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Vorhofflimmern

Vorhofflimmern

Titel: Vorhofflimmern
Autoren: Johanna Danninger
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ist
ihr klar, dass sie völlig alleine dasteht und den besten Kerl der Welt in den
Wind geschossen hat. Soll sie doch jetzt sehen, wo sie bleibt!“
    Ich hatte mich so in Rage geredet, dass ich kurzzeitig aus
dem Takt kam und Frank auf die Füße trat. Er rettete seine Zehen, indem er mich
wieder zu einer Drehung zwang.
    „Du hast recht“, sagte er, als ich an ihm vorbei kreiselte.
    „Natürlich hab ich das“, meinte ich, mittlerweile völlig
außer Atem.
    Frank grinste und versuchte dabei gelassen zu wirken. Die
Trauer in seinen Augen blieb mir allerdings keineswegs verborgen. Es würde noch
lange dauern, bis er über das Geschehene hinweg kommen würde. Diese Frau hatte
ihm das Herz gebrochen und ich hasste sie dafür.
    Nach dem fünften Lied bat ich Frank um eine Verschnaufpause.
Ich erinnerte mich selbst daran, dass ich unbedingt mehr Sport treiben musste.
Nach dem bisschen tanzen schnaufte ich bereits wie ein Walross und war völlig
erledigt, während mein Tanzpartner frisch und munter aussah, als wäre er gerade
von einem kleinen Nickerchen aufgestanden.
    „Ich brauch was zu trinken“, stöhnte ich und ließ mich gegen
die Theke fallen.
    „Lena, wo hast du deine Kondition gelassen?“, scherzte Frank
und winkte der Bedienung.
    „Kondition? Was ist das?“
    „Hehe, naja, du wirst eben auch nicht jünger...“
    Wie bitte?
    Ich strafte Frank mit einem giftigen Blick und streckte ihm
die Zunge raus.
     
    Nach diversen Drinks kam Vera
angetänzelt und bat mich, mit ihr ein wenig an die frische Luft zu gehen. Ich
fand die Idee richtig gut, denn mittlerweile war es so stickig in der Disko,
dass mir alleine vom Herumstehen der Schweiß über den Rücken lief.
    Wir ließen also Frank in der Jukebox zurück und schlängelten
uns hinaus, auf die große Raucherterrasse.
    Im Außenbereich tummelten sich beinahe noch mehr Leute als
drinnen und wir quetschten uns Meter für Meter vorwärts, um wenigstens ein
kleines Fleckchen für uns zu ergattern, an dem es möglich war, ohne fremden
Körperkontakt zu stehen.
    Bei jedem Schritt merkte ich, dass mir der Alkohol zusehend
das Gehirn umnebelte. War ich drin noch einigermaßen klar im Kopf, so
entwickelte sich jetzt in rasantem Tempo ein ausgewachsener Rausch. Natürlich
kannte ich als erfahrener Partygänger das Phänomen der sogenannten
Frischluft-Ohrfeige, dennoch war ich über das heutige Ausmaß ein wenig
überrascht.
    Wie viel hatte ich denn getrunken? Soo viel war es doch gar
nicht gewesen?
    Meine verschlagenen Ohren und die schwere Zunge erzählten mir
da allerdings etwas anderes.
    Hui ui ui!
    Mit einem Mal war ich froh, dass so viele Menschen um mich
herumstanden, so konnte ich wenigstens nicht umfallen. Vera ging zielstrebig
vor mir, darum bemerkte sie nichts von meiner krassen Zustandsveränderung.
    „Oh! Da ist Verena!“, trällerte Vera. „Bin gleich wieder da!“
    Und weg war sie. Na toll...
    Unglaublich, dass Vera jeden zweiten Menschen in Wollbach
kannte. Ich hatte keine Ahnung, wer diese Verena sein sollte, doch momentan war
mir das auch ziemlich egal.
    Ich stand wie bestellt und nicht abgeholt in einer
Menschenmenge und wogte hin und her, wie Schilfgras im Wind.
    Verdammt, Vera! Ließ mich da einfach hilflos und besoffen
zurück! Miststück...
    Verärgert peilte ich eine Bar an, die hübsch im Mallorca-Stil
dekoriert war. Ich presste mich gegen den Tresen und war unheimlich froh über
die Stütze. Schwach winkte ich dem Barkeeper und bestellte ein Mineralwasser.
    Aaah! Erstaunlich, wie herrlich so ein schlichtes Wasser
schmecken konnte!
    Ich hing an der Flasche, als hätte ich gerade die Wüste Gobi
durchquert und trank die erste Hälfte in einem Zug leer.
    Der Mann neben mir beobachtete mich ungeniert. Als ich meinen
ersten Durst gestillt hatte, rückte er näher. „Mädel! Du musst doch was Gescheites
trinken!“
    „Nein, Danke. Für heute reicht es mir“, lehnte ich höflich,
wenn auch ein wenig lallend ab.
    „Ach was! Komm, ich geb´ dir einen aus!“
    „Nein, ich möchte nichts. Ich muss später noch irgendwie heim
laufen können.“
    „Na, da musst du dir keine Sorgen machen“, meinte er und
drückte sich noch enger an mich. „Ich bring dich gerne nach Hause.“
    Natürlich, würde er das gerne. Was er sich als Gegenleistung
erwartete, war ihm deutlich anzusehen.
    Ich betrachtete ihn ein wenig genauer. Er war älter als ich,
so Ende 30 und sein ganzes Erscheinungsbild erinnerte mich an einen
Steuerberater. Also, absolut nicht mein Fall.
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