stationen werden Tag und Nacht bewacht.«
    »Und was ist das dort?« Nabuu deutete auf eine kastenförmige Konstruktion, die auf der nächstgelegenen Ankerstation aufsaß.
    »Das ist eine Aufzugskabine«, erklärte Rönee. »Sie fährt mittels einer dampfbetriebenen Mechanik nach oben und wird von Händlern und Bauern benutzt, um den kaiserlichen Hof zu beliefern oder ihre Waren auf den Märkten der Wolkenstadt anzubieten.«
    »Werden wir sie auch benutzen?« Nabuu war begierig darauf, in dem Kasten nach oben zu fahren.
    Rönee legte den Kopf zur Seite. »Wenn der Kommandant keine Roziere schickt, ja.«
    Nabuus Blick glitt wieder hinauf zum kreisrunden Trägerballon unter der Stadt. Wie dick er wohl war? Nabuu kniff die Augen zusammen. Bestimmt achtzig Fuß – oder mehr? Sein Rand quoll geradezu aus dem Haltenetz hervor; der Ballonkörper schien unter großem Druck zu stehen.
    Rönee, der das Interesse seines Freundes bemerkte, erklärte eifrig: »Wie bei allen Wolkenstädten, wird der Versorgungsschlauch zur Mitte der Plattform direkt mit vulkanischen Gasen aus dem Erdreich gespeist. In der Pyramide am Boden befindet sich eine Aufbereitungsanlage mit Druckventil.«
    »Ist das nicht sehr gefährlich, einen so riesigen Ballon mit Gas zu füllen?«, fragte Nabuu.
    »Natürlich«, entgegnete Rönee. »Wenn es sich entzündet, würde die ganze Stadt in die Luft fliegen! Darum ist offenes Feuer auch streng verboten!«
    Nabuu staunte. »Auch in den Häusern?«
    »Ja, der Gebrauch von offenem Feuer wird mit Verbannung aus der Wolkenstadt bestraft. Wir nutzen organisches Licht, und Hitze wird mit Dampfmaschinen in speziell gesicherten Bereichen produziert und kanalisiert.«
    Nabuu kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Plötzlich rückte der Grund seines Kommens in den Hintergrund. Er hatte nur noch den sehnlichen Wunsch, Wimereux-à-l’Hauteur aus der Nähe anzuschauen, und konnte es kaum erwarten!
    Und er musste auch nicht länger warten: Vom Rand der kaiserlichen Stadt blinkten in unregelmäßigen Abständen Lichtzeichen zur Felsenzunge herüber.
    Rönee beobachtete aufmerksam die Signale. »Ah, wir werden erwartet!« Er wandte sich an Nabuu und grinste. »Sieht so aus, als ob dein Wunsch sich erfüllt: Wir werden über die Aufzugskabine die Stadt des Kaisers betreten!«
    ***
    Im Hinterland von Wimereux-à-l’Hauteur
    Ein lauer Wind strich über die Savanne. Er wiegte sanft das knöchelhohe Gras der weiten Ebene, zupfte an dem Laub der Affenbrotbäume und kräuselte die Wasseroberfläche des kleinen Sees im Norden.
    Die dreißig Straußenvögel, die im Schatten der Affenbrotbäume lagen, genossen sein Spiel: Sie wiegten ihre langen weißen Hälse im Wind. Auf ihren mächtigen Leibern flatterten schwarze Federn unter den flachen Ledersätteln hervor.
    Etwa hundert Schritte von ihnen entfernt hatten sich ihre Reiter um den Kaiser und den Spurenleser versammelt.
    Pilatre de Rozier beugte sich über den Kadaver des toten Gnuus. Auf dessen Rücken hatten messerscharfe Krallen blutige Spuren hinterlassen. Die Brust war zerfetzt und das Herz herausgerissen.
    »Wie bei den toten Dorfbewohnern! Dieser Teufel holt sich nur das Herz!« Kerim hockte auf der anderen Seite des toten Tieres. Seine grünen Augen glitten über den Boden. Mit schmalen Fingern strich er über das herunter getretene Gras. »Größer als jeder Lioon, den ich je gesehen habe«, flüsterte er.
    Pilatre de Rozier beobachtete seinen Spurenleser und
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