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Vorstoß ins Niemandsland

Vorstoß ins Niemandsland

Titel: Vorstoß ins Niemandsland
Autoren: Alfred Bekker
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vorbeischnellen.
    Das Kridan-Schiff hatte zwar seit seinem Austritt aus dem Zwischenraum mit vierzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit bereits auf die Hälfte dieses Wertes abgebremst, wäre aber noch immer viel zu schnell gewesen, um in eine stabile Umlaufbahn übergehen zu können. Stattdessen sollte das Mutterschiff möglichst viele Daten über die anderen Planeten des Systems zusammentragen und auf zwei von ihnen weitere Beiboote absetzen.
    Die KLEINE KRALLE, das Beiboot unter dem Kommando von Nom-Tanjaj Bras-Kon, wurde bei 0,2 LG ausgesetzt und von der Gravitation des Eisplaneten eingefangen.
    Sun-Tarin nahm einen der letzten von einem Dutzend Plätzen innerhalb der Passagierkabine ein. Er blickte durch ein Fenster. Das Licht der Sonne Korashan wurde durch die weiße, schneebedeckte Oberfläche des Planeten stark reflektiert, sodass man ständig das Gefühl hatte, dass von dieser Welt ein eigentümliches Leuchten ausging.
    Denk nicht mehr an Anré-Sé! , ging es dem Tanjaj-Rekruten durch den Kopf. Das ist die einzige Möglichkeit, um den Weg des Schmerzes zu verlassen und den Zustand innerer Läuterung zurückverlangen, der für jeden Tanjaj die Voraussetzung ist, um im Dienst für den Raisa zu stehen …
    Die Reinigungsrituale beim Bordpriester hatte Sun-Tarin hinter sich gebracht. Allerdings hielt sich die spirituelle Wirkung auf die innere seelische Stabilität des Tanjaj-Rekruten diesmal in ziemlich eng umrissenen Grenzen.
    Um sich abzulenken, hatte sich Sun-Tarin umso intensiver in die Vorbereitung zu dieser Mission gestürzt. Er hatte buchstäblich jedes Datenfile geöffnet, das es über diese Raumregion in den Speichern des Bordrechners der KRALLE DER GLÄUBIGEN gab.
    Besonders interessierten ihn die barbarischen Säugetierabkömmlinge, die auf Korashan V hausten. In gewissen Grenzen empfand er sogar Respekt für die Tapferkeit dieser Heiden nach allem, was man über den Verbleib der ersten Expedition auf den Schneeplaneten wusste.
    Es fiel Sun-Tarin schwer anzunehmen, dass diese Primitiven tatsächlich etwas damit zu tun hatten. Mit ihren schnabellosen »Verwandten«, die in die Kämpfe gegen die spinnenartigen Msssarrr verwickelt gewesen waren, konnten die Barbaren dieser Eiswelt nicht viel gemein haben.
    Natürlich hatte sich auch Sun-Tarin das aufgezeichnete Bildmaterial angesehen, und ihm war die Ähnlichkeit der Eiswelt-Bewohner mit jenen Fremden, die in einer Distanz von schätzungsweise ein paar Dutzend Lichtjahren über ein gewaltiges Sternenreich geboten, nicht entgangen.
    Wenn beide Spezies verwandt waren, handelte es sich bei den Eisweltlern vielleicht um degenerierte Nachfahren. Nach und nach waren sie auf eine Stufe zurückgefallen, die der Barbarei sehr nahe kam.
    Auf jeden Fall besaßen sie nicht den rechten Glauben und dementsprechend waren sie auch kaum gewillt, sich aus freien Stücken der Göttlichen Ordnung des Raisa zu unterwerfen.
    Also muss man da etwas nachhelfen!
    Ohne dass er es hätte verhindern können, kehrten Sun-Tarins Gedanken trotz der priesterlichen Läuterung immer wieder zu der schönen Eierlegerin zurück. Er träumte, dass sie ihm durch ein höchstpriesterliches Urteil als die für ihn bestimmte Gefährtin zugesprochen worden wäre. Aber das war reines Wunschdenken und in dieser Form schon eine Sünde. Schließlich war Gott die lenkende Macht des Universums und keine primitive Wunscherfüllungsmaschine, die sich durch Gebete oder – noch schlimmer! – durch magische Praktiken beeinflussen ließ.
    »Was ist los mit dir?«, fragte sein Sitznachbar Re-Lim, ein Tanjaj-Rekrut im selben Ausbildungsjahr. Sie kannten sich seit der Zeit auf der Tanjaj-Akademie näher, und schon vorher waren sie sich im Rahmen verschiedener Förderprogramme zur Erkennung von Tanjaj-Talenten im Schlüpflingsalter begegnet.
    »Teile deine Gedanken mit mir«, forderte Re-Lim seinen Nachbarn auf. »Du weißt doch, was die Schriften sagen …«
    »Tut mir Leid, im Moment habe ich keine Ahnung, worauf du anspielst!«, behauptete Sun-Tarin und hoffte, dadurch die Unterhaltung möglichst schnell beenden zu können.
    Aber das Gegenteil war der Fall.
    »Wer sich verschließt, wird ein Ärgernis für die Sache der Gläubigen« , zitierte Re-Lim die Überlieferung und plapperte unablässig weiter.
     
     
    Das Beiboot hieß KLEINE KRALLE, was sich auf den Namen des Mutterschiffs bezog. Der Pilot ließ es in die Atmosphäre des Eisplaneten eintauchen, der von drei rötlich schimmernden Monden umkreist
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