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Vorsatz und Begierde (German Edition)

Vorsatz und Begierde (German Edition)

Titel: Vorsatz und Begierde (German Edition)
Autoren: P. D. James
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ließ, war die Glocke des Feuerwehrlöschzugs.

Epilog
    Mittwoch, 18. Januar
       
    Es wurde Mitte Januar, bis Adam Dalgliesh wieder zur Larksoken-Mühle kam – ein sonniger und so warmer Tag, daß die Landzunge im hellen, durchscheinenden Licht eines Vorfrühlings zu liegen schien. Als Meg nach ihrem Abschiedsbesuch in der Mühle durch das hintere Gartentörchen hinausging, um über die Landzunge zu wandern, sah sie, daß schon die ersten Schneeglöckchen blühten, und kauerte sich nieder, um voll Freude zu beobachten, wie sich ihr zartes Grün mit den weißen Blütenköpfchen im sanften Wind wiegte. Das Grasland der Landzunge federte unter ihren Schritten, und in der Ferne kreiste und segelte eine Schar Möwen wie ein Regenschauer aus weißen Blütenblättern am Himmel.
    Der Jaguar stand vor der Mühle. Ein Bündel Sonnenstrahlen fiel durch die offene Tür ins Haus und beleuchtete das leergeräumte Zimmer. Dalgliesh lag auf den Knien, um die letzten Bücher seiner Tante in einer Teekiste zu verstauen. Die Bilder lehnten, bereits verpackt, an der Wand. Meg kniete sich neben ihn, um ihm zu helfen, indem sie ihm die Bände reichte. »Was machen Beine und Rücken?« fragte sie ihn.
    »Ein bißchen steif noch, und die Narben jucken gelegentlich. Aber es scheint, daß alles gut verheilt ist.«
    »Keine Schmerzen mehr?«
    »Keine Schmerzen mehr.«
    Mehrere Minuten lang arbeiteten sie in freundschaftlichem Schweigen. Dann sagte Meg: »Ich weiß nicht, ob Sie das hören wollen, aber wir sind Ihnen wirklich alle sehr dankbar für das, was Sie für die Blaneys tun. Die Miete, die Sie ihnen für die Mühle abnehmen, ist lächerlich, und Ryan weiß das.«
    »Ich wollte ihm keinen Gefallen tun«, wehrte Dalgliesh bescheiden ab. »Ich brauche eine einheimische Familie, die hier wohnt, und da war er die beste Wahl für mich. Es geht schließlich nicht um irgendein Haus. Wenn er sich über die Höhe der Miete Gedanken macht, soll er sich als eine Art Verwalter betrachten. Sie könnten erwähnen, daß ich eigentlich ihm etwas bezahlen müßte.«
    »Nicht viele Menschen, die einen Verwalter suchen, würden sich für einen exzentrischen Kunstmaler mit vier Kindern entscheiden. Aber dieses Haus ist einfach ideal für die Familie: zwei Badezimmer, eine schöne Küche und der Mühlenturm für Ryan als Atelier. Theresa ist wie verwandelt. Seit ihrer Operation hat sie schon viel mehr Kraft, und inzwischen strahlt sie regelrecht vor Glück. Gestern hat sie mich im Alten Pfarrhof angerufen, um uns alles zu erzählen und zu erklären, wie sie die Räume ausmißt und vorausplant, wohin sie die einzelnen Möbel stellen will. Sie haben es hier viel schöner als in Scudder’s Cottage, auch wenn Alex das Haus nicht verkaufen und endgültig loswerden wollte. Ich kann’s ihm eigentlich nicht übelnehmen. Wußten Sie, daß er auch Martyr’s Cottage verkaufen will? Jetzt, wo er so viel mit seinem neuen Job zu tun hat, möchte er sich, glaube ich, endgültig von der Landzunge und all ihren Erinnerungen befreien. Ich glaube, das ist nur natürlich. Und das mit Jonathan Reeves wissen Sie vermutlich auch schon. Der hat sich mit einem jungen Mädchen aus dem Kraftwerk verlobt, Shirley Coles. Und Mrs. Jago hat einen Brief von Neil Pascoe bekommen. Nach ein paar falschen Starts hat er in Camden einen vorläufigen Job als Sozialarbeiter gekriegt. Sie meint, daß er sich dort recht wohl fühlt. Außerdem gibt’s gute Nachrichten von Timmy – ich glaube wenigstens, daß es gute Nachrichten sind. Die Polizei hat Amys Mutter aufgetrieben. Da sie und ihr Lebensgefährte Timmy nicht wollen, wird er zur Adoption freigegeben. So kommt er wenigstens zu einem Elternpaar, das ihm Liebe und Geborgenheit bieten kann.«
    Unvermittelt hielt sie inne, weil ihr bewußt wurde, daß er sich möglicherweise gar nicht für diese lokalen Details interessierte. Aber eine Frage gab es noch, die sie in den letzten drei Monaten mit sich herumgetragen hatte – eine Frage, die sie nicht zu stellen brauchte, die aber nur er beantworten konnte. Sie wartete auf einen Augenblick, da seine schmalen, sensiblen Hände die Bücher geschickt in die Kiste legten, und fragte dann: »Akzeptiert Alex eigentlich, daß seine Schwester Hilary ermordet hat? Ich spreche nicht gern mit Inspector Rikkards, und selbst wenn ich ihn frage, würde er mir nicht antworten. Und Alex kann ich natürlich nicht fragen. Seit ihrem Tod haben wir kein einziges Mal über Alice oder den Mord gesprochen.
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