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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken
Autoren: Gear & Gear
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Flasche Belgian Guinness. Die Belgier wussten, was ein gutes Bier war. Das Gebräu in Irland konnte mit dem würzigen, cremigen Stout, das unter Guinness-Lizenz in Belgien gebraut wurde, bei weitem nicht wetteifern.
    Doch sie hatte vor sechs Monaten aufgehört zu trinken.
    Nach Johns Tod war sie am Ende gewesen und hatte aus eigener Erfahrung gelernt, was der Ausdruck »Seinen Kummer in der Flasche ersäufen« bedeutete. Und in diesen Zustand wollte sie nie wieder zurückfallen. Sie musterte ihre Hände, die gefaltet auf ihrem Schoß lagen. Die Fingernägel waren abgebrochen und ausgefranst. John hatte sie oft damit geneckt. Sie hatte noch nie ordentliche Fingernägel gehabt. Nicht einmal als Kind. Obwohl ihre Mutter eine fromme Katholikin gewesen war und Maureen im christlichen Glauben erzogen hatte, war sie darauf bedacht gewesen, dass Maureen auch die traditionellen Fertigkeiten der Seneca erlernte: Töpfern, Weben, Korbflechten, Perlenstickerei, ja selbst jagen lernte sie, das Abhäuten der Tiere und das anschließende Gerben der Felle. Wie oft hatte ihre Mutter ihr erklärt: »Die schwächlichen weißen Frauen haben nur deshalb so makellose Hände, weil sie sich vor allem Lebendigen und Toten fürchten. Du, meine Tochter, wirst dich immer daran erinnern, dass deine Ur-ur-urgroßmütter Jägerinnen und Kriegerinnen gewesen sind. Fünf IrokesenKriegerinnen erhielten eine Soldatenrente für ihre heldenhaften Taten im Unabhängigkeitskrieg von 1812. Eine von ihnen, Julia John, war eine Verwandte von dir. Unsere Frauen waren Anführer, keine Mitläufer. Sollte ich jemals die Abdrücke deiner Mokassins in denen eines anderen Menschen entdecken, wirst du für den Rest deines Lebens frische Häute schaben.«
    Und da Maureen bereits Dutzende frischer Tierhäute geschabt hatte - wohlgemerkt mit den traditionellen Steinwerkzeugen -, hatte sie sich geschworen, mit ihren Mokassins niemals in die Fußstapfen eines anderen Menschen zu treten.
    Maureen warf noch einmal einen Blick auf ihre Nägel und fragte sich, ob sie sie überhaupt lackieren könnte. Wahrscheinlich nicht. Falls sie einmal in die Nähe eines Fläschchens mit rosa Nagellack käme, würde sie mit Sicherheit fluchtartig das Weite suchen.
    Sie nahm das beschlagene Glas und trank einen Schluck. Kühl und angenehm süß rann der Pfefferminztee durch ihre Kehle. Die Minze zog sie in ihrem eigenen Garten. Der fertige Eistee, den man in Kanada zu kaufen bekam, war ein grauenvoll süßes, mit künstlichem Zitronenaroma versetztes Gebräu.
    Die Vereinigten Staaten hatten nicht viel zu bieten, aber es gab geeisten Tee. Jetzt, da sie darüber nachdachte, kam sie zu dem Schluss, dass die Staaten tatsächlich zwei große Pluspunkte aufwiesen: Eistee und Dodgers. Den Rest, überlegte sie, konnte man getrost dem Erdboden gleichmachen, und niemand würde es bemerken.
    Sie schwenkte den Tee in dem hohen Glas herum, beobachtete, wie die klare, hellgrüne Flüssigkeit bis zum Rand schwappte und stellte das Glas wieder auf den Tisch zurück.
    Ihr Ehering glitzerte in dem von den dichten Bäumen gefilterten Sommerlicht, das in goldenen Punkten über die Veranda tanzte. Es war ein schlichter Goldreif, den sie noch nie abgelegt hatte. John hatte ihr den Ring vor der Hochzeit angesteckt, in den dunklen Tagen, als sie sich beide das Essen vom Mund absparen mussten, damit sie an der McGill University von Montreal ihren Doktor in Philosophie machen konnten. Dieser Ring war Verlobungs- und Ehering zugleich, eine unglaubliche Extravaganz trotzdem, und Maureen schätzte ihn jetzt noch mehr als damals.
    Sie legte die rechte Hand auf den Ring und drückte ihn an ihr Herz.
    An der Westseite des Hauses, links von ihr, knackten plötzlich die alten Dielenbretter. Maureen wusste aus Erfahrung, was das bedeutete: ein unerwarteter Besucher.
    Sie drehte sich um und sah einen mittelgroßen Mann mit einer dichten grauen Haarmähne um die Ecke kommen. Seine Kleider waren verstaubt, und auf dem Kopf trug er einen zerbeulten Filzhut, der in den vierziger Jahren einmal modern gewesen war.
    »Dr. Cole, sitzen sie an Sommernachmittagen immer auf der Veranda? Ich dachte, die Vorsitzende der anthropologischen Abteilung der McMaster University sei jederzeit sehr beschäftigt.« Maureen lächelte ihn an. »Es ist Juli, Dale. Semesterferien. Schon mal davon gehört?« »Nein. Um diese Zeit ist bei den Archäologen Hochbetrieb. Da buddeln wir rund um die Uhr.« »Tja, wir biologischen Anthropologen nutzen unsere
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