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Vox

Vox

Titel: Vox
Autoren: Baker
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dem Moment betätigen, in dem größere Stromflüsse abgestellt werden, kaschunk, und dann ist da das Problem, daß Kinofilmmaterial im Dunkeln nicht funktioniert, also muß ein recht hoher Lichtlevel vorhanden sein, der aber den Eindruck von Dunkelheit vermittelt, und daher müssen in dem Moment, in dem die großen Glühlampenimitate ausgeschaltet werden, die Mondschein oder Straßenlampenimitate draußen vor dem Fenster angehen, und trotzdem gibt’s dabei oft ein Problem, es gibt oft eine winzige Verzögerung von einer tausendstel Sekunde, während die Glühfäden der Mondscheinlampe sich aufheizen und ihre volle Leistung erreichen, und deshalb kann man bei diesem Übergang das zweite Lichtset sehen, das über Bett und Wände fällt und ‹dunkles friedliches Zimmer› vermitteln soll. Ist dir das schon mal aufgefallen?»
    «Nein», sagte sie. «Aber es klingt sehr interessant, und ich versprech dir, wenn ich das nächste Mal fernsehe, dann achte ich darauf.»
    «Tu das», sagte er. «Unterdessen wird es dich freuen zu hören, daß das echte Straßenlicht vor meinem Fenster anfängt anzugehen. Es ist ein ganz erstaunlicher Effekt. Es geht nicht auf einmal an, es ist völlig anders als das, was ich dir gerade geschildert habe. Es geht ganz ganz allmählich an, das dauert ungefähr zwanzig Minuten. Es beginnt mit einer tieforangen Phase. Natürlich hab ich bei meinem hektischen Tagesablauf nur ganz selten Zeit zuzuschauen. Aber wenn ich es mir anschaue, dann ist es wirklich richtig schön. Es geschieht so allmählich, daß man sich nicht sicher ist, ob das Licht nun angeht und ein wenig heller scheint oder ob der Himmel dunkler geworden ist – natürlich passiert beides, aber man kann nicht sagen, welches das andere überholt, und dann kommt der Augenblick, von jetzt an in etwa fünf Minuten, da hat die Straßenlampe genau die gleiche Farbe wie der Himmel, ich meine, genau das gleiche Grün-Violett-Gelb oder so ähnlich, so daß es aussieht, als wäre mitten in dem Baum auf der anderen Straßenseite ein Loch, da in den Ästen, wo der Himmel durchscheint, der ja in Wirklichkeit die Lampe auf meiner Straßenseite ist.»
    Eine Pause trat ein.
    «Hör mal», sagte sie. «Das wird langsam teuer, ein Dollar die Minute oder was das kostet.»
    «Fünfundneunzig Cents die halbe Minute, glaube ich.»
    «Dann gib mir deine Nummer, und ich ruf dich zurück», sagte sie.
    «In Ordnung. Aber.»
    «Ja?»
    «Aber dann mußt du wieder Licht machen, um dir meine Nummer aufzuschreiben», sagte er.
    «Wo denkst du hin? Ich habe ein gutes Zahlengedächtnis.»
    «O ja, bestimmt ist es viel besser als meins. Aber wenn dir nun in diesem einen Einzelfall die Nummer entfällt?»
    «Na gut, um sicherzugehen, mache ich Licht und schreibe sie auf.»
    «Aber wenn du sie nun falsch aufschreibst, eben weil das so ein ungewöhnlicher Anlaß ist, und du zwei Zahlen vertauschst und es dir zum erstenmal passiert?»
    «Sexuelle Legasthenie.»
    «Genau! Oder was ist, wenn du auflegst und dir noch ein Cola Light holst und dann beschließt, nein, das ist ja verrückt, ich will ihn nicht zurückrufen? Woher soll ich wissen, daß du dann doch nicht mehr anrufst?»
    «Ich ruf dich zurück», sagte sie. «Es macht mir Spaß. Ich rufe zurück.»
    «Okay, aber was ist, wenn du doch zurückrufst, aber wegen der Unterbrechung, auch wenn es nur eine Minute ist, in der wir nicht verbunden sind, was ist, wenn sich das Schicksal wandelt und wir auf einmal befangen sind und die Intimität, die uns davor offenbar so leichtgefallen ist, wenn wir die dann nicht mehr so ganz wiederherstellen können?»
    «Schon gut, du hast mich überzeugt. Gib mir deine Nummer nicht.»
    «Ich finde wirklich, zwei Dollar die Minute sind billig dafür. Ich brauche das. Dafür würde ich zwanzig Dollar die Minute ausgeben. Und ein Zeitlimit gibt’s bei diesem Anschluß auch nicht – jedenfalls steht in meiner Anzeige in Großbuchstaben KEIN ZEIT-LIMIT.»
    «Okay», sagte sie.
    «Okay, und als Gegenleistung für deine Bereitschaft werde ich versuchen, aus deinen Erbstücken da auf deinem Eßzimmertisch was zu machen. Mal sehen. Also, da war mal ein Typ, der ein großes Abendessen für ein Dutzend Leute gab, was eigentlich nicht seine Art war, aber er tat es trotzdem, und als alle seine Freunde gegangen waren, fing er an aufzuräumen, wobei er sich etwas bedrückt fühlte. Er räumte die Teller ein, die Gläser, das Besteck, Mann, so vollgestopft mit Silber war der Korb in seinem
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