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VT03 - Tod in den Wolken

VT03 - Tod in den Wolken

Titel: VT03 - Tod in den Wolken
Autoren: Mia Zorn
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furchtbare Kämpfer und scheinen fast unbesiegbar. Diese Schusswunden hier haben wir ihm zugefügt. Jeder normale Mensch wäre daran gestorben! Aber dieses Wesen hier starb nicht! Es kroch sogar noch mit gebrochenen Gliedern über unseren Ratsplatz.«
    Die Prinzessin kam näher, um besser sehen zu können. Der Mann mit der gedrungenen Gestalt eilte an ihre Seite und reichte ihr ein Tuch. Antoinette presste sich die gewebte Spitze gegen die Nase. Neugierig betrachtete sie den toten Körper: Er war von Wunden übersät. Ein spitzer Knochen ragte aus einer klaffenden Öffnung am Ellenbogen. Das Fleisch in der Magengegend und am Knie war zerfetzt. Würmer krochen daraus hervor. Der Verwesungsprozess hatte bereits eingesetzt. »Sag er mir, wenn eure Waffen nichts ausrichten konnten gegen dieses… dieses Ding , was hat es dann getötet?«, flüsterte sie heiser.
    »Wir haben ihn in einer Wanne Wasser ertränkt.« Nabuu schauderte immer noch, als er an die Aktion dachte: Er hatte geglaubt, das Strampeln und Schlagen des Sterbenden würde niemals aufhören. Sie mussten ihn ewig unter Wasser halten, bevor der letzte Rest Leben in dem zuckenden Leib erstickt war.
    Nabuu richtete sich auf. »Unsere Männer haben ihn lange verhört. Aber außer dem Wort ›Gruh‹ war nichts aus ihm herauszukriegen. Wir glauben, diese Wesen kommen aus den Tiefen der Großen Grube nahe Kilmalie. Vermutlich haben sie auch deine Schwester dorthin verschleppt.«
    Antoinette sog hörbar die Luft ein. Abwechselnd betrachtete sie Nabuu und den Gruh. So als wäge sie ab, ob sie den Worten des Kilmaliers glauben dürfe.
    Der Anblick dieses unmenschlichen Leichnams sollte sie eigentlich überzeugen! Der junge Krieger ließ ihr einen Moment Zeit, nachzudenken. Schließlich fuhr er fort: »Einige unserer tapfersten Männer verfolgen sie, um Prinzessin Lourdes zu retten. Aber wir befürchten eine Übermacht von Gruh in den Höhlen der Grube. Womöglich rüsten sie sich zum Kampf gegen Kilmalie. Und wenn sie mit unserer Stadt fertig sind, werden sie weiterziehen und andere Siedlungen heimsuchen. Daher bitte ich Avignon-à-l’Hauteur um Unterstützung!«
    Auf dem Gesicht der Prinzessin breitete sich Verzweiflung aus. Sie taumelte zu ihrem Thron und ließ sich darauf sinken. Ihre Lakaien rückten mit großen Rattanfächern und Weinkaraffen an. Antoinette scheuchte sie davon. »Wir müssen nachdenken! Wir brauchen Zeit!«
    »Zeit, die wir nicht haben!«, entfuhr es Nabuu. Er bemerkte noch rechtzeitig den warnenden Blick des Kommandanten. »Denk an deine Schwester!«, fügte der Kilmalier schnell hinzu.
    Aber Antoinette übersah und überhörte das unhöfische Benehmen des jungen Kriegers. Der Anblick des Toten und die Informationen über die Gruh wirbelten ihr durch den Kopf: Vermutlich war Lourdes längst tot. Eigentlich sollte man sie, Prinzessin Antoinette de Rozier, in Ruhe über den Verlust der geliebten Schwester trauern lassen! Stattdessen wurde sie jetzt aus unzähligen blassen Gesichtern erwartungsvoll angestiert!
    Antoinette seufzte. Es gab kein Entrinnen. Sie musste handeln, ob sie wollte oder nicht! Wenn es stimmte, was dieser Bauernsohn erzählte, würden die Biester über die Grenzen Kilmalies kommen. Was sollte sie tun? Ihre Truppen zur Großen Grube schicken? Dann wäre sie ungeschützt hier in Avignon-à-l’Hauteur. Oder sollte sie selbst nach Kilmalie reisen, um sich ein Bild zu machen? Sie schaute sich um. Vermutlich erwarteten ihre Minister genau das von ihr. Dieser Gedanke erschreckte sie mehr als alles andere. Sie öffnete ihre Hand, und das Spitzentaschentuch segelte aus ihren zitternden Fingern.
    Der Mann mit der gedrungenen Gestalt hastete an ihre Seite. Diesmal schenkte er ihr nur eine kurze Verbeugung. Dann wandte er sich direkt an die Menge. »Auch wenn der Schmerz um das Schicksal ihrer geliebten Schwester Prinzessin Antoinette schier die Sinne raubt, hat Ihre Excellenz in ihrer unendlichen Weitsicht eine Entscheidung getroffen, die den Schutz von Kilmalie und der Provinz Masaai garantiert!« An dieser Stelle machte er eine Pause. Wie auf ein Kommando begannen die Anwesenden zu klatschen. »Vive la princesse Antoinette!«
    Wohlwollend nickte die Prinzessin den Rufenden zu. Erst als die Beifallsbekundungen abebbten, fuhr der Mann fort: »Unser Land braucht in der Stunde der Not die besten Soldaten und die besten Wissenschaftler aller Provinzen! Es braucht den Rat des weisesten Mannes von ganz Afra! Und wo sonst als in der
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