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VT01 - Eine Wunde in der Erde

VT01 - Eine Wunde in der Erde

Titel: VT01 - Eine Wunde in der Erde
Autoren: Michael M. Thurner
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Vorboten jener Plage, die in einigen Wochen über Stadt und Umgebung hereinbrechen würde. Noch waren es nur Vorboten, die sich scheinbar schläfrig ihrem Nachtkonzert hingaben. Irgendwann würden sie sich zu Hunderttausenden, zu Millionen und schlussendlich zu Milliarden sammeln, um in einem kaum zu stoppenden Wander- und Fresstrieb weite Teile des Landes zu verwüsten. Der halbjährliche Kampf um die Ernte würde entbrennen. So wie es seit Jahr und Tag geschah.
    »Du bist bei weitem nicht so kräftig, wie ich es mir vorgestellt habe«, hauchte Sintala Kinga ins Ohr.
    »Was willst du damit sagen? Ist er dir denn nicht groß genug…?«
    » Den mein ich doch nicht, der ist schon in Ordnung so.« Sie kicherte und drehte sich ihm zu. »Ich meinte eigentlich deinen Körper. Ich dachte stets, dass ein Triping besondere stark sein müsse, um seine Tiere zu beherrschen.«
    Kinga unterdrückte einen Seufzer. Alle wollten sie wissen, wie es war, einen Maelwoorm zu bändigen, auf ihm zu reiten und ihn für die Arbeit einzusetzen. »Es hat mehr mit Geschicklichkeit, als mit Kraft zu tun«, sagte er, während er durch Sintalas wuschliges Haar fuhr. »Früher dachte ich auch, dass hauptsächlich körperliche Präsenz notwendig sei, um die Maelwoorms zu beherrschen.«
    Sie blickte ihn neugierig an, forderte ihn mit einem Nicken auf, weiter zu sprechen.
    »Der Erstwoorm, den wir zum Roden und Grobpflügen verwenden, erfordert am meisten Energie. Er ist stumpf, benötigt klare Befehle und Signale, um seine Arbeit zu tun. Hängen wir einen Zweitwoorm zum Feinpflügen dahinter, ist es besonders wichtig, die beiden Tiere aufeinander abzustimmen. Meist mögen sie sich nicht. Ihre Bewegungsabläufe sind unterschiedlich, und das Zügelwerk irritiert sie.« Kinga schloss die Augen, ließ die tausenden Schulungs- und Übungsstunden Revue passieren, die er als Jugendlicher mit seinen beiden Maelwoorms hatte absolvieren müssen. Dann erst war der lang erhoffte Befehl gekommen, in den Stallungen nach einem Drittwoorm zu suchen…
    »Das dritte Tier gehört zu den intelligentesten seiner Art. Es wird jahrelang trainiert, bis es gelernt hat, die Pflanzensaat zu verschlucken, in seinem Pansenmagen zu speichern und während des Pflanzvorgangs wieder auszusäen. Hat man den Woorm so weit, muss man ihn an die beiden anderen gewöhnen, die in Zukunft vor ihm im Geschirr durch den Boden wühlen. Das Zügelwerk verwirrt sie, der Stehsattel ärgert sie.«
    Kinga genoss die streichelnden Bewegungen Sintalas über seine Brust. Ihre Blicke waren bewundernd. Für sie war er so etwas wie eine Trophäe. Einer der bedeutendsten Männer Kilmalies. Er stellte etwas dar, über das sie während der Morgenarbeit vor ihren Freundinnen prahlen würde.
    Oder schätzte er sie falsch ein? Teilte sie das Lager mit ihm, weil sie ihn wirklich mochte?
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte er und richtete sich abrupt auf. Das vernarbte Gewebe an den Schultern und an der Bauchdecke schmerzte für einen Moment.
    »Willst du nicht die ganze Nacht bei mir verbringen?«, fragte sie.
    »Ich denke nicht.« Plötzlich hatte er es eilig, sich aus der Hütte der Daam zu verabschieden. Die Aufforderung zu bleiben war allzu plump gewesen. Blieb er bis zur Morgendämmerung, hatten ihre Eltern das Recht, einen Obolus für ihre »Schändung« oder gar eine Mitgift zu fordern.
    Er zog sich an, hauchte Sintala einen Kuss auf die Stirn und trat leise aus der strohgedeckten Hütte.
    Er streckte sich ausgiebig und blickte nach oben. Das Meer der Sterne leuchtete herab. Die Frakken waren längst verstummt. Die Umrisse des großen Berges Kilmaaro, der den Legenden nach Feuer spuckte, wenn sich die Kilmalier gegen das Land versündigten, leuchteten in seltsamem Rot. Schwache Hitzewolken zogen über seinem Gipfel dahin.
    Oder spielte ihm seine Fantasie einen Streich?
    Er war zu müde, um darüber nachzudenken. Die Nacht endete bald. Ein weiterer Tag voll schwerer Arbeit wartete auf ihn.
    ***
    Gonho zog die groben Längszügel durch den Fetttopf, ließ sie mehrmals hin und her gleiten. Er achtete darauf, dass sie auf ihrer ganzen Länge von Taratzenfett bedeckt waren.
    Immer wieder schweiften seine Gedanken ab, ließen ihn in der Arbeit innehalten.
    Wut wallte dann hoch. Wut darüber, dass er hier saß und niedrige Dienste leisten musste, während Nabuu und Kinga allerorts als Helden der Arbeit gefeiert wurden.
    Zhulu hatte Kinga bevorzugt, hatte ihm eine zweite Chance gegeben und ihn zum Triping
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